Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 156

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Der vierte Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Ich glaube, daß wir mit diesem Reformvorhaben den Nachweis dafür führen, daß für eine Pensionsreform auch flankierende Maßnahmen in Form von kreativen Ansätzen im Bereich der Beschäftigungspolitik notwendig sind. Ich bin sehr froh darüber, daß überwiegend das Prinzip der Freiwilligkeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern verankert wurde und man von ursprünglich beabsichtigten Zwangsregelungen Abstand genommen hat.

Fünftens möchte ich zu jener Frage Stellung nehmen, meine Damen und Herren, die in den letzten Tagen immer wieder diskutiert wurde: Ist diese Pensionsreform nun zu weitgehend oder zu wenig umfangreich? – Ich gehöre zu jenen – und ich sage das ganz offen –, die eigentlich ursprünglich gemeint haben, die Pensionsreform müßte weitergehend sein, aber ich gebe gerne zu, daß an sich ein breiter sozialer Konsens etwas ist, was der politischen Kultur unseres Landes entspricht. Und wenn viele Abgeordnete, vor allem der größeren Regierungspartei, in voller Verantwortung ihrer Mandate sagen: Uns ist der soziale Konsens so viel wert, daß wir nur dann zustimmen, wenn auch die Gewerkschaft zustimmt!, dann muß ich das respektieren. Ein Experte tut sich leicht; aber Politik ist die Kunst des Möglichen, und das haben wir mit dieser Reform bewiesen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: So ist es!)

19.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Reichhold. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.13

Abgeordneter Ing. Mathias Reichhold (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Kollegin Pittermann schilderte den Vertragszustand zwischen Ärzten und Bauern. Sie wies zu Recht darauf hin, daß dieser nicht gottgewollt oder gar im Gesetz verankert ist, sondern daß dieser Zustand zwischen der Sozialversicherungsanstalt der Bauern und der Ärztekammer vertraglich fixiert worden ist. Als dies vor 23 Jahren geschah, wußte offenbar niemand – auch die bäuerliche Interessenvertretung nicht –, daß die Tarife, die die Bauern zu leisten hatten, viel zu hoch waren: um 250 Millionen Schilling pro Jahr; wenn man das auf 23 Jahre hochrechnet, kommen gewaltige Beträge heraus.

Herr Kollege Schwarzböck! Als Vorsitzender der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern haben Sie das ja gewußt! Es stellt sich nun die Frage: Warum haben die Bauern über Jahre, über Jahrzehnte hindurch zu hohe Beiträge bezahlt? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Warum haben Sie diese Lösung, die Sie jetzt anpeilen, nicht schon früher angepeilt beziehungsweise umgesetzt? – Sie hätten damit den Bauern viel Geld erspart! Sie haben es ja selbst kritisiert, Herr Präsident Schwarzböck: Erst dann, als die Vereinbarung geplatzt ist, haben Sie der Öffentlichkeit bekanntgegeben, daß die Tarife für jene Leistungen, die für die Bauern erbracht werden, zwei- bis dreimal so hoch sind wie die anderen Tarife. Warum haben Sie das nicht schon früher in Angriff genommen? – Das wäre eine wesentliche Entlastung für die Bauern gewesen.

Diese Pensionsreform zeigt, daß die sozial Schwachen – auch in der Landwirtschaft – und jene, die ohnehin Probleme haben, am schlechtesten wegkommen. Zum Beispiel die Bäuerin als Mutter: Sie hatte bislang Anspruch auf 250 S, jetzt wird das zwar auf 300 S erhöht, aber es gibt genügend Studien, die belegen, daß der Kostenaufwand 400 S beträgt. Sie können nicht sagen, das hätten wir nicht finanzieren können, denn Sie haben aus diesem Titel auf der Grundlage der 0,5 Prozent 600 Millionen Schilling eingenommen und haben nur etwas mehr als 200 Millionen verbraucht. Das heißt, Sie haben in diesem Sektor 400 Millionen Schilling Überschüsse erwirtschaftet, die Sie wiederum umgeschichtet haben, um damit andere Leistungen zu erbringen.

Herr Präsident Schwarzböck! Ich glaube, gerade die Bäuerinnen – wir alle wollen doch, daß sie eine gute soziale Absicherung erhalten! – haben das nicht verdient. Diese Politik, die nicht nur die Regierung, sondern vor allem Sie und die Sozialversicherungsanstalt zu verantworten haben, hätte schon längst reformiert gehört. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite