Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Danke, Herr Bundesminister, dass wir die Mög­lichkeit haben, diese Fragen an Sie zu richten.

Als Bürgermeister kann ich bestätigen, dass uns der Pflegenotstand und die Personal­situation in den Kindergärten ganz besonders hart treffen, daher meine Frage:

1930/M-BR/2021

„Wie planen Sie Verbesserungen für die Arbeitnehmer*innen im Bereich der Kinderbe­treuung und der Pflege, wo die persönlichen Folgen besonders belastender Tätigkeiten hoch, Gehälter vergleichsweise gering und die Verantwortung enorm ist, sicherzustellen?“

Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank für die Frage. Das ist natürlich ein Bereich, der uns im Arbeitsministerium sehr beschäftigt. Unsere Verant­wortlichkeit betrifft vor allem die Ausbildung. Wir haben im Bereich der Pflege und im Bereich der Elementarpädagogik große Initiativen gestartet, was die Förderung der Aus­bildung von Menschen betrifft, die arbeitslos geworden sind und sich umschulen lassen wollen, die eine Ausbildung im Bereich der Kinderbetreuung, im Bereich der Pflege ma­chen möchten. Es gibt ja in praktisch allen Bundesländern Pflegestiftungen, die das AMS und damit das BMA unterstützen. Sie bilden im Moment insgesamt, mit der Coronajob­offensive zusammengenommen, dieses Jahr schon fast 10 000 Personen aus. Es gibt auch das Fachkräftestipendium.

Was die Arbeitsbedingungen direkt betrifft, ist das natürlich vor allem eine Frage der Trägerorganisationen. Der Bund hat da sehr wenig direkte Einflussmöglichkeit, aber ich unterstütze natürlich vollständig das Anliegen, dass gerade in diesen sensiblen Berei­chen Löhne und Arbeitsbedingungen so gut wie möglich sein müssen, und ich unter­stütze alle Initiativen in diese Richtung.

Präsident Dr. Peter Raggl: Zusatzfrage, Herr Bundesrat Appé? – Bitte.

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Danke – dann stelle ich die Zusatzfrage: Laut Umfrage der Gewerkschaften will jede zweite Pflegekraft in nächster Zeit den Job auf­geben. 90 Prozent der mit Matura ausgebildeten KindergartenpädagogInnen gehen nicht in den Beruf, sondern suchen im Studium ihre berufliche Weiterbildung. Wenn wir die Bedarfsprognose Ihres Hauses für das Pflegepersonal zurate ziehen, sehen wir, dass der Bedarf an zusätzlichen Pflegekräften bis 2030 mit 75 000 Personen berechnet ist.

Welche ergänzenden Maßnahmen setzen Sie jetzt? – Diese sind schon jetzt zu setzen, sonst können wir dieses Problem nicht bis 2030 erledigen.

Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Wir haben eine Studie von der Gesundheit Österreich GmbH, die Sie, glaube ich, ansprechen, laut der es 75 000 sind. Mit „Ihres Hauses“ beziehen Sie sich, glaube ich, auf das IHS, das Institut für Höhere Studien – mein ehemaliges Haus –, das auch an dieser Studie beteiligt war.

Wir versuchen im Moment natürlich, über Konstrukte wie Pflegestiftungen möglichst viele Personen in diesen Bereich zu bringen. Wir machen das natürlich gemeinsam mit den regionalen AMS, mit den Ländern – die meisten Stiftungen sind gemeinsam mit den Län­dern –, aber auch mit Trägerorganisationen, in Salzburg zum Beispiel mit der Caritas, um die Pflege sicherzustellen. Wie gesagt, im Moment – dieses Jahr – sind 10 000 Per­sonen in Stiftungen oder in anderen Ausbildungsformen, die wir durch das AMS unter­stützen. Das ist also, wenn man es auf zehn Jahre rechnet, gar nicht so schlecht, da kommen wir in die Richtung, aber natürlich ist das eine große Herausforderung.

Ich bin recht optimistisch, weil es sehr viel Interesse an Pflegeberufen gibt – also wir haben kein Problem, Menschen zu finden, die diese Ausbildungen machen wollen. Die entscheidende Frage wird natürlich sein, wie man sie in diesen Bereichen halten kann. Es ist eine mental und psychisch herausfordernde Tätigkeit. Wir versuchen – und da gibt es in einzelnen Bundesländern auch sehr gute Beispiele –, gerade am Anfang dieser Ausbildung die Auswahl so zu gestalten, dass wir ein möglichst großes Erfolgspotenzial haben: in dem Sinn, dass die Menschen wirklich wissen, was sie tun, und dass wir Leute in diese Ausbildung schicken, die die Schwierigkeit dieses Berufs, die natürlich gegeben ist, auch psychisch verkraften. Ich glaube, das ist der entscheidende Punkt: Die Leute müssen für diesen Beruf gemacht sein, und wir müssen auch die Rahmenbedingungen in diesen Berufen verbessern.

