19.21

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsi­dent! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Lieber Rudi noch mal! Ich habe heute den ganzen Tag der Debatte aufmerksam gelauscht und irgendwie geht jetzt ein Satz gar nicht mehr aus meinem Kopf raus. Diesen will ich einfach erwähnen, obwohl mir gerade nicht einfällt, wer ihn gesagt hat: Wenn es am Ende übertrieben erschien, dann wurde alles richtig gemacht. – Ich glaube, das sollten wir uns zu Gemüte führen, denn genau deshalb, weil die Maßnahmen ergriffen worden sind, können wir es heute als übertrieben klassifizieren; anderenfalls würden wir hier heulend dasitzen. Das möchte ich an dieser Stelle einfach noch einmal sagen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich fange trotzdem noch einmal wenig schmerzhaft mit einem kleinen Pieks in den Finger an, der aber eine wichtige und vielleicht in Zukunft noch eine viel wichtigere Funktion hat: Der Nationalrat hat nämlich bereits am 28.4. beschlossen – alle Parteien gemeinsam –, dass zum Zwecke der Coronatestmöglichkeit diese Form der Blutab­nah­me auch Sanitäterinnen und Sanitätern möglich sein soll. Oftmals wird angenommen, dass das sowieso schon gestattet ist, aber dem ist nicht so. Deshalb ist es notwendig, dass wir als Bundesrat heute diesem Gesetz unsere Zustimmung geben.

Komplizierter wird es jetzt wahrscheinlich bei einer ebenso notwendigen Materie, die es uns zukünftig ermöglicht, einen besseren und effizienteren Überblick über die Krankheits- und Gesundheitssituation bei der Verbreitung von Covid-19 zu erhalten, nämlich dem Screeningprogramm. Mit dieser Gesetzesänderung wird die Möglichkeit geschaffen, zukünftige Screeningprogramme umzusetzen. Worum geht es dabei im Konkreten? – Um eine sehr wichtige und präzise vorausschauende Prognose auf künf­tige Exitstrategien und auf den Lockdown; darüber haben wir heute auch schon sehr viel gehört. Man muss aber dazu auch Möglichkeiten ergreifen, damit das sichergestellt ist.

Dieses Screening gibt uns den Überblick, bietet uns die Möglichkeit, den Durch­seuchungsgrad der Bevölkerung und die Ausbreitung der Pandemie zu konkretisieren, welche Altersgruppen, welche Berufsgruppen oder welche Regionen besonders oder unterdurchschnittlich betroffen sind. Um da statistisch gesicherte valide Zahlen noch genauer zu erhalten, ist es erforderlich, die entsprechenden Erhebungen und Studien durchführen zu lassen. Auch den Landeshauptleuten gestattet es, eigene Screening­programme unter Einhaltung dementsprechender Rahmenbedingungen durchzuführen, vorausgesetzt der Bundesminister stimmt zu.

Für mich ein ganz wesentlicher und wichtiger Punkt – für alle, die immer noch Be­denken haben –: Die Teilnahme an diesem Programm ist schlussendlich für jede und jeden Einzelnen freiwillig. (Bundesrat Schennach: Wo steht das?) Die Daten­samm­lung und -verarbeitung unterliegt natürlich der einschlägigen Bestimmung der DSGVO, und diese sagt – und das hätte auch jeder nachlesen können (Zwischenruf der Bun­desrätin Grimling) – im Art. 9 Abs. 2 lit. a: „Die betroffene Person hat in die Verarbei­tung der genannten personenbezogenen Daten für einen oder mehrere festgelegte Zwecke ausdrücklich eingewilligt, es sei denn, nach Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten kann das Verbot nach Absatz 1 durch die Einwilligung der betroffenen Person nicht aufgehoben werden, [...]“. – Wo liegt also die Sorge?

Die erhobenen Daten kommen in eigenes Register, um auch die Einheitlichkeit der Daten zu gewährleisten. Die Verarbeitung der Tests selber erfolgt pseudonymisiert mittels Proben-ID, und auch dieses Gesetz endet natürlich wieder mit einem Auto­matis­mus am 31.12.2021. Alle im Nationalrat vorgebrachten Bedenken der Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ wurden in dieses Gesetz eingearbeitet. Ich möchte an dieser Stelle dafür wirklich Danke sagen und noch einmal betonen, dass sehr wohl die Opposition gehört wird und Vorschläge berücksichtigt werden. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Stimmt nicht! – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling. Ja, ich stimme zu, eines fehlt tatsächlich, natürlich das Begutachtungsverfahren. Ja, das stimmt schon, aber da die Gesetze eigentlich schon am 30.4. hätten in Kraft treten sollen, sind weitere drei Wochen Verzögerung nicht verantwortbar und meiner Meinung nach auch nicht vertretbar. Es herrscht nämlich Anspannung in der Bevölkerung, das wurde heute schon mehrfach gesagt, und daher muss zeitnah gehandelt werden. (Bundesrat Schennach: Das stimmt! Es herrscht ziemlich viel Anspannung! – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Eine weitere Ver­zögerung würde Schaden bringen, und dieser wäre im Nachhinein nicht begründbar.

Ähnlich verhält es sich beim § 15: Da geht es darum, dass zukünftig wieder Veran­stal­tungen unter Berücksichtigung gewisser Auflagen ermöglicht werden. Das hat Kollege Kornhäusl auch schon gesagt. Die Präzisierung im Rahmen des Gesetzes bietet uns nämlich dann den notwendigen Spielraum, der sich in Kombination mit der konsequen­ten Durchführung des Screenings auftun kann. Es muss dann nämlich kein Ein oder Aus oder Hopp oder Dropp geben, sondern man kann gewisse Kriterien festlegen, nämlich um den Unterschied auch klarzumachen: Abhängig davon, an welchem Ort und zu welcher Zeit und mit welchen Menschen, ist es eine Vereinsversammlung oder eine Kinderferienspaßaktion. – Da wird man durch das Screeningprogramm in Zukunft differenzieren können. Es ist kein Zwang zur Nutzung einer App oder Anlass für sonstige Mutmaßungen, die verunsichernd in den Raum geworfen werden. (Bundesrat Steiner: Nicht von uns! Das hat der Präsident himself gemacht! – Bundesrat Schennach: Ist das geklärt? – Bundesrätin Schartel: Das kommt noch alles!)

Im Zuge der Nationalratssitzung gab es auch für die Änderung des § 15 entsprechende Kritik in Bezug auf die Verfassungskonformität. Heute, weil wir schon weiter sind als bei der Nationalratssitzung – und es wurde auch schon angesprochen –, freut es mich wirklich, dass viele, viele namhafte Expertinnen und Experten sich dazu geäußert haben. Heinz Mayer, Verfassungsrechtsexperte, allen bekannt, sagt, dass diese „Neu­fassung in rechtsstaatlicher und grundrechtlicher Hinsicht einen erheblichen Fortschritt zur geltenden Fassung“ darstellt. Bernd Christian Funk spricht davon, dass die Novel­lierung den nötigen „verfassungsrechtlichen Erfordernissen“ entspricht, auf Bewe­gungsfreiheit, Privatleben, freie Religionsausübung, Meinungsfreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit wird Rücksicht genommen. Viele weitere Experten wären noch zu nennen, die sich bereits öffentlich geäußert haben. Ja, vielleicht noch – es wurde heute auch schon gesagt –: Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich, begrüßt auch die Verbesserung, bei der „der Grundsatz der Verhältnis­mäßigkeit und das Diskriminierungsverbot berücksichtigt“ worden sind.

Alle diese Änderungen sollen uns auf einen guten Weg im Zuge des Exits aus dem Lockdown führen. Der Weg wird nicht einfach, aber ohne die entsprechenden Maß­nahmen wird es ein Blindflug, und das, so habe ich es heute hier vernommen, will niemand.

Deshalb weise ich an dieser Stelle nochmals auf die Notwendigkeit des heutigen Be­schlusses hin und bringe den Antrag gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen zu dem Beschluss des Natio­nalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sanitätergesetz geändert wird - -

Ist das jetzt das Richtige? (Bundesrat Steiner: Falsch!) Das ist das Falsche! Ent­schu­ldigung! (Bundesrat Bader: Das Epidemiegesetz!)  Es geht um das Epidemiegesetz, ja. Ich habe ihn nicht. (Bundesrat Steiner: ... das Sanitätergesetz!)  Ja, ja, das weiß ich schon, ich passe ja manchmal auf bei dem, was ich tue. Es passieren Fehler, ist ja kein Problem. (Bundesrat Schennach: Die FPÖ hätte noch einen Antrag vielleicht!  Heiterkeit bei BundesrätInnen der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Ich höre hier mit!) Das ist das Leben, ich finde das ja - - (Bundesrat Schreuder bringt der Rednerin den richtigen Antrag.) – Genau.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Antrag

gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR

der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen

zu TOP 6) Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das Apothekengesetz geändert werden (16. COVID-19-Gesetz) (484/A und 132 d.B.) in der 906. Sitzung des Bundesrates

Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Ein­spruch zu erheben.

*****

Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

19.31

Präsident Robert Seeber: Der Antrag von Frau Bundesrätin Hauschildt-Buschberger ist jetzt ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Ver­handlung.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Christoph Steiner. Ich erteile dieses. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Ein Highlight! – Bundesrat Schreuder: Ist das Selbstkritik?)