Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 90. Sitzung / Seite 34

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werden, weiterentwickelt wird in Richtung verstärkter Minderheitsrechte. Aber wir meinen auch noch etwas anderes, nämlich daß die landesgesetzlichen Regelungen, die die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen regeln, vereinheitlicht werden müssen. Es geht nicht an, daß es in Österreich in dieser Frage unterschiedliche Rechtsstandards gibt.

Die heutige Diskussion wird kontroversiell ablaufen, gerade was die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betrifft, aber ich ersuche Sie, in einer Frage dieser Vorlage zuzustimmen – und in diesem Punkt sollte Grundkonsens gegeben sein –, nämlich wenn es darum geht, rechtsstaatliche Grundsätze in dieser Verfahrensordnung zu verankern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Dr. Schmidt zu Wort.

11.40

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße die wenigen, die noch im Hause sind. (Abg. Mag. Stadler: Das scheint vor allem die Kollegen von der SPÖ zu betreffen! – Abg. Dr. Cap: Sie sind auch nicht immer da, Herr Kollege!) Es sind zwar eine Spur mehr Abgeordnete als gestern da, aber dafür gibt es einige Zuhörerinnen und Zuhörer oben auf der Tribüne. Ich muß sagen, das Bild, das wir zunehmend bieten, ist eines, welches das Vertrauen in das Parlament und den Respekt vor dem Parlament nicht unbedingt stärken werden, schon gar nicht, wenn die Instrumente, die für dieses Parlament beschlossen werden und Gültigkeit haben, den Aufträgen, die das Parlament an sich wahrzunehmen hätte, nicht entsprechen.

Ich möchte in dieser Diskussion den Anlaß in Erinnerung rufen, aus dem wir heute über eine Änderung der Geschäftsordnung diskutieren. Der Anlaß war, daß es im Zusammenhang mit der Ermordung dreier Menschen, dreier Kurden, Vorkommnisse gegeben hat, deren Aufklärung in Österreich auf eine Weise nicht stattgefunden hat, daß der ernste Verdacht besteht, daß es politische Interessen gab, die eine Aufklärung verhindert haben, und daß es Eingriffe von politischen Entscheidungsträgern der Verwaltung in die Ermittlungsmaßnahmen gab, die nicht in Ordnung waren und daher eine Aufklärung verhindert haben. Das sind alles Argumente, die die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht nur rechtfertigen, sondern klassisch nach der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses rufen.

Das ist eine Auffassung, die nicht nur von Parlamentarierinnen und Parlamentariern der Oppositionsparteien vertreten wird, sondern das ist eine Auffassung, die von nahezu allen Journalisten seriöser Medien – ich will jetzt nicht subjektiv Unterscheidungskriterien anführen; jedenfalls von einer Vielzahl von Journalisten – geteilt worden ist. Ich kann mich nicht erinnern, daß wir je eine Situation hatten, in der sich so viele einig waren, daß ein Untersuchungsausschuß nicht nur notwendig wäre, sondern auch das Vertrauen in die Korrektheit und in die Unbefangenheit der Politik wiederherstellen würde.

Das hat zu dem außergewöhnlichen Ereignis geführt, daß drei Oppositionsparteien, die sonst sehr wenig gemeinsam haben – insbesondere wenn ich die Gemeinsamkeiten der FPÖ und der Liberalen aufzählen sollte, würde ich sehr schnell fertig werden (Abg. Dr. Lukesch: Stammbaum!)  –, daß sich alle drei Oppositionsparteien zusammengetan haben, um hier einen Notwehrakt zu setzen und die Bevölkerung darauf aufmerksam zu machen, was in diesem Parlament passiert beziehungsweise was in diesem Parlament von einer Mehrheit verhindert wird.

Wir wollten zweierlei erreichen: Wir wollten erstens darauf aufmerksam machen, was hier blockiert wird, und hinter die Kulissen leuchten. Zugleich wollten wir auf etwas aufmerksam machen, was der "Normalverbraucher" eigentlich gar nicht weiß, nämlich daß dieses Parlament, bestehend aus Volksvertreterinnen und Volksvertretern – (in Richtung Galerie:) also Ihren Auftrag erfüllend, wie immer Sie Ihre Stimmen hier verteilt haben –, den Aufgaben gar nicht gerecht werden kann, weil eine Mehrheit die Erfüllung dieser Aufgaben nicht zuläßt. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)


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