Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 130

hinter ist? – Das System dahinter ist, daß Asylansuchen in Österreich mangelhaft geprüft werden und daß auch mangelhaft geprüft wird, ob individuelle Verfolgung vorliegt. Von der Überprüfung der politischen Situation in den einzelnen Ländern will ich gar nicht sprechen. Das haben wir wiederholt in den vergangenen vier Jahren hier in Anfragen nachgewiesen und Ihnen auch wiederholt gesagt: Da gibt es eine Divergenz zwischen der Einschätzung im Außenamt und im Innenministerium, die himmelschreiend ist! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kiss: Wieder eine Behauptung, die nicht stimmt! Was Sie sagen, stimmt nicht!)

Warum, frage ich Sie, werden Menschen aus Afghanistan heute noch eingesperrt, wenn sie nicht einmal abgeschoben werden können, weil dieses Land sie gar nicht annimmt und aufnimmt und wir alle wissen, daß sie dort zu Tode kommen? Warum? Sagen Sie mir die Erklärung! (Abg. Kiss: Das hat völlig andere Gründe als jene, die Sie ins Treffen führen, Frau Kollegin!)

Herr Minister! Insofern ist alles, was Sie heute hier sagen, alles, was Sie versuchen zu tun, vom Helm angefangen, eine Hilflosigkeit, eine Hilflosigkeit sondergleichen! Gehen Sie doch an das Problem heran und ändern Sie diese Praxis! Heben Sie die Schubhaft auf und führen Sie eine ordentliche Bundesbetreuung ein, die den Namen verdient, nämlich "Betreuung", und die im übrigen weitaus billiger ist als alle Schubhaftkosten! Das haben wir Ihnen in den letzten Jahren auch schon nachgewiesen. (Beifall bei den Grünen.)

Tun Sie das doch, anstatt irgendwelche hilflose Richtlinien zu erlassen und uns vorzutragen, die absurd, abstoßend und menschenunwürdig sind! Richten Sie doch eine Bundesbetreuung für jene, die nach Österreich kommen und hier wirklich Asyl beantragen, ein! Schauen Sie bitte – führen Sie das als erstes durch –, daß die Menschen nicht abgeschoben werden, wenn sie noch eine Instanz ausschöpfen können (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) – ich bin bei meinem Schlußsatz – und noch einen Funken von Hoffnung haben! Das wäre meiner Meinung nach die richtige Politik. (Beifall bei den Grünen.)

16.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort hat sich der Bundesminister gemeldet. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Herr Minister.

16.23

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Ich habe seit meinem Amtsantritt versucht, in der Frage der Fremden-, Asyl- und Zuwanderungspolitik klare Grundsätze und klare Richtlinien zu vertreten. Das Entscheidende und Wichtigste in dieser Zuwanderungs-, Asyl- und Fremdenpolitik ist für mich die Integration der Menschen, die bereits in Österreich sind, vor einer Neuzuwanderung und größtmögliche Rechtsstaatlichkeit für alle, die Asylansuchen gestellt haben.

Diese Grundsätze sind aber auch davon getragen – und ich sage das hier sehr klar –, daß es für einen Staat möglich sein muß und daß es für einen Staat eine Verpflichtung ist, Menschen, die gegen gesetzliche Normen der Republik verstoßen haben, in Schubhaft zu nehmen und auch abzuschieben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stehe dazu, daß die Schubhaft in Österreich notwendig ist. Es ist falsch zu behaupten, daß nur Asylwerber in Schubhaft sind. Es sind bestenfalls 50 Prozent aller Schubhäftlinge Asylwerber. Der Rest sind Illegale oder aus anderen Gründen Festgehaltene. (Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits. – Abg. Kiss: Sie haben es behauptet!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns in den letzten Monaten und Jahren wirklich bemüht, die Schubhaft zu vermenschlichen. Wir haben uns bemüht, das gelindere Mittel einzuführen. Wir haben heute beispielsweise mehr als 3 400 Menschen, die in Bundesbetreuung sind, Frau Abgeordnete Kammerlander. Das heißt, wenn gesagt wird, daß wir uns nicht bemühen, dann ist das einfach falsch. Sie müssen aber auch genauso sehen, daß es, wenn wir die Schubhaft nicht hätten, sehr viele Menschen gäbe, die illegal nach Österreich kommen, die wir nicht abschieben können, weil sie untertauchen. Das beste Beispiel dafür ist, daß im vergangenen Jahr bereits mehr als 4 000 Menschen, die um Asyl angesucht haben, unter


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