Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 178. Sitzung / 110

Man erkennt die Absicht, worum es Ihnen eigentlich geht. Der 3. Oktober ist ein sehr bekannter Termin. Jeder weiß, was an diesem Tag in Österreich geschehen wird. (Abg. Dr. Kier: Die Wähler sollen wissen, wie sie dran sind!) Daher muß man noch schnell einen sehr, sehr tragischen Fall, den alle bedauern – auch die sozialdemokratische Fraktion bedauert den Tod des Herrn Marcus Omofuma –, zum Anlaß nehmen, um hier noch ein bißchen parteipolitisches Kleingeld herauszuholen. (Abg. Smolle: Er hat ja nichts zu verbergen, angeblich!)

Wenn Sie dem Innenminister hier vorwerfen, daß er nicht reagiert hat, dann, muß ich sagen, ist das schlicht und einfach falsch. Das entspricht ganz einfach nicht den Tatsachen. Vielleicht war der Tod des Marcus Omofuma ausschlaggebend dafür, daß viel mehr und rascher Maßnahmen gesetzt wurden. Aber ich darf Sie daran erinnern, daß wenige Wochen nach diesem bedauerlichen Vorfall vom Innenminister völlig neue Richtlinien für die Abschiebepraxis erarbeitet wurden, nach denen nun vorgegangen wird (Abg. Dr. Kier: Nicht veröffentlicht!), mit dem ausdrücklichen Verbot, Klebebänder zu verwenden.

Aber, Herr Abgeordneter Kier, Sie sollten, wenn Sie hier Kritik am Innenminister und an seinem Ressort anbringen, dazusagen, wie es künftighin zugehen sollte. Sollten wir überhaupt nicht mehr abschieben? Ist das Ihr Wunsch? Ist das Ihr Ziel? (Abg. Dr. Schmidt: So ein Unfug!) – Das wird es wohl nicht sein können, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Schmidt: Das ist ja wohl der böseste Unfug überhaupt!) Das wird es wohl nicht sein können!

Es wird wie in der Vergangenheit auch weiterhin, wenn es erforderlich ist, Abschiebungen geben müssen. Dazu wird sich jeder bekennen müssen, der auch zum Rechtsstaat Österreich steht, wie Sie es immer für Ihre Fraktion in Anspruch nehmen. (Abg. Dr. Schmidt: Darum geht es nicht, das wissen Sie genau! – Zwischenruf des Abg. Smolle.)

Da Sie gesagt haben, wenn alle die Regeln einhielten: Selbstverständlich, wenn alle Staatsbürger die Regeln einhielten, bräuchten wir in Österreich wirklich keine Polizei. Aber es gibt eben keine Gruppe in dieser Gesellschaft, die alle Regeln einhält, und daher brauchen wir auch die Polizei. Es gibt, so bedauerlich es ist, auch in der Gruppe der Exekutive den einen oder anderen unter den rund 34 000 Bediensteten, die über die Grenze hinausgehen und etwas tun, was sie – ich möchte es einmal so formulieren – nicht tun dürfen; bei 34 000 Beamten! (Abg. Dr. Kier: Einschließlich Sika! "Rechtsfreier Raum"!)

Aber es gab im November des Vorjahres – und damit komme ich zu dem zweiten Punkt, den Sie heute hier erwähnt haben – diese Datenweitergabe, und es hat jetzt vor zwei Tagen einen ähnlichen Fall gegeben. Nur, Herr Abgeordneter Kier: Warum ist dieser zweite Fall jetzt in die Öffentlichkeit gekommen? – Weil das Innenressort seit November 1998 nach einem Zufallsprinzip ununterbrochen all jene überprüft, die Zugang zu diesen Daten haben. Das sind rund 30 000 Beamte im Innenressort.

Es wird dort seit damals – seit es diesen Vorfall gab – verschärft kontrolliert. Die Dienstaufsicht ist verstärkt worden. Das wird umso stärker kontrolliert, damit solche Dinge nicht mehr passieren können. Genau wegen dieser verschärften Kontrolle – weil also der Innenminister darauf reagiert hat – war es auch möglich, diesen Fall aufzudecken. Hier also zu sagen, daß nichts geschehen ist, ist schlicht und einfach falsch! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden dem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.47

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zehn Wochen dürften ungefähr vergangen sein, seit – wie sich Herr Kollege Leikam ausdrückt – dieser bedauerliche Vorfall passiert ist, der im übrigen nach Meinung von Juristen sehr viel mehr Ähnlichkeit mit Folter oder Mord haben wird als mit einem bedauerlichen Vorfall. (Abg.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite