Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 171. Sitzung / 150

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 559/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Erstellung von Berechnungsgrundlagen zur Finanzierung einer Grundsicherung (1849 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 1032/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Entwurf für ein Bundesgrundsatzgesetz in der Sozialhilfe (1850 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen nun zu den Punkten 14 und 15 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Da auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet wurde, treten wir in die Debatte ein.

Erstredner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

18.01

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die beiden Anträge, die heute zur Abstimmung gelangen, sind von größerer Tragweite, als es dem ersten Anschein nach der Fall zu sein scheint. Es geht um die fundamentale soziale Absicherung der Menschen, die in diesem Land leben. Die beiden Anträge sind miteinander verzahnt, wenn man so will, und zwar materiell.

Einer hat formalen Charakter, und einer hat Informationscharakter. Beide sind leider im Ausschuß in der Minderheit geblieben. Besonders bedauerlich ist das hinsichtlich jenes Antrages, der auf ein Bundesgrundsatzgesetz für die Sozialhilfe abzielt. Die Lage wird nämlich langsam eng und dringlich.

Die Verhandlungen für den nächsten Finanzausgleich stehen vor der Tür. Wenn bis zu diesem Zeitpunkt keine neue Architektur für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund im Bereich der Sozialhilfe geschaffen wird, dann wird es weitergehen wie bisher. Und wenn es so weitergeht wie bisher – insbesondere auf der Ebene der Bundesländer, meine ich in diesem Fall –, dann wird die Lage von Tag zu Tag schlechter werden. Wir haben gelernt, daß die Bundesländer Schönwetter-Sozialhilfepolitik betreiben. Solange alles gut gegangen ist, sind sie teilweise sogar relativ großzügig gewesen – obwohl es ein bißchen übertrieben ist, was ich jetzt gesagt habe. Nun aber, da die Sozialhilfe unter Leistungsdruck gerät, legen die Bundesländer radikal den Retourgang ein, regressieren sich, wo sie nur können, und wimmeln ab, so weit es ihnen möglich ist. Und sie leisten nicht ihre Pflicht im Bereich der Sozialhilfe.

Daher wäre es von wirklich großer und ausschlaggebender Bedeutung, wenn man sich zumindest einmal mit einem substantiellen Entwurf für ein Bundesgrundsatzgesetz zur Sozialhilfe auseinandersetzen könnte, damit die Zugänge vereinheitlicht, die Standards harmonisiert, die Behördenwege angeglichen werden. Daß Sie so etwas ablehnen, finden wir einfach schade.

Wir wollten von diesem Pult aus auch einmal sagen, daß die Bundesregierung und insbesondere die Frau Bundesministerin für Soziales nicht dazu bereit sind, statistische Daten über die Aspekte einer Grundsicherung, einer Mindestsicherung – oder wie immer Sie das auch nennen wollen – zur Verfügung zu stellen. Auch das finden wir schade.

Frau Bundesministerin! Wir warten gespannt auf den vielfach angekündigten Bericht Ihrer Arbeitsgruppe im Haus. Ich fürchte, er wird strukturkonservativ sein. Ich fürchte, er wird nicht das erbringen, was er erbringen müßte, nämlich einen Aufriß neuer Möglichkeiten, sondern er wird versuchen, das alte System fortzusetzen. Es werden sozusagen in die alten Schraubenlöcher neue Gewinde geschnitten werden, aber es werden die alten Schrauben hineingesetzt werden. Weil die alten Schrauben jedoch wackeln würden, wird man Silikon hineinschmieren und wird das dann Reform nennen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

18.04


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