Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 108

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es einige Leute und ein paar auf der Regierungsbank, die heftig daran mitarbeiten, daß diese Sachzwänge entstehen. Irgendwann stehen wir dann vor der Frage: Was sollen wir denn jetzt machen? Jetzt ist es wieder einmal zu spät. – Diese Frage muß jetzt diskutiert werden!

Das Ganze geht aber noch weiter. Aus welchen Händen wird das Saatgut denn kommen? Von den großen Gentechnik-Konzernen, die gleich im Doppelpack das Spritzmittel mitliefern? – Das ist das wahrscheinlichste.

In einem anderen Bereich, mit Duldung des Herrn Landwirtschaftsministers, passiert noch etwas ganz anderes. Es handelt sich hiebei um das sogenannte "Bauernprivileg" beim Saatgut. Bauern dürfen alte Saatgutsorten mit der größten Selbstverständlichkeit für den Eigenbedarf, aber auch für die gegenseitige bäuerliche Hilfe herstellen. Das wird nun gestrichen! Das heißt, die Bauern dürfen nicht einmal mehr ihre alten und bewährten Saatgutsorten dem Nachbarn – entsprechend bewährten Praktiken – anbieten. Nein! Das würde ja die milliardenschweren Geschäfte von AgrEvo und Co durchkreuzen. Das wird nun nicht mehr erlaubt sein!

Der Herr Landwirtschaftsminister hat das im Ministerrat bereits abgesegnet. Dieser Umstand erhellt sehr deutlich die Situation, vor der wir stehen. Es gibt zwei Wege: Entweder den Weg der flächendeckenden Ökologisierung – in meinen Augen das einzige Erfolgsrezept für die österreichische Landwirtschaft. Flächendeckend ökologisieren paßt nicht zur Gentechnik. Flächendeckend ökologisieren, fair kennzeichnen und das als Vermarktungsargument in ganz Europa verwenden – das ist der Weg, den die Ökologinnen und Ökologen vorschlagen.

Der andere Weg heißt, sich in den immer intensiveren Wettbewerb der Agrarfabriken und Gentechnikkonzerne mit hineinzubegeben. Das ist ein Wettbewerb, den die österreichischen Bäuerinnen und Bauern nicht gewinnen können. Da werden sie hoffnungslos auf der Strecke bleiben. Diesen Intensivwettbewerb kann die österreichische Landwirtschaft nicht gewinnen. Daher kommt von seiten der Grünen der harte Vorwurf, daß Sie, die ÖVP-Ministerriege, hier die Interessen der Konsumentinnen und Konsumenten genauso verraten wie die der österreichischen Landwirtschaft, wenn Sie, ohne ein Wort der Öffentlichkeit gegenüber, ganz konkrete Freisetzungsverhandlungen in einem – wie der Sprecher von AgrEvo sagt – "positiven politischen Klima" abführen. (Abg. Dr. Lukesch: Das ist subjektiv!)

Ich denke, diese Geheimhaltungspolitik wird Ihnen nicht gelingen. Die Frage, warum Sie den Koalitionspartner ebenso wenig wie die breite Öffentlichkeit informieren, wird auch ab dem 7. April zur Entscheidung stehen, und ich gehe davon aus, daß diese Geheimhaltungspolitik à la Molterer und Bartenstein auch von der Bevölkerung sehr wohl in die Entscheidung mit einbezogen wird. (Beifall bei den Grünen.)

15.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte.

15.42

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich denke, daß Agrarpolitik insgesamt nicht über das Gentechnikgesetz zu regeln ist. Dazu kann ich heute auch sehr viel zitieren, weil ich einige sehr interessante Fakten bei Vorbereitung dieser Rede gefunden habe.

Es ist unbestritten, daß die Landwirtschaft ein sehr umstrittenes Einsatzgebiet der Gentechnik ist. Dabei sind diesbezüglich sinnvollerweise zwei Bereiche grundsätzlich zu unterscheiden. Das ist zum einen die Lebensmittelproduktion und zum anderen die Produktion von Rohstoffen und Energiepflanzen. Wir haben es heute bereits gehört: Die Ziele der Gentechnik in der Landwirtschaft sind in erster Linie die Sicherung von Erträgen, die Steigerung von Erträgen und die qualitative Anpassung an die Nachfrage. Dem steht aber ganz entschieden und kontroversiell gegenüber, daß die österreichischen Bauern im Inland wie auch im europäischen Wettbewerb große Erfolge mit Bioprodukten haben. Landwirte, die sich dem biologischen Landbau verschrieben haben, müssen in Zukunft die besten Möglichkeiten haben, ihre Bioprodukte anzubieten. Gentechnik hat, wie ich meine, im biologischen Landbau nichts verloren.


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