Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 137. Sitzung / Seite 44

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Ich erteile ihm das Wort.

17.46

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Feurstein hat davon gesprochen, daß es selten ASVG-Novellen gebe, die von einer so breiten Zustimmung getragen werden wie diese. Nun ja, Herr Abgeordneter Feurstein, das mag bei einigen Punkten – überall werden wir ja nicht zustimmen – auch damit zusammenhängen, daß die letzten Novellen des ASVG und auch anderer sozialrechtlicher Bestimmungen nicht gerade dazu angetan waren, Zustimmung bei der Opposition zu heischen, denn das waren mit ganz, ganz wenigen Ausnahmen Verschlechterungen, teilweise noch dazu sehr bösartige Verschlechterungen. Sie werden nicht erwarten können, daß wir denen zustimmen.

Ich gebe schon zu: In dieser ASVG-Novelle sind tatsächlich einige Punkte enthalten, denen man, wenn man zumindest ein Auge zudrückt, zustimmen kann. Ich fange gleich an mit einem Punkt, bei dem ich das erste Auge zudrücken muß; das betrifft – ich spare mir natürlich die Zahnsache bis zum Schluß auf – die Berufskrankheitenregelung. Seit drei oder vier Jahren – dazwischen begann eine neue Legislaturperiode – liegt ein Antrag der Grünen im Sozialausschuß, der nie inhaltlich diskutiert wurde. Jetzt, nachdem es einen gemeinsamen Entschließungsantrag aller Parteien gegeben hat, der an die Frau Bundesministerin appellierte, das zu überprüfen, haben Sie eine Regelung eingearbeitet, hinsichtlich derer Sie vorgeben, tatsächlich weitgehende Verbesserungen durchzuführen.

Ich gebe zu, in einem Punkt ist es tatsächlich gelungen – und ich halte das für gar nicht so unbescheiden, wenn man die Praxis dieser österreichischen Berufskrankheitenregelung kennt –, und zwar bei den polytoxischen Neuropathien bei organischen Lösungsmitteln. – Das ist ein Punkt.

Wenn Sie aber hier sagen, das ist eine umfassende Änderung und eine Ausweitung, dann stimmt das nicht. Denn genau dem einen Vorschlag, den wir gemacht haben und den wir auch jetzt wieder als einen Entschließungsantrag der Grünen einbringen werden, daß die Erkrankungen des Stützapparates mit aufgenommen werden sollen und daß darüber diskutiert werden soll, dem haben Sie nicht entsprochen. Und was ich für noch bedauerlicher halte: Sie beziehen sich in der Begründung auf ein Gutachten des Herrn Universitätsprofessors Rüdiger von der Arbeitsmedizinischen Klinik in Wien. Vielleicht kennt ihn Präsident Verzetnitsch nicht persönlich, aber eventuell durch Zurufe der IG Metall aus Deutschland, die Professor Rüdiger und einige andere als "Experten für Unbedenklichkeiten aller Art" tituliert hat.

Und es ist kein Zufall, daß ausgerechnet dieser Professor Rüdiger in einer ganz prominenten, nämlich der einzigen Stellungnahme von der Unfallversicherungsanstalt und dem Bundesministerium als Kronzeuge dafür angeführt wird, warum es nur ja keine weitgehenden Änderungen und Erweiterungen der Liste der Berufskrankheiten geben darf. Professor Rüdiger ist nämlich jemand, der das überhaupt nicht sehen will, sondern der im Prinzip sagt, die Arbeitnehmer sind selbst schuld, und man sollte sie am besten bei der Arbeitsaufnahme mit Genomanalyse gentechnisch austesten. Dann werden diejenigen, die die Arbeit vertragen, die Arbeit annehmen dürfen, und die anderen müssen sich eben eine andere Arbeit suchen.

Das ist die "Qualität" von Professor Rüdiger, dieses "Experten für Unbedenklichkeiten aller Art", den Sie ganz prominent hier anführen, wenn es darum geht, diesen Katalog der Berufskrankheiten nur ja nicht auf die Erkrankungen des Stützapparates auszudehnen.

Es ist ein trauriges Beispiel auch für sozialdemokratische und gewerkschaftliche Politik, daß man sich schon auf Herrn Professor Rüdiger beruft, wenn es darum geht, irgendwie etwas in diesem Bereich erreichen zu wollen.

Ich habe Ihnen schon mehrmals gesagt, daß die Unfallversicherungsanstalt hier offensichtlich den Ton diktiert und daß Sie deswegen mit dieser Art von Politik der Unfallversicherungsanstalt


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