Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 78

darüber vor, wie wir in Zukunft mit Volksgruppenkonflikten umgehen wollen! Das ist eine ganz zentrale Angelegenheit. Überall, wo es in Europa derzeit Konflikte gibt, geht es auch um Volksgruppenfragen. Ich verstehe nicht, warum Sie nicht in der Lage sind, dem Parlament ein klares Papier zur Beschlußfassung vorzulegen. Das wäre eine gute Initiative auch in Richtung Europa, und wir kämen weg von dem immer wiederkehrenden großkoalitionären Streit, den sich weder Österreich noch Europa verdient haben. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Smolle vorgetragen hat, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

12.44

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Vizekanzler! Ein Gespenst geht um in Österreich, ich möchte es die "Sicherheitslüge" nennen. (Abg. Wabl: Ja, das kann man so nennen!) Was ist die "Sicherheitslüge"? (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist so etwas wie der "Verfassungsbogen"!) – Das ist die Behauptung, daß Österreichs Sicherheit durch eine Neutralitätspolitik aus der Zeit des kalten Krieges besser gewährleistet wäre als durch eine Solidaritätspolitik in der Europäischen Union.

In diesem Zusammenhang fordert der abgesetzte Delegationsleiter der Sozialisten im Europäischen Parlament, Hannes Swoboda, das Außenministerium für die SPÖ. Und der SPÖ-Parteivorsitzende möchte eine bessere Außenpolitik. Beiden Politikern kann ich folgenden Vorwurf nicht ersparen: Während Menschen im Krieg sterben, während Bomben fallen, während sich die gesamte Bundesregierung, vor allem unser Außenminister, um Frieden im Kosovo bemüht, während Tausende von Österreichern an Ort und Stelle und auch in Österreich Hilfe leisten, geht es diesen beiden Politikern nur um sich selbst, nur um die Macht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schieder: Unerhört! – Abg. Dr. Kostelka: Das ist wirklich unerhört! Das ist billige Propaganda auf Wahlkampfebene! – Zwischenruf der Abg. Mag. Kammerlander.)

Der Vorsitzende der SPÖ spricht auch da an verschiedenen Orten unterschiedlich, wie der Erstredner der Volkspartei Michael Spindelegger gesagt hat: Im internen Gespräch, im Ministerrat gibt es abgestimmte Positionen, auch zum Amsterdamer Vertrag, auch zur Verschmelzung von Europäischer Union und Westeuropäischer Union, gibt es eine gemeinsame Außenpolitik, andererseits aber behauptet man nach außen, man brauche eine bessere Außenpolitik, man brauche einen anderen Außenminister und wolle das selbst machen – und dies – meine Damen und Herren, Sie haben das heute gehört, Sie haben den Vizekanzler gehört, Sie haben den Außenpolitischen Bericht gelesen – angesichts einer überaus erfolgreichen EU-Präsidentschaft! Es ist wirklich Austromasochismus, daß wir uns die großen Erfolge, die Früchte harter Arbeit der gesamten Regierung selbst kaputt- und miesmachen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das angesichts einer unermüdlichen Friedenspolitik um den Balkan. (Abg. Wabl: Das ist Wahlkampf!) Wir haben heute gehört von Djukanović, Rugova, Iwanow, von den 133 Reisen in diesem halben Jahr et cetera, um den Frieden wiederherzustellen. Hier aber werden von unserem Regierungspartner Machtspiele betrieben, die wir ablehnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Was meine ich weiters, meine Damen und Herren? (Abg. Dr. Kostelka: Khol, der Durchdreher!) – Wer vorgaukelt, es gäbe eine gemeinsame aktive Neutralitätspolitik von vier EU-Staaten, quasi parallel zur Europäischen Union und zur NATO, spricht in Unkenntnis der Realität.

Der finnische Ministerpräsident Lipponen hat es gestern klar gesagt: Finnland ist nicht mehr neutral, denn die Finnen nehmen an der EU-Solidarität teil. Finnland sucht eine europäische Sicherheitsidentität innerhalb der NATO.

Schweden spricht schon lange nicht mehr von Neutralität. (Abg. Mag. Kammerlander: Ist ja nicht wahr!) Schweden sagt schon lange, daß es bündnisfrei ist.


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