Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 18

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Wenn ich von Grundrechten rede, dann geht es mir in hohem Maße auch um das Klima in einer Gesellschaft. Was Sie mit Meldestellen erreichen wollen, ist nichts anderes, als die anderen dazu aufzurufen, zu vernadern. Sie wollen dem subjektiven Empfinden des einzelnen überlassen, was strafbar ist und was nicht und was seiner Meinung nach vielleicht schon pornographisch sein könnte und was nicht.

Bitte mißverstehen Sie mich nicht: Niemand hier im Hohen Hause würde wohl so platt sein und sagen, ich würde der Pornographie die Mauer machen wollen! Mir geht es darum, zu bestimmen, wer zu entscheiden und zu beurteilen hat, was strafbar ist und was nicht. Das sollte meiner Meinung nach in den Händen der Richter bleiben. So aber, wie Sie vorzugehen gedenken, sieht es aus, als wollten Sie die gesamte Gesellschaft mit einbeziehen. Das wundert mich nicht.

Aber ich habe mich auch deswegen zu Wort gemeldet, weil ich die Gelegenheit auch dazu nützen möchte, neuerlich vor Lauschangriff und Rasterfahndung zu warnen. Mich wundert es nicht, wenn Sie hier alle in Geiselhaft nehmen wollen und sich der Mithilfe der anderen bei der Aufklärung von Straftaten versichern wollen. Sie machen mit dem Lauschangriff und mit der Rasterfahndung – sollten sie tatsächlich so wie geplant kommen – alle Bürger zu potentiellen Tätern. Sie verkehren damit die Unschuldsvermutung. Ich möchte keine Gelegenheit versäumen, das wieder und wieder zu betonen.

Ich habe in den "Salzburger Nachrichten" über die Sorge gelesen, daß künftig auch im Beichtstuhl, bei Anwälten oder in Redaktionen abgehört werden könnte, und gehört, daß der Abgeordnete Khol das nur insofern zurückweist, als er meint, daß man im Beichtstuhl sicher nicht abhören wird. Das erfüllt mich mit Sorge, denn ich weiß, was das für die Redaktionsstuben, für die Anwälte und für alle Berufe, deren Ausübung auf einem Vertrauensgrundsatz basiert, bedeutet. Sie ruinieren den Vertrauensgrundsatz, indem Sie ihn aushöhlen, indem Sie eine Umkehr durchführen und jeden einzelnen Gefahr laufen lassen, abgehört zu werden, wenn er sich mit jemandem bespricht, dem gegenüber sonst Vertrauensschutz bestünde.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um den Schlußsatz.

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (fortsetzend) : Daher appelliere ich, das Internet als Chance für vernünftige Regelungen und die jetzige Aktuelle Stunde als Warnung vor Lauschangriff und Rasterfahndung zu sehen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

9.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.30

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Meine Damen und Herren! Ich kann mich in vielen Punkten den Ausführungen meiner Vorredner anschließen. Allerdings möchte ich feststellen, daß bei den beiden Wortmeldungen des Liberalen Forums der Eindruck entstanden ist, daß das Internet mehr oder weniger lediglich dem Schutz des Liberalen Forums anheimgestellt wäre. Es ist gesagt worden, hier würde teilweise eine hysterische Debatte geführt werden und von der Regierung der großen Koalition würde eine Gefährdung des Internets ausgehen. – Dagegen möchte ich mich verwahren. Ich glaube nicht, daß die Diskussion über dieses Thema so zu führen ist. Man sollte vielmehr versuchen, sachlich an dieses Thema heranzugehen, und man sollte nicht durch derartige Ausführungen emotionalisieren.

Kollege Barmüller hat dazu aufgefordert, zu berücksichtigen, daß das Internet eine wirtschaftliche Macht ist und daß man um eine intensive Befassung mit dieser Materie sowie um die Öffnung des österreichischen Marktes für neue Medien kaum herumkommen wird. Dieses Faktum ist sicherlich richtig, doch gilt es, sich auch mit einigen anderen Punkten kritisch auseinanderzusetzen.

Uns allen ist klar, daß wir uns hin zu einer weltweiten Informationsgesellschaft entwickeln, sodaß es absolut notwendig ist, für neue Medien den Markt zu öffnen, uns mittels neuer Medien


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