15.55
Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ihre Ausführungen, Herr Bundesminister, entsprechen der Realität; sie sind für uns alle extrem bedrückend. Ich fühle mich oft wie in einem Film oder einem bösen Traum, einem Albtraum; nur hat sich, wenn man in der Früh die Augen aufmacht, an der Situation nichts geändert, es ist so.
Ich bin Großmutter eines entzückenden, fast drei Jahre alten Enkelkinds. Ich bin ein sehr optimistischer Mensch, aber ich beschäftige mich in der letzten Zeit sehr oft damit und sage: Ich will meine Enkeltochter schon aufwachsen sehen, ich will wissen, welchen Weg sie geht! – Und ich bin Unternehmerin. Ich komme aus einem kleinen Betrieb und ab Montag ist die Pforte zu. Da überlege ich mir auch: Wie wird das weitergehen? Wird das, was ich eigentlich geplant und gemacht habe – dass mein Unternehmen ein Familienbetrieb wird, weil meine älteste Tochter nach dem Studium in die Firma eingestiegen ist –, auch möglich sein? – Ich sage: Ja, wenn wir alle uns an die Maßnahmen, an die Richtlinien halten, das alles nicht auf die leichte Schulter nehmen, und vor allem dann, wenn jeder von uns seinen Teil dazu beiträgt, eben die anderen aufzufordern, vernünftig zu sein, selber mit einem guten Beispiel voranzugehen. Wir alle haben Möglichkeiten, uns einzusetzen und Informationen weiterzugeben und mitzuarbeiten.
Ich stelle dem allen ein herzliches Dankeschön an unsere Bundesregierung voran – Ihnen allen ein herzliches Dankeschön. Es ist rasch und schnell gehandelt worden, sonst wären wir heute nicht hier. Ich sage aber auch, ich bin sehr froh, dass wir eine Sozialpartnerschaft haben. Bei uns in Niederösterreich – ihr wisst es, ich sage es immer wieder – funktioniert die Sozialpartnerschaft sehr gut, und ich freue mich, dass dieser Zusammenhalt, das Miteinander auch auf Bundesebene so gut funktioniert. Dafür sage ich ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ.)
Die Frau Minister hat es schon angesprochen: wirklich ein herzliches Dankeschön auch an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des AMS. Ich bin sehr froh darüber, dass wir diese Initiativen haben, dass wir jetzt die Möglichkeit der Kurzarbeit haben, weil sie ganz einfach dazu beiträgt und uns das gibt, was wir brauchen, um unsere Betriebe am Leben zu erhalten, um die Arbeitsplätze zu sichern. Deshalb ist die Kurzarbeit sehr wichtig, und wenn die Anträge jetzt innerhalb von 48 Stunden abgearbeitet werden, dann muss ich sagen: meinen höchsten Respekt! Das ist sehr unbürokratisch, das geht sehr einfach.
Monika (in Richtung Bundesrätin Mühlwerth), du weißt es, ich komme aus einem Betrieb, ich bin immer diejenige, die aufzeigt, wenn etwas bürokratisch ist. In diesem Fall aber: große Hochachtung! Ich muss ganz ehrlich sagen, es ist für mich fast unvorstellbar, dass das wirklich so abläuft. Ich weiß aber und ich kriege das immer wieder mit, wie alle mitarbeiten. Es ist ja auch so, dass nicht nur wir heute am Sonntag dasitzen, sondern viele andere Menschen auch, und ich weiß, dass auch die AMS-Leute heute in der Arbeit sitzen, weil ich versucht habe, mit dem niederösterreichischen Leiter des AMS zu reden und zu schauen, welche Möglichkeiten es noch gibt.
Ich sage auch ein herzliches Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Häuser, der Wirtschaftskammer Österreich und vor allem auch – ich weiß es von meinem Haus – der Wirtschaftskammer Niederösterreich. Unsere Mitarbeiter sitzen an den Telefonen, auch heute. Sie sind auch gestern dort gesessen und haben Auskunft gegeben, weil etwas ganz wichtig ist: dass man die Leute nicht alleinlässt, dass man ihnen Antwort gibt – ich weiß, wie das ist –, welche Betriebe am Montag aufsperren dürfen und welche nicht und wie das ausschaut. Deshalb ist es ganz wichtig, dass man die Leute rasch informiert und sie darauf aufmerksam macht, welche Möglichkeiten es gibt und wie es ausschaut. Wir haben gestern über 1 000 Anfragen und Beratungen gehabt, und auch heute sitzen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis 18 Uhr. (Vizepräsident Wanner übernimmt den Vorsitz.)
