Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 6. Sitzung / Seite 167

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Das heißt, das Nachdenken über die Gefahren und das Beheben der Gefahren, die aus dieser modernen Lebensform resultieren, das Nachdenken über einen Abbau von Studier-Schwellen, ist angeraten, damit wir die Drop-out-Situationen verbessern. Ein ehemaliger Rektor hat diese untypischen Biographien als ganz positiv bezeichnet, eben als originelle Biographien, nach denen die Wirtschaft immer mehr fragt. Wir haben im UniStG Obsorge getragen, indem wir Teilzeitstudierende in einer ersten Form verankert haben. Wir haben nicht genau gesagt, was wir dazu tun. Die Studierenden haben – der Bericht zeigt es – Antwort gegeben, was sie sich wünschen: keinesfalls begleitende Studienpläne und Studienangebote für die Berufstätigen, weil das ihre Wahlmöglichkeit einschränken und ja wieder von einem alten Arbeitsbild ausgehen würde.

Es gilt sicherlich, im Bereich der Universitäten einen differenzierten Personalplan zu machen. Ein studentisches Zentralsekretariat mit allen Serviceangeboten soll bis in die Abendstunden offen halten, aber nicht jedes Abteilungssekretariat muss wirklich 40 Stunden pro Woche geöffnet sein.

Zur Studienfinanzierung und zu Zugangsbeschränkungen im europäischen Vergleich: Der Blick ins Ausland zeigt, dass in fast allen Ländern Europas Studienzugangsbeschränkungen gelten, interessanterweise auch für die "Hochakademikerländer" Spanien oder Finnland. Dort gibt es eine relativ hohe Eigenleistung der Studierenden, eine hohe Akademikerquote und Zugangsbeschränkungen. Dennoch sind die faktischen Hürden im Zugang gering.

Österreich hat, wie Sie vielleicht wissen oder auch nicht wissen, für manche Studien Zugangsbeschränkungen, etwa für den Bereich der Kunst. Dort sagt der Professor für Architektur an der Universität für Angewandte Kunst, die Wirtschaft kann nur zwei Architekten vertragen, deshalb lassen wir nur zwei zu. In der Medizin, wie die Kollegin Povysil angeführt hat, sagt keiner: Wir können nicht bloß ein paar hundert Medizinstudenten weniger haben als die Bundesrepublik. Daher gibt es dann arbeitslose oder Taxi fahrende Mediziner mehr als Taxi fahrende Abgänger der Kunstuniversitäten, Studienrichtung Architektur.

Was will ich damit sagen? – Wir können es uns nicht so einfach machen und sagen, Zugangsbeschränkungen oder Zugangsbedingungen halten bestimmte Schichten fern vom Studieren. Wir wissen aus dem europäischen Vergleich, etwa aus dem Bericht "EURYDICE – Schlüsselthemen im Bildungsbereich", dass es andere Faktoren sind, die sich unter dem Begriff Sozialisation zusammenfassen lassen. Der nicht selbstverständliche Zugang zum Buch, der nicht selbstverständliche Zugang zur Bildungseinrichtung, das nicht selbstverständliche Aufwachsen in einem Weiterbildungsklima. (Abg. Dr. Niederwieser: Selektive Mittelstufe!)

Nein, das ist nicht die Lösung, sondern das Nachdenken darüber, wie wir lernen, wie wir das Studieren als positiven Gewinn transportieren und apostrophieren können, und wie wir diese mentalen Schranken, die im frühen Schulalter aufgebaut und im Elternhaus verstärkt werden, abbauen können, wie wir diese Hemmnisse kleiner machen können. Österreich muss, will es im internationalen Wettbewerb bestehen können, an der Weiterentwicklung der Akademisierungsrate und an der Effizienzsteigerung der Universitäten arbeiten, aber nicht auf Kosten der Studierenden. – Aber das ist eine andere Geschichte, ein anderer Bericht, den wir ein anderes Mal diskutieren werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.43

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Mag. Gisela Wurm. Sie hat ihre Redezeit auf 4 Minuten beschränkt. – Bitte.

19.43

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es war heute schon sehr oft von den berufstätigen Studenten die Rede, und ich bin sehr froh darüber, denn das ist nicht selbstverständlich. Es war vor zwei, drei, vier Jahren noch kein Thema, auch nicht hier. Und wenn ich es auf der Universität gehört habe, dann war es in einem anderen Zusammenhang. Ich erinnere mich wirklich noch mit Grauen – ich habe es hier schon einmal gesagt – an eine Orientierungsveranstaltung an der Universität Innsbruck, als man mir als junge oder mitteljunge Frau, weil ich ja diesen zweiten


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