Präsident Dr. Peter Raggl: Danke schön.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Bundesrätin Heike Eder zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Lieber Herr Minister, wo liegen in diesen Bereichen denn die Zuständigkeiten?

Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank für die Frage. Das hängt immer vom Träger ab. Sehr häufig sind zum Beispiel die Länder die Träger von Kindergärten oder Kinderbetreuungseinrichtungen, zum Teil die Gemeinden, wenn es um Gemeindekindergärten geht. Es gibt natürlich auch Bereiche, die, was die Arbeitsbe­dingungen betrifft, dem Bund zugerechnet werden. Das sind die privaten Kindergärten, für die es eine Festlegung der Löhne über das Bundeseinigungsamt gibt, wobei aber auch die Sozialpartner eingebunden sind.

Wie immer spielen natürlich die Sozialpartner eine ganz große Rolle, was die Arbeitsbe­dingungen und vor allem die Löhne betrifft. Ich glaube, es ist wichtig, dass sich alle ge­meinsam – die Trägerorganisationen, die Sozialpartner und wir – dafür einsetzen, dass wir genug junge Menschen in diese Bereiche bekommen und dass wir vor allem auch gute Arbeitsbedingungen herstellen.

Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer Zusatzfrage hat sich Bundesrätin Andrea Michaela Schartel zu Wort gemeldet. – Ich bitte um diese.

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Guten Morgen, Herr Minis­ter! Wir haben ja alle gesehen, dass gerade das pflegende, das betreuende Personal aufgrund der Coronakrise mit sehr, sehr großen Herausforderungen konfrontiert war. Da hat sich die Regierung dann dazu durchgerungen, einen Coronabonus zu gewähren. Das hat furchtbar lange gedauert, aber jetzt wissen wir: Im Dezember wird er Gott sei Dank ausbezahlt.

Meine Frage lautet: Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die betroffenen Beschäftigten auch 2022 einen Coronabonus für 2021 erhalten?

Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Ich werde mich immer dafür ein­setzen, dass es, wenn es außergewöhnliche Leistungen erfordert – und das ist in diesem Bereich natürlich auf jeden Fall gerechtfertigt, das waren außergewöhnliche Leistungen, außergewöhnliche Herausforderungen –, Möglichkeiten gibt, diese außergewöhnlichen Leistungen auch zu belohnen. Der Coronabonus ist ja nur eine symbolische Maßnahme. Man kann, glaube ich, nicht entlohnen, was in vielen Bereichen geleistet wurde. Wir werden uns das natürlich auch im nächsten Jahr anschauen, und ich werde mich dafür einsetzen, dass wir, wenn die Belastung so groß wie in diesem Jahr ist, auch da eine Form finden, um die Menschen für diese Belastung, die es gegeben hat oder geben wird, auch ordentlich zu entschädigen.

Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Frage.

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Minister, wie wird die Coronajoboffensive in der Pflege genau angenommen, also von wie vielen Personen?

Präsident Dr. Peter Raggl: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank. Vielleicht noch ein­mal ganz kurz zur Coronajoboffensive insgesamt: Wir haben das Ziel, mit diesen 700 Millionen Euro 100 000 Personen, die arbeitslos geworden sind, in Ausbildung zu bringen. 60 000 waren schon in Ausbildung, wir haben also in diesem Bereich schon einen Gutteil erreicht. Es gibt drei große Schwerpunktbereiche: Gesundheits- und Pfle­geberufe, der zweite Schwerpunktbereich ist Digitalisierung und Technik, und der dritte Schwerpunktbereich ist Klima und Umwelt.

Ich habe mir die Zahlen, was den Bereich Pflege betrifft, heraussuchen lassen. Da sind 6 900 Personen in Ausbildung oder haben die Ausbildung im Rahmen der Coronajob­offensive bereits abgeschlossen. Insgesamt werden mit den weiteren Maßnahmen in den Stiftungen derzeit 9 400 Personen für Pflegeberufe qualifiziert; das sind um unge­fähr ein Drittel mehr als noch vor einem Jahr. Es gab also eine substanzielle Erhöhung der Mittel und auch eine substanzielle Erhöhung der Zahl der Menschen, die bei der Ausbildung diese Mittel in Anspruch nehmen.

Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank.

Wir gelangen zur 3. Anfrage, 1927/M-BR/2021. Ich bitte den Anfragesteller, Bundesrat Christoph Steiner, um die Verlesung der Anfrage.