Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 242

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Bereitschaft des Jugendlichen zum Sexualkontakt ursächlich sein muss, m.a.W., dass der Täter das Opfer dadurch konkret zur Vornahme oder Duldung einer geschlechtlichen Handlung bestimmt. An einer solchen Bestimmung (Verleitung) fehlt es bei einem Geschenk im Rahmen einer Liebesbeziehung und bei einer von der sexuellen Handlung abgekoppelten, nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Sexualkontakt angebotenen oder gewährten Vermögenszuwendung.

Auch hier ist auf der inneren Tatseite zumindest bedingter Vorsatz bezüglich aller Elemente erforderlich."

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bures. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

22.19

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich auch zu der längst fälligen Streichung des menschenunwürdigen § 209 Stellung nehme, möchte ich insgesamt doch kurz zu dieser Gesetzesänderung Stellung nehmen, weil das Strafrecht eine Rechtsordnung ist, die eigentlich am stärksten in das Leben der Menschen eingreift. Das Strafrecht ist sozusagen die stärkste Eingriffsmöglichkeit des Staates in das Leben des Menschen, und umso mehr, denke ich, ist eine seriöse Auseinandersetzung mit dieser Rechtsmaterie erforderlich.

Mein Vorwurf an Sie, Herr Bundesminister, und an die Regierungsparteien ist, dass genau mit dieser sensiblen Rechtsordnung nicht sehr seriös umgegangen wird, dass hier versucht wird, ohne Einbeziehung von Experten Dinge durchzupeitschen, die sich massiv auf das Leben der Menschen auswirken, die sich vor allem massiv negativ auf das Leben der Menschen auswirken. (Abg. Dr. Fekter: Es geht um Missbrauch! Wollen Sie die Missbrauchstäter schützen?) Wissen Sie, Frau Kollegin Fekter, Sie verwechseln das Strafrecht mit irgendeiner Materie, wo Sie populistisches politisches Kleingeld machen. (Abg. Dr. Fekter: Wollen Sie die Missbrauchstäter schützen?) Dazu ist diese Rechtsmaterie zu wichtig. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundesminister! In aller Kürze möchte ich neben dem § 209 auch auf den § 320 StGB eingehen, nämlich auf den Begriff der Neutralitätsgefährdung. Ich habe mir die Erläuternden Bemerkungen ganz genau angesehen, und ich habe mich lange bemüht, Argumente zu finden, warum Sie den Begriff "Neutralitätsgefährdung" aus dem StGB ganz einfach herausstreichen. Es gibt offensichtlich keine rechtliche, keine inhaltliche Begründung dafür, sondern es ist die Neutralität für Sie offensichtlich ein ungeliebter Begriff, daher versuchen Sie, diesen Begriff aus dieser Regelung zu streichen.

Es spricht überhaupt nichts dagegen, bei dieser Begrifflichkeit zu bleiben. Die Neutralität ist auch in unserem Bundes-Verfassungsgesetz als fixe Rechtsordnung verankert. Da ist es zum Glück so, dass sich diese beiden Regierungsparteien nicht so einfach austoben und die Neutralität auch aus der Verfassung streichen können. Es ist gut, dass Sie diese notwendige Verfassungsmehrheit nicht haben. Darum glauben Sie, sich in an deren Bereichen austoben zu müssen.

Herr Bundesminister! Ich halte es für falsch, das Wort "Neutralität" und das Wort "Neutralitätsgefährdung" aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Ich habe, wie gesagt, auch keine Begründung dafür in Ihrem Antrag und auch nicht in den Erläuterungen gefunden. Es geht offensichtlich um einen ungeliebten Begriff. Sie haben Schwierigkeiten mit der Neutralität. Dann sollten Sie, wenn dem so ist, das auch so aussprechen.

Nun möchte ich aber auf die Diskussion zum § 209 – das ist jener Paragraph, der auch, was das öffentliche Interesse betrifft, natürlich im Mittelpunkt gestanden ist – eingehen, vor allem


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