Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 75

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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

12.53

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehrte Frau Außenministerin! Herr Bundeskanzler! Frau Vizekanzlerin! Herr Präsident! Meine Damen und Herren Gäste auf der Galerie! Meine Damen und Herren hier im Plenum! Diese Südtirol-Autonomie, dieses Südtirol-Paket, das vor zehn Jahren hier im Nationalrat beschlossen wurde, ist wirklich einzigartig und beispielgebend, sowohl für die Europäische Union, wohl auch für die erweiterte Europäische Union, als auch – und das ist heute schon erwähnt worden – für den gesamten Bereich der Vereinten Nationen. Ich selbst habe in zahlreichen Gesprächen auf internationaler Ebene dieses Beispiel der Südtirol-Autonomie immer wieder als positives Beispiel dafür erwähnt, wie Minderheitenrechte geschützt werden können und wie das im Einvernehmen gehen kann, auch wenn es schwierig war; das ist mir schon bewusst.

Aber, meine Damen und Herren, es gibt in Österreich wohl auch andere und sehr aktuelle Themen, von denen ich meine, dass sie auch zu einem Herzensanliegen, wie Sie, Frau Ministerin, Südtirol gestern genannt haben, dieser Regierung und dieses Parlaments gemacht werden sollten – die es leider nicht sind.

Das eine ist die Erweiterung der EU, sind die Beziehungen Österreichs zu seinen Nachbarstaaten, vor allem derzeit zu Tschechien. Wie sieht da die Realität aus? Da ist von Herzensanliegen und von gemeinsamem Vorgehen lange nicht die Rede. Wie ist es sonst zu erklären, dass die Abkommen zwischen Österreich und der Tschechischen Republik über die Beschäftigung in Grenzzonen und über den Austausch von Arbeitnehmern zur Erweiterung der beruflichen und sprachlichen Kenntnisse seit mehr als einem halben Jahr nicht einmal in den Außenpolitischen Ausschuss kommen? Dies deshalb, weil die Regierungsfraktionen – auch Ihre Fraktion, Frau Außenministerin – das einfach nicht wollen, weil sie sich mit der anderen Regierungsfraktion nicht einigen. Die Erweiterung ist so gesehen kein Herzensanliegen dieser Regierung, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie schaffen es auch nicht, einen Antrag der Grünen, der eine gemeinsame österreichisch-tschechische Erklärung zu den Beneš-Dekreten zum Ziel hat, um hier ein Zeichen gegenüber Tschechien zu setzen und das auch von den Tschechen einzufordern, auf die Tagesordnung dieses Ausschusses zu setzen. (Abg. Großruck: Südtirol ist das Thema!) Auch das ist nicht möglich, Frau Außenministerin! Das heißt, die EU-Erweiterung, die Beziehungen zu Tschechien sind Ihnen kein Herzensanliegen, so wie es richtigerweise das Südtirol-Autonomie-Paket ist. (Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Südtirol! Südtirol!) Dieses Herzensanliegen, das es für die Grünen sehr wohl ist, das wird von Ihnen, Frau Ministerin, das wird von den Regierungsfraktionen in diesem Parlament nicht einmal halbherzig betrieben. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Klubobmann Khol hat gehofft, dass die Trentiner jetzt auch gegenüber ihren deutschsprachigen Sprachgruppen großzügig sein werden. Herr Klubobmann Khol – er ist leider jetzt nicht im Saal –, sehr geehrte Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! (Abg. Mag. Schweitzer: Auf der Galerie ist er! – Abg. Schwarzenberger: Er horcht zu!) Wie schaut es denn mit der Großzügigkeit gegenüber den Slowenen in Österreich aus? Wie sieht es denn mit den zweisprachigen Ortstafeln aus? Da ist es wohl so, dass auch da ein Unrecht ist und bleibt (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ), sodass die Kärntner Slowenen jetzt noch immer zum Verfassungsgerichtshof gehen müssen, um die Umsetzung des Erkenntnisses die Amtssprachen betreffend einzufordern, um die 4. Klasse Volksschule zweisprachig machen zu können, um die zweisprachigen Ortstafeln überall umzusetzen. (Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Zur Sache! Zur Sache!)

In Südtirol sieht man, dass das für niemanden mehr ein Problem ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Letztklassig, was Sie da machen! Entsetzlich!) In Südtirol stehen überall zwei-, manchmal sogar dreisprachige Ortstafeln, Herr Kollege Schweitzer. Warum ist das in Kärnten nicht möglich? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Grauenhaft,


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