Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 102

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nämlich – das möchte ich auch sagen – immerhin der sehr angesehene Präsident der Wiener Rechtsanwaltskammer zum Ergebnis gekommen: In der Beurteilung der Tätigkeit des Ministers Böhmdorfer wurden Äpfel mit Birnen verwechselt.

So schaut es nämlich aus: Die Standesvertretung der österreichischen Anwälte steht hinter Minister Böhmdorfer. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und wenn von der Standesvertretung die Rede ist, dann möchte ich auch nicht unerwähnt lassen, dass Frau Dr. Helige, die, glaube ich, den Regierungsparteien wahrlich nicht nahesteht, als Präsidentin der Richtervereinigung ebenfalls eine derartige Erklärung abgegeben hat. Frau Dr. Helige sagte nach Ankündigung des Misstrauensantrages: Justizminister hat gegenüber Richtern eine absolut tadellose Haltung.

Sie sehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Misstrauensantrag löst sich in Nichts auf, weil er durch nichts zu rechtfertigen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.47

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Gisela Wurm. – Bitte.

14.47

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Es steht wohl außer Diskussion, dass jeder in Österreich froh darüber ist, dass die Maßnahmen, die über Österreich verhängt wurden, außer Kraft gesetzt sind. (Abg. Dr. Martin Graf: Sagen Sie das dem Gusenbauer! So eine geharnischte Kritik am Parteivorsitzenden hätte er sich von Ihnen wirklich nicht verdient!) Nichtsdestotrotz ist es notwendig, Herr Abgeordneter Graf, dass wir uns mit dem Inhalt des Berichtes Punkt für Punkt auseinander setzen, denn bei aller Freude, sehr geehrte Damen und Herren, stellt dieser Bericht in wesentlichen demokratiepolitisch relevanten Fragen keinen Persilschein aus.

So ist in diesem Bericht vom fortwährenden Gebrauch zweideutiger Formulierungen durch führende Mitglieder der FPÖ die Rede. In Klammer sage ich dazu: Die FPÖ wurde als rechtspopulistische Partei mit extremistischer Ausdrucksweise klassifiziert.

"Angriffe auf die Freiheit der Kritik" – ein weiterer Punkt im Bericht. Da heißt es: "Eines der problematischsten Kennzeichen führender Mitglieder der FPÖ sind Versuche, politische Gegner zum Schweigen zu bringen oder sie sogar zu kriminalisieren, wenn sie die österreichische Regierung kritisieren." Und in der Folge wird auf das "häufige Anstrengen von Beleidigungsprozessen gegen Personen, die die FPÖ oder Äußerungen ihrer politischen Führung kritisiert haben," hingewiesen.

Besonders hart ins Gericht geht der Bericht mit dem jetzigen Justizminister, und zwar hinsichtlich seiner Aussagen beziehungsweise seinem Nichthandeln, als er die Meinungsäußerungsfreiheit desjenigen verteidigt hat, der die Meinung anderer einschränken will. – Das ist einer der zentralen Kritikpunkte in diesem Bericht. (Ruf bei den Freiheitlichen: Sie haben es noch immer nicht verstanden!)

"Wir sind der Auffassung, daß eine solche Position eines Ministers in der Bundesregierung nicht mit den Verpflichtungen eines Staatsorgans vereinbar ist, ..." – Ziffer 95 des Berichtes. Und weiter: "Alle Regierungen in der Europäischen Union sind durch die Prinzipien der freiheitlichen Demokratie und der Redefreiheit gebunden." Und es wird auch in diesem Bericht besonders hervorgehoben, "dass derartige Vorschläge leicht einen Abschreckungseffekt ... bei denjenigen hervorrufen können, die die Regierung kritisieren wollen."

Der "Gebrauch von Beleidigungsverfahren durch die FPÖ" ist ein weiterer Punkt des Berichtes. Es wird festgestellt, dass Klagshäufigkeiten und der Versuch von Kriminalisierung der Kritiker die Meinungs- und die Redefreiheit einschränken. Sehr geehrten Damen und Herren! Die Rede-


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