Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 127

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. Gleiche Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.04

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Position der Sozialdemokratischen Partei in diesem Hause, aber auch in der Wahlbewegung in der Vergangenheit in der gesamten Argumentation war immer klar (Abg. Böhacker: Nur dem Swoboda nicht! – Abg. Schwarzenberger: Klar wie trübes Wasser!): Wir stehen zur Neutralität, für uns steht die Neutralität nicht zur Disposition! Wir sind daher ganz klar gegen einen Beitritt zur NATO. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber ich muß hinzufügen, die Diskussion ist durchaus legitim. Sie ist deswegen legitim, weil es in diesem Haus, aber auch in der Bundesregierung zwei Lager gibt. Für das eine, vertreten von der Sozialdemokratie, besteht keine Disposition im Zusammenhang mit der Neutralität und keine Möglichkeit für einen NATO-Beitritt (Abg. Scheibner: Gilt das für alle in Ihrer Fraktion? – Abg. Schwarzenberger: Gilt das auch für Swoboda?), und das andere Lager, die ÖVP – in zunehmendem Maße im Gleichklang mit der Freiheitlichen Partei –, betrachtet die Neutralität als ein Schauobjekt in der Schatzkammer. (Abg. Scheibner: Warum sitzt Kollege Cap auf der Galerie? – Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Und die Klarheit, mit der man sich für den Beitritt zur NATO ausspricht, hängt von der jeweiligen Großwetterlage der Meinungsumfragen ab. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der ÖVP! In diesem Zusammenhang ist Ihnen der Vorwurf zu machen, daß Sie wie ein Schilfrohr im Wind sind. (Beifall bei der SPÖ.) Einmal argumentieren Sie so, einmal so, je nachdem, wie die Großwetterlage der Meinungsumfragen ist. Wenn die Meinungsumfragen in der österreichischen Bevölkerung signalisieren, daß es eine Zustimmung zum NATO-Beitritt geben könnte, dann sind Sie mutig, dann sagen Sie, Sie wollen beitreten. Gibt es eine Strömung gegen einen NATO-Beitritt bis zu 80 Prozent, dann verläßt Sie auf einmal der Mut, dann sagen Sie, das mag in fünf, in zehn Jahren aktuell sein – so geschehen in der Sendung "Zur Sache". (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Position der Sozialdemokraten ist klar (Abg. Tichy-Schreder: Klar ist sie nicht! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP): Wir stehen zum Neutralitätsgesetz und zu der sich daraus ergebenden heutigen Interpretation und zu den sich daraus ergebenden Pflichten: keine Beteiligung an Kriegen, keine Truppen auf österreichischem Territorium und auch kein Beitritt zu einem Militärpakt. Da können Sie so laut werden, wie Sie wollen, meine Damen und Herren (Abg. Dr. Khol: Wir sind ganz leise, wir lachen nur!), das, was die Sozialdemokraten in Österreich verwirklichen, ist eine Garantie dieser Neutralität.

Herr Kollege Khol! Für uns ist diese Neutralität – im übrigen auch die Beschäftigung – kein Mickymaus-Thema. Das sage ich Ihnen mit allem Ernst. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Schmidt: Welche Neutralität?)

Eine Beeinträchtigung dieser Neutralität hat es weder vor unserem Beitritt zur EU, weder durch unseren Beitritt zur EU noch durch den Vertrag von Maastricht, noch durch den Vertrag von Amsterdam und im übrigen auch nicht durch die Erklärung von Köln gegeben.

Herr Kollege Kier! Frau Dr. Schmidt! Sie wissen ganz genau, daß im Artikel 17 des Amsterdamer Vertrages, aber auch in allen vorangehenden Artikeln ausdrücklich die sogenannte irische Klausel verwendet wurde, derzufolge die Politik der Union nicht den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedsstaaten, darunter Österreich mit seiner Neutralität und seiner verfassungsgesetzlichen Garantie der Neutralität, berührt. (Abg. Scheibner: Das steht nicht dabei!) Das, meine Damen und Herren, ist die EU-rechtliche Garantie dafür, daß unser Neutralitätsgesetz aus dem Jahre 1955 uneingeschränkt erhalten bleibt. (Abg. Scheibner: Zitieren Sie richtig! Der Zusatz steht nicht dabei!)

Und genauso verhält es sich mit der von Ihnen so häufig zitierten Erklärung von Köln. In dieser findet sich ausdrücklich die Formulierung: Wir wollen eine effektive EU-geführte Krisenbewälti


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