Es ist uns aber ganz einfach auch wichtig, dass die Zahlungsfähigkeit unserer Betriebe gewährleistet wird. Am Montag haben wir Steuer zu zahlen und Krankenkassenbeiträge zu zahlen. Da ist es ganz einfach wichtig, dass wir sagen können: Man kann schon Stundungen beantragen; es wird bei der Krankenkasse keine Säumniszuschläge geben; es wird auch keine Exekutionsanträge geben.
Die Betriebe werden darauf aufmerksam gemacht; sie sollen nicht den Kopf in den Sand stecken. Das muss ich auch dazusagen, dass man oft gar nicht weiß, was man machen soll und wie es jetzt ausschaut, wenn man in so einer Situation, die so überraschend über einen drüberfährt, ist. Den Leuten, die anrufen, wird aufgezeigt, welche Möglichkeiten es gibt; und wir stellen auch die Formulare zur Verfügung. Da kommt ein ungeheurer Arbeitsdruck auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu.
Selbstverständlich gilt auch für die Finanz, dass man schaut, dass die Beiträge gestundet beziehungsweise die Einkommensteuervorauszahlungen reduziert werden. Es ist natürlich so, dass einem das, was man jetzt im Moment gestundet und reduziert bekommt, nicht geschenkt wird, sondern man es ja später zahlen muss. Deshalb ist es auch ganz wichtig, dass man diese Überbrückungskredite ganz unbürokratisch und geschwind macht. Es gibt da schon für alle Branchen verschiedene Möglichkeiten, so über AWS oder ÖHT. Es gibt auch in den Ländern etwas; wir haben die Nöbeg, die Niederösterreichische Bürgschaften und Beteiligungen GmbH, mit der wir da unterstützen können, mit der Land – oder Bund – Haftungen übernehmen, wodurch die Unternehmer auch keine zusätzlichen Kosten haben.
Es geht auch darum, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir die Härtefälle abfedern. 63 Prozent unserer Betriebe haben nur bis zu fünf Mitarbeiter. Da kann man sich also schon vorstellen, wie das ausschaut. Ich habe einen gemischten Betrieb, ich erzeuge, aber ich habe einen großen Handelsbereich. Ich habe die Ware eingekauft, das muss ich ja. Ich habe Saisonware und ich hocke jetzt auf der Ware, denn verkaufen kann ich sie nicht, aber die Rechnungen habe ich. Da ist es schon wichtig, dass man unterstützt und hilft, dass gerade kleinere Betriebe da Unterstützung bekommen.
Es wird auch für die EPUs etwas vom Bund geben, aber ich denke, auch als Wirtschaftskammerorganisation sind wir gefragt, da rasch und unbürokratisch Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Wir haben in den verschiedenen Ländern Existenzsicherungsfonds. Wir sind gerade österreichweit dabei, abzustimmen, welche raschen, unbürokratischen Möglichkeiten es für unsere Mitgliedsbetriebe gibt, da wir wollen, dass es allen zugutekommt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Ich denke, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir wirklich alle dazu beitragen müssen und auch den Leuten sagen müssen, dass sie die Möglichkeit haben, sich zu erkundigen. Wir müssen schauen, wie jeder uns von seiner Warte aus, nach seinen Möglichkeiten einfach und klar Hilfestellungen anbieten kann, um da zu helfen. Es ist ganz einfach wichtig, dass man die Leute in dieser Situation nicht alleinlässt.
Es ist auch wichtig, die Infrastrukturen aufrechtzuerhalten. Das produzierende Gewerbe wird weiterhin die Möglichkeit haben, der Arbeit nachzukommen. Das betrifft auch die Kfz-Werkstatt. Wenn jemand einen gemischten Betrieb mit Autohandel hat, dann muss er diesen zwar zusperren, die Kfz-Werkstatt aber natürlich nicht. Wir sind dazu angehalten, die öffentlichen Verkehrsmittel weniger zu benutzen, also brauchen wir das Auto, also müssen wir das Auto, wenn es irgendetwas hat, ja irgendwo hinstellen können – und das betrifft auch Rettung, Feuerwehr et cetera. (Bundesrat Rösch: ... Zulassung!) Das funktioniert also auch.
