Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 175

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dass bis jetzt dagegen kaum etwas unternommen worden ist. Dieser Zustand, meine Damen und Herren, wurde der Regierung als Erbe hinterlassen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Problematik muss bei einer allfälligen EU-Osterweiterung Berücksichtigung finden, damit die Armut durch weitere billige Arbeitskräfte gerade in den Grenzlandgebieten nicht noch mehr ansteigt. Dass Frauen in Österreich wesentlich häufiger von Altersarmut betroffen sind als Männer und weniger als die Hälfte ihrer Geldleistung an Alters- und Invaliditätspension erhalten, ist eine bestürzende Tatsache und jahrzehntelanger Sozialpolitik unter sozialdemokratischen SozialministerInnen, welche jeweils von der Gewerkschaft nominiert worden sind, zu danken.

Wenn die Gewerkschaft heute gut bezahlte AHS-Lehrer zum Streik auffordert und auf die Straße schickt, werden Hunderttausende von Armut betroffene Frauen und Familien dieses Landes wohl genauso erschüttert sein wie ich. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte.

20.15

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Jedes Problem hat eine Ursache. (Abg. Dr. Pumberger: Ja, die SPÖ!) Sie, die Regierungsparteien, und gerade auch mein Vorredner wieder, beklagen immer nur die Wirkungen, zum Beispiel die Demonstrationen, die Proteste. Aber, meine Damen und Herren, haben Sie schon einmal wirklich ernstlich darüber nachgedacht, warum die Menschen auf die Straße gehen? Sie sollten nicht die Gründe liefern, die zu solchen Reaktionen führen, dann gäbe es keine Demonstrationen. Ich möchte das am Beispiel der Besteuerung der Unfallrenten dokumentieren und zitiere aus einem Brief, den ein Betroffener wahrscheinlich vielen von uns geschrieben hat, in dem er unter anderem ausführt:

Eines ist sicher: Einen Arbeitsunfall erleidet niemand gewollt, und Bezieher von Unfallrenten sind keine Sozialschmarotzer. Aber mit dieser Maßnahme werden die Unfallopfer ins soziale Abseits und in die Armut gedrückt. Es gibt 108 000 Bezieher von Unfallrenten und es werden dafür 6,3 Milliarden Schilling ausbezahlt. Durch diese Maßnahme werden davon 2 Milliarden Schilling, also ein Drittel abgeschröpft. Man kann es einfach nicht anders bezeichnen. Eine schon durch die Behinderung nach einem Unfall schwerstbetroffene Bevölkerungsgruppe derart abzukassieren, das hat bisher noch keine Regierung durchgezogen.

Dies schrieb Richard Lackner, der nach einem Arbeitsunfall eine 70-prozentige Minderung der Erwerbsfähigkeit erlitt, schwer gehbehindert und nach zwei Jahren Krankenhausaufenthalt mit insgesamt 24 Operationen nunmehr in Pension ist. Ein Zeuge dieser wirklich unsozialen Maßnahmen, meine Damen und Herren! Wundern Sie sich daher nicht, wenn die Menschen auf die Straße gehen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Mag. Stoisits. )

Ich möchte noch kurz über die Entschädigung für die Kriegsgefangenen sprechen. Ab Jänner sollen Gefangene aus dem Zweiten Weltkrieg eine Entschädigung erhalten. Anspruchsberechtigt sind jene, die entweder während oder nach dem Krieg in einem mittelost- oder osteuropäischen Land festgehalten wurden. Ausgeschlossen von dieser Zahlung sind laut Gesetz Personen, deren Verhalten in Wort und Tat mit den Gedanken und Zielen eines freien, demokratischen Österreich unvereinbar waren. Diese Formulierung ist äußerst vage und unpräzise, da bei wörtlicher Auslegung all jene, die eine deutsche Uniform anhatten und für Hitler-Deutschland, dessen Opfer nach Meinung von Dr. Schüssel auch Österreich war, gekämpft hatten, keinen Anspruch auf diese Geldleistung hätten. (Abg. Amon: Nicht nur nach Meinung von Dr. Schüssel!)

Unklar ist auch, ob Angehörige von besonders fanatischen Organisationen wie der SS oder der SA von der Geldleistung auszuschließen sind, da sie auf Grund ihrer Gesinnung in Gedanken und Zielen auf jeden Fall nicht für ein demokratisches Österreich waren. Diese Ausschluss-Bestimmungen sind so unklar formuliert, dass man annehmen könnte, dass nur jene, die auf


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