Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 93. Sitzung / Seite 46

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Mit diesen Aussagen, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, sollen zwei Gruppen – nämlich die Unterhaltspflichtigen und die Kinderlosen – gegeneinander ausgespielt werden – ein Ansinnen, das für mich nicht nachvollziehbar ist. (Abg. Steibl: Überhaupt nicht! Davon ist nie gesprochen worden!) Bitte überprüfen Sie diese Aussagen Ihres dominanten Familienbundes! Sie alle sind dort Mitglied. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Für dieses Auseinanderspielen habe ich kein Verständnis, denn wir alle wissen, es gibt genug Paare, die gerne Kinder hätten, aber keine bekommen können. Uns ist das bekannt, besonders uns Frauen, die wir in der Politik sind.

Meine Damen und Herren! Wie Sie wissen, versucht das Liberale Forum – meine Klubchefin hat es bereits angekündigt – schon seit längerer Zeit, ein Modell zu einer zielführenden Reform der Familienförderung zur Diskussion zu stellen. Bis heute leider ohne Erfolg. Herr Bundesminister, ich erhoffe mir auch von Ihnen, daß Sie sich unser Modell anschauen, denn uns geht es dabei in erster Linie darum, sich vom sogenannten Gießkannenprinzip zu lösen und Förderungen nach der sozialen Bedürftigkeit zu ermöglichen.

Es ist auch ein Faktum, daß unser Familientransfermodell schon lange vor dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vorgelegt wurde. Zudem würde unser Modell – und ich glaube, das ist sehr wichtig in der derzeitigen Situation – zu keiner Mehrbelastung für das Budget führen.

Im Mittelpunkt unseres Modells steht das Kind als eigenständiges Individuum, das ein Anrecht auf ein monetäres Existenzminimum hat – und dies unabhängig vom Alter und von der Anzahl der Geschwister.

Mit unserem Modell entlassen wir die Eltern keineswegs aus ihrer Obsorge, wir gestehen allerdings den Eltern, die genug verdienen, zu, ihre Unterhaltspflicht auch zu bestreiten, während Eltern, die – aus welchen Gründen auch immer – ein geringes Einkommen haben, vom Staat den nötigen Zuschuß erhalten müssen.

Auch wenn ein Elternteil sich dafür entscheidet, zu Hause zu bleiben, ist in unserem Modell vorgesehen, daß dieser Tätigkeit ein fiktives Einkommen zugerechnet wird. Mir fehlt leider jetzt die Zeit, das näher auszuführen, aber wir haben morgen genügend Zeit, uns mit unserem Modell auseinanderzusetzen, und ich bitte Sie, dies auch zu tun und es nicht wieder gleich von vornherein abzulehnen.

Wir haben ein durchdachtes Modell, das es wert ist, diskutiert zu werden. Allerdings ist zu befürchten – das zeichnet sich auch heute schon wieder ab –, daß nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes eine echte Reform der Familienförderung nicht stattfinden wird, solange sich die Koalitionsparteien nicht von ihren ideologischen Standpunkten wegbewegen und zur Kenntnis nehmen, daß es die verschiedensten Formen des Zusammenlebens gibt, die für uns Liberale alle gleichwertig sind, weil es unserer Meinung nach die Entscheidung jedes einzelnen sein muß, wie er sein Leben gestalten will. Dabei darf niemand einem Diktat unterstellt werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als letzte Rednerin hat sich jetzt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort gemeldet. – Bitte, Sie haben das Wort.

11.20

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Im Rahmen dieser Aktuellen Stunde tauchen bei den Debattenbeiträgen von Regierungsabgeordneten etwas verbrämte ideologische Restgrößen auf, ohne daß sie wirklich klargelegt werden, offengelegt werden, ohne daß wir darüber eine Debatte führen. In diesem Vakuum von ständigen Beteuerungen: Wir sind alle für die Familien! Wir sind alle für Chancengleichheit, für bessere Chancen für die Jugend! wird nie ausgesprochen, was das wirklich heißt, und in diesem Vakuum hat der Verfassungsgerichtshof Politik gemacht.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite