Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 137. Sitzung / Seite 76

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19.57

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich ganz kurz mit der Frau Kollegin Stoisits beschäftigen, und zwar ganz einfach deswegen, weil die Sprache verräterisch ist.

Frau Kollegin! Sie haben hier vom Rednerpult aus behauptet, daß ein Großteil der Bevölkerung wegzusperren wäre, wenn man die freiheitlichen Forderungen umsetzt. Ich frage Sie: In welcher Gesellschaft leben Sie eigentlich, wenn Sie tatsächlich so etwas behaupten können? Es ist genau umgekehrt: Es geht hier nicht, wie Sie sagen, um das Schutzobjekt sexuelle Integrität, sondern es geht hier ausschließlich um das Schutzobjekt der Unmündigen und der Jugendlichen. Das ist es im wesentlichen.

Es gibt relativ wenige Täter, aber – das geben wir zu – sehr viele Opfer, und deswegen muß man da hart eingreifen und entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Ich habe einen Abänderungsantrag einzubringen und möchte nur kurz den Inhalt erläutern, da der Antrag bereits verteilt wurde. Ich möchte noch einmal daran erinnern, daß Strafverschärfung bei Sittlichkeitsdelikten an Kindern Platz greifen soll. Ebenso sollen die §§ 201, 202, 205, 206 und 207 StGB – sie sind im wesentlichen von Kollegen Krüger schon erwähnt worden – in ihrer Strafschärfe angehoben werden. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Weiters bringe ich einen Entschließungsantrag ein – er ist ebenfalls bereits verteilt worden –, der in 28 Punkten die Vorstellungen der Freiheitlichen klar umreißt. Da gibt es schon einige wichtige Punkte, die meines Erachtens erwähnenswert sind, zum Beispiel die zentralen Meldestellen, Meldepflicht an die Amtsärzte, absolute Anzeigepflicht für Behörden, Schaffung neuer Straftatbestände für unterlassene Anzeigen sowie die Abnahme eines genetischen Fingerabdrucks bei jedem Täter zur leichteren Aufklärung. – Letzteres ist nämlich das Zeichen der Zeit, das es umzusetzen gilt.

Des weiteren soll lebenslange Führungsaufsicht nach der Haftentlassung für alle Personen gelten, die wegen sexuellen Kindesmißbrauchs verurteilt wurden (Beifall bei den Freiheitlichen), und es soll auch – sehr wichtig! – eine verstärkte Anonymisierung der Opfer und ihrer Lebensumstände in der medialen Berichterstattung Platz greifen.

Herr Minister! Sie haben im Ausschuß zugegeben, daß damit einige Systembrüche in der Verjährung vollzogen werden, da wir es so wollen. Darin sind wir alle d’accord, das ist keine Frage.

Gerade in puncto Strafverschärfung wäre es jedoch überhaupt kein Systembruch, bei Mißbrauch mit Todesfolge lebenslange Strafhaft als Strafdrohung vorzusehen. (Abg. Mag. Stadler: Das weiß er aber auch!) Wir kennen das im Strafgesetzbuch bereits: So ist etwa in § 143, schwerer Raub, und in § 102, erpresserische Entführung, eine lebenslange Strafhaft vorgesehen, wenn Todesfolgen eintreten.

Es wäre meines Erachtens gerade heute wichtig, zu signalisieren, daß uns die infolge von Mißbrauch ums Leben gekommenen Kinder gleich viel wert sind wie die Opfer von schwerem Raub und erpresserischer Entführung. Und dafür treten wir ein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Sie selbst haben gesagt, daß Sie in Ihrer "Strafrechtsnovellen-Findung" bereits an der nächsten Novelle arbeiten, diese betrifft ebenfalls das Sexualstrafrecht und soll offensichtlich Ende dieses Jahres eingereicht werden. Das läßt hoffen, daß zumindest die von uns verlangten Strafdrohungen doch noch umgesetzt werden. Es zeigt aber letztendlich auch, daß Sie augenscheinlich aus der Arbeit herausgerissen wurden, denn sonst hätten Sie erkennen müssen, daß keine Systemwidrigkeit im Strafgesetzbuch entstünde, wenn bei derartigen sexuellen Mißbrauchsdelikten mit Todesfolge lebenslange Strafhaft vorgesehen wäre.

Herr Minister! Da immer wieder gerade auch bei den Kollegen aus den Reihen der Grünen – Kollegin Stoisits hat es heute ebenfalls gesagt – eine nahezu – ich würde sagen – unerträgliche


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