Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 115

Meine Damen und Herren, abschließend: Machen wir nicht den Fehler, das Flüchtlingsdrama dazu zu benützen, daraus politisches Kleingeld zu schlagen, indem wir sagen: Ja, herauf damit!, oder: Unten lassen und dann ab in die Heimat! Kein einziger Mensch verläßt gerne sein Haus. Kein einziger Mensch geht freiwillig fort. Kein einziger Flüchtling freut sich, wenn hinter ihm die Serben sein Haus anzünden. Kein einziger sagt: Endlich kann ich einmal diesen Kosovo verlassen!, sondern es sind alles persönliche und tragische Schicksale. Wenn Sie in die Augen der Vertriebenen, Vergewaltigten und Verletzten schauen, dann sehen Sie das alles. Da gibt es kein Verständnis für irgendwelche Möglichkeiten, die hier von den Grünen aufgezeigt worden sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich hat die Aufgabe, humanitär zu helfen. Das tun wir auch, und mit einer Fülle von humanitären und finanziellen Mitteln können wir den Ärmsten der Armen in Albanien, in Mazedonien, aber auch in Montenegro helfen. Das tun wir. Wir erledigen im Rahmen unserer Möglichkeiten bestens unsere Aufgaben, und ich möchte wiederholen: Dem österreichischen Volk, den Bürgerinnen und Bürgern Österreichs ist zu danken und Hochachtung zu zollen für diese Haltung, die anders ist als die Haltung: Ausländer raus! und: Flüchtlinge zurück!

In diesem Sinne darf ich ersuchen, die Ärmsten der Armen weiterhin zu unterstützen, und ich darf auch an die Regierung appellieren, alles zu tun, um diesen armen Menschen zu helfen, und sich auch auf diplomatischem Wege als Vermittler auch in diesem Konflikt einzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Kammerlander zu Wort gemeldet. Ich mache auf die Redezeit und die Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.13

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Mein Vorredner hat behauptet, ich hätte für die Politik von Milošević Verständnis aufgebracht. – Das ist nicht richtig! Ich habe vielmehr in meiner Rede ausdrücklich darauf verwiesen, daß diese verbrecherische Politik aufs schärfste zu verurteilen ist, und habe lediglich auf die Ursachen und die Entwicklungen, die zu diesem Krieg geführt haben, hingewiesen. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kukacka: Aber die Frau Petrovic!)

16.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. – Bitte.

16.14

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da Kollege Großruck hier sehr emotionsgeladen gesprochen hat, möchte ich etwas von meinem Konzept abweichen und ihn auf den Teppich herunterholen. (Widerspruch bei der ÖVP.) Erstens: Herr Kollege, wäre die Befriedung in Bosnien und Herzegowina so erfolgreich gewesen – sie war es aber nicht –, dann hätten wir heute in Österreich nicht 70 000 Bosnier, sondern sie könnten in ihre friedliche Heimat zurückkehren. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es wird noch einige Zeit dauern, und es ist überhaupt fraglich, ob dieses Land als solches überleben wird.

Zweitens: Ich habe mit vielen, auch Amerikanern, über dieses Problem gesprochen, über die Grausamkeiten, die Sie angesprochen haben. Woher kommt das?, haben sie gefragt. Ich habe ihnen gesagt: Die Leute, die heute diese Grausamkeiten begehen, tun nichts anderes als ihre Kriegshelden aus den Endjahren und -tagen des Zweiten Weltkrieges. Diese Kriegshelden waren später Politiker, die bei ihnen großartig empfangen wurden und denen ihre Staatsmänner die Hand geschüttelt haben. Sie waren die Helden der Geschichtsbücher. Und sie tun heute nichts anderes als die Helden ihrer Geschichtsbücher. Deswegen muß ich sehr davor warnen, mit dem Herrn Milošević zu verhandeln. Mit diesem Menschen kann man nicht verhandeln!

Die europäische Außenpolitik hat auf diesem Gebiet völlig versagt. Es hat auch schwerwiegende Fehler – das ist gar keine Frage – bei der NATO gegeben. Über die zu reden ist hier keine Zeit. Sie liegen teilweise darin, daß Fachleute völlig übergangen wurden. Aber darüber zu reden ist


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