Es ist ganz einfach auch wichtig, dass man überlegt und sagt, welche Möglichkeiten es gibt, die Kundenkontakte ganz einzuschränken, die Versorgung aber aufrechtzuerhalten – auch da gibt es genügend Möglichkeiten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren und vor allem geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mir ist es als Unternehmerin schon ganz wichtig, etwas aufzuzeigen – und darauf werde ich auch immer wieder von meinen Mitgliedsbetrieben angesprochen –: Wenn die Leute jetzt alle zu Hause sind und nicht einkaufen gehen können, wäre meine Bitte schon, dass sie auf den österreichischen und nicht auf den internationalen Onlinehandel ausweichen. (Allgemeiner Beifall.) Das wäre schon etwas, was man – bei allem Respekt – unserer Bevölkerung ganz einfach auch sagen kann, weil wir alle hoffen, dass wir diese entsetzliche und schwierige Situation mit Disziplin und Unterstützung bald überwinden, und danach muss das Leben wieder normal weitergehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einen Punkt anzusprechen ist mir ganz wichtig, weil es da sehr viel Verunsicherung gibt: Es geht um die PersonenbetreuerInnen. Ich habe heute zu Mittag mit einem Fachgruppenvorsteher der Personenbetreuer gesprochen. Wir in Niederösterreich haben die meisten. Es gibt 18 000, derzeit sind 8 500 Personenbetreuerinnen und ‑betreuer im Einsatz. – Meine Hochachtung und ein herzliches Dankeschön an unsere derzeit im Einsatz befindlichen Personenbetreuerinnen und Personenbetreuer! Sie kommen ihrer Verantwortung nach. Ich kann Ihnen sagen, es wird am Montag niemand ohne Betreuung dastehen. Diese PersonenbetreuerInnen fahren nicht nach Hause. Sie bleiben da, bis geregelt ist, wie das ausschaut.
Es gibt ja, glaube ich, jetzt mit Ihnen, Herr Minister Anschober, und den Personenbetreuern auch dahin gehend Gespräche, wie das mit der Slowakei ausschaut und dass man sie wie Tagespendler behandelt. Es ist gewährleistet und sichergestellt, dass die zu betreuenden Personen, die keine Familienmitglieder haben – egal wie das nun weitergeht –, immer eine Betreuung haben. Ich denke, das Verantwortungsbewusstsein, das diese Agenturen und unsere Personenbetreuerinnen und -betreuer in Niederösterreich haben, haben sie in ganz Österreich.
Es ist mir auch ganz wichtig, heute hier zu sagen: Bitte verunsichern wir die Menschen, die diese Pflege brauchen, nicht; diese Pflege wird aufrechterhalten! Das wird mit großer Kraftanstrengung und infolge vieler Verhandlungen gemacht. Das zu sagen ist mir ganz einfach wichtig – und auch noch einmal ein herzliches Dankeschön.
Ich denke, wir sind in einer Situation, die uns zusammengeführt hat. Es ist sehr tragisch, dass es immer wieder so grausliche Vorfälle und Situationen braucht, damit wir mehr an einem Strang ziehen, aber man lernt aus jeder Situation – das ist auch ganz wichtig.
Ich sage noch einmal ein herzliches Dankeschön an alle, vor allem an unsere Entscheidungsträger im Bund, natürlich auch in den Ländern, und allen, die hier sitzen, und zwar dafür, dass wir so rasch Lösungen gefunden haben. Ich bin davon überzeugt, dass wir diese schwierige Situation auch bewältigen werden, wenn wir uns gegenseitig unterstützen und auch aufzeigen, welche Möglichkeiten der Unterstützung es gibt, damit nicht auch noch die Angst ein gewichtiger Faktor wird.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich bringe auch folgenden Antrag ein:
Antrag
der BundesrätInnen Karl Bader, Korinna Schumann, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen
„Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 15. März 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftskammergesetz 1998 geändert wird (105 d.B.) (TOP 4) keinen Einspruch zu erheben.“
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Ich sage noch einmal, wir werden diese schwierige Situation gemeinsam bewältigen. Noch einmal ein großes, herzliches Dankeschön an alle, die dazu beitragen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ.)
16.09
Vizepräsident Michael Wanner: Der eingebrachte Antrag ist genügend unterstützt und steht damit mit in Verhandlung.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Günther Novak. Ich erteile es ihm.