Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 201

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"Zur Untersuchung folgenden Gegenstandes wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt:

Die politische Verantwortlichkeit der Bundesregierung (insbesondere des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten, des Bundesministers für Inneres und des Bundesministers für Justiz) sowie vermutete rechtswidrige Einflußnahme durch politische Funktionsträger im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Morden an drei Kurden am 13. Juli 1989 und der Verfolgung von drei dieser Tat dringend Verdächtigten, die trotz Vorliegens eindeutiger Indizien Österreich unbehelligt verlassen konnten, ist zu prüfen."

Der Untersuchungsausschuß besteht aus 17 Abgeordneten im Verhältnis 6 SPÖ : 5 ÖVP : 4 FPÖ : 1 Liberales Forum : 1 Grüne."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen in die Debatte ein.

Die Redezeit beträgt 5 Minuten. Dem Erstredner stehen, wenn er es wünscht, bis zu 10 Minuten zur Verfügung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Gredler. Das Gesagte gilt auch für Erstrednerinnen, ich bitte um Entschuldigung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

23.15

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie üblich zu später Stunde, aber nichtsdestotrotz aktueller denn je, verlangen wir ein Minderheitsrecht im Parlament, das unter anderem im Deutschen Bundestag üblich ist, und zwar, daß die Minderheit im Parlament das Recht hat, Untersuchungsausschüsse zu verlangen und daß dies vom Parlament respektiert und ein Untersuchungsausschuß eingesetzt wird.

Wir haben dies bis jetzt nicht erreicht. Wir haben uns erhofft, daß wir Unterstützung durch Herrn Bundespräsidenten Klestil bekommen werden, der sich als Oberkontrollor aufgespielt hat, uns jetzt, da wir der Meinung sind, daß wir uns den Errungenschaften anderer Parlamente angleichen wollen, aber nicht einmal die Möglichkeit gibt, diesfalls ein Minderheitsrecht zu bekommen.

Jetzt komme ich zu dem Antrag, den ich gestellt habe. Ich möchte Ihnen aus der "Süddeutschen Zeitung" vom 21./22. März 1998 zitieren, in welcher zum ersten Mal das Urteil des "Mykonos-Prozesses" erörtert wird, weil es offensichtlich jetzt aufliegt. – Da heißt es unter anderem: Die Begründung dieses Urteils "wird in die deutsche Rechtsgeschichte eingehen und bietet auch Diplomaten und Zeitgeschichtlern rechtlich Stoff. Erstmals ist nachzulesen, daß ein deutsches Gericht die Führung eines anderen Staates für ein Kapitalverbrechen verantwortlich macht". Weiters heißt es: "Das Massaker sei ,weder eine Tat von Einzelgängern‘ gewesen und habe auch nicht, wie die Mullahs behaupten, seine Ursache in Meinungsverschiedenheiten oppositioneller Gruppen untereinander. Das Attentat ist vielmehr durch die Machthaber des Iran ins Werk gesetzt worden."

Das sind harte Worte eines deutschen Gerichtes! Das lag vergangenes Jahr noch nicht vor.

Ich möchte fortsetzen, weil die Formulierungen in der Anklage des deutschen Gerichtes über 395 Seiten dramatisch sind. Es heißt in der "Süddeutschen Zeitung":

",Ihre politischen Gegner lassen sie um der reinen Machterhaltung willen liquidieren. Das Präsens in der Urteilsbegründung macht klar, daß es nicht um die Verbrechen eines untergegangenen Staates wie in den Verfahren wegen Regierungskriminalität gegen Erich Honecker und Konsorten ging, und auch nicht, wie in den NS-Prozessen, um die Schandtaten eines untergegangenen Staates. Im ,Mykonos‘-Urteil geht es um die Gegenwart."

Zuletzt heißt es: Die Richter "zeichnen in ihrer Urteilsbegründung minutiös die Blutspur des iranischen Killerkommandos quer durch Europa (von Wien über Hamburg nach Paris) nach.


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