Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 21

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Vizekanzler, bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich darf offen sagen: Ich glaube, Graz ist froh und glücklich, wenn dort wichtige internationale Treffen stattfinden. Ich habe voriges Jahr zum Beispiel den Gipfel der zentraleuropäischen Länder in Graz veranstaltet. Das bedeutete auch für Graz eine sehr gute Präsentation und Werbung. Letztlich wird diese eine Ministertagung, die in Graz stattfinden wird, auch nichts anderes sein als eine internationale Konferenz, mit der Graz bisher beste Erfahrungen gemacht hat. Ich nehme an, Graz wird das verkraften. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Wir kommen zum nächsten Fragenkomplex. – Frau Abgeordnete Kammerlander, bitte.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

128/M

Erachten Sie sich – trotz Ihrer Stellungnahme für einen österreichischen NATO-Beitritt im Hauptquartier der westlichen Militärallianz – noch an den Gesetzesbefehl gebunden, der sich aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Neutralitätsgesetz (598 der Beilagen, VII. GP) ableitet?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Vizekanzler, bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete! Sie haben mir diese Frage schon einmal schriftlich gestellt, und ich habe sie damals auch schriftlich beantwortet. Ich verstehe schon, daß Sie mich jetzt mündlich noch einmal fragen wollen, aber ich gebe Ihnen wieder die gleiche Antwort. Ich halte es für ein seltsames Demokratieverständnis, wenn man über eine Weiterentwicklung nicht diskutieren, nachdenken und sich nicht äußern darf.

Ich bitte Sie, wirklich zur Kenntnis zu nehmen, daß das österreichische Neutralitätsgesetz in keiner Weise von mir außer Kraft gesetzt werden kann oder wird. Das macht – wenn überhaupt – der österreichische Nationalrat und sonst niemand. Sie kennen sogar meine Position in diesem Zusammenhang, die da lautet: Selbst wenn wir einer "NATO neu" beitreten, muß auch der Nationalrat vorher darüber entscheiden, nicht der Wolfgang Schüssel, der kann seine Meinung äußern, und das wird er sich auch nicht nehmen lassen. Ich werde in der Demokratie aus meiner Verantwortung meine Überlegungen einbringen, und der Nationalrat hat das Recht, diese zu übernehmen oder nicht.

Aber ich bitte, wirklich festhalten zu dürfen, daß eine Diskussion, wie es weitergehen soll, geradezu notwendig ist. Man kann sich nicht an eine Erläuterung aus dem Jahr 1955 klammern, und diese muß dann bis in das 22. Jahrhundert eingefroren bleiben. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Kammerlander, bitte.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Meine Zusatzfrage lautet: Gibt es seitens Ihres Ressorts Berechnungen über die Höhe der Mehrausgaben, die sich durch einen NATO-Beitritt im Budget niederschlagen würden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Vizekanzler, bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Diese Berechnungen gibt es natürlich nicht, weil man zunächst einmal verhandeln müßte. Für diese Verhandlungen aber ist zuerst der Regierungsbericht über die verschiedenen Optionen sowie eine Empfehlung der Regierung an den österreichischen Nationalrat notwendig.


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