Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 65. Sitzung / Seite 29

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wesen ist jenes, das wir uns wegen der Kostenexplosion nicht mehr leisten können. Das heißt, die Weichenstellung lautet: Entweder übernimmt der Einzelne finanzielles Kleinrisiko, damit die Solidargemeinschaft die finanziellen Großrisken abdeckt – Sie wissen alle nur zu gut, dass die medizinischen Leistungen immer mehr, immer teurer, immer besser werden –, oder es erfolgt die Freigabe des Weges zur Zwei-Klassen-Medizin.

Das wollen wir aber nicht! Wir wollen keine Zwei-Klassen-Medizin, aber wir sind so ehrlich zu sagen: Wenn du die Zwei-Klassen-Medizin nicht haben willst, wenn du haben willst, dass die Versicherung, die Solidargemeinschaft die großen finanziellen Risken abdeckt, egal ob Nierentransplantationen oder Herzklappenoperationen, dann musst du bereit sein, finanzielle Kleinrisken zu übernehmen! – Etwas, was wir übrigens seit vielen, vielen Jahren haben: Bauernversicherung, Beamtenversicherung, Eisenbahner, Gewerbetreibende, Rezeptgebühr, Krankenscheingebühr. Das ist genau der Weg, um eine Zwei-Klassen-Medizin zu verhindern: Kleine finanzielle Risken werden vom Einzelnen übernommen!

Meine Damen und Herren! Natürlich brauchen wir dazu eine humane Grundeinstellung, soziale Verantwortung. Aber wie kann die soziale Verantwortung größer sein als dadurch, dass man eine Regelung beschließt, mit der mehr als 50 Prozent ausgenommen sind? Seien Sie auch so ehrlich zuzugeben, meine Damen und Herren: All die Schwierigkeiten in der Administration wären mit einem Schlag beseitigt, wenn die Regierungsparteien gesagt hätten: Da fahren wir drüber, das gilt für alle. Dann hätten wir überhaupt kein Abgrenzungsproblem, keine Bürokratie, überhaupt keine Sorgen. Aber weil wir eben aus unserer sozialen Verantwortung heraus gesagt haben, wir wollen die Rezeptgebühren-Befreiten ausnehmen, wir wollen die Kinder ausnehmen, wir wollen die Schwangeren ausnehmen, wir wollen die Dialysepatienten ausnehmen, wir wollen die Chemotherapiepatienten ausnehmen, wir wollen Patienten bei Überweisung in andere Fachambulanzen ausnehmen – also eine Fülle von Ausnahmen –, ist die Administration natürlich schwieriger, als wenn man über alle drüberfahren und sagen würde: Jeder muss zahlen!

Meine Damen und Herren! Nehmen Sie zur Kenntnis: Wenn man den Mut zur Wahrheit hat, wenn man die Gesamtverantwortung für das Gesundheitswesen trägt, so wie diese beiden Regierungsparteien dies tun, und wenn man sich dann der Verlockung enthält, politisches Kleingeld daraus zu schlagen und den Menschen Sand in die Augen zu streuen, dann muss man erkennen, dass das der richtige Weg ist: Finanzielle Kleinrisiken soll der Einzelne tragen, damit die finanziellen Großrisiken den Einzelnen nicht überfordern! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.29

2Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Die Uhr ist wunschgemäß auf 10 Minuten eingestellt. – Bitte.

13.30

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Vorbemerkung an Sie, Herr Kollege Pumberger: Sie loben Herrn Finanzstadtrat Rieder als Experten in den Himmel, er sei ja so verdient und renommiert, auch im Ausland, nur weil er sich irgendwann einmal auch für eine entsprechende Gebühr eingesetzt hat. (Abg. Donabauer: Mehrmals! Mehrmals!) Aber andererseits spricht Ihre Fraktion davon, dass gerade das Wiener Krankenhauswesen marod und dringend erneuerungsbedürftig ist. – Das schadet primär nicht Herrn Finanzstadtrat Rieder in seiner Glaubwürdigkeit, sondern Ihrer Glaubwürdigkeit, Herr Abgeordneter Pumberger! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Das muss ich Ihnen schon sagen. Man kann doch nicht hergehen und Herrn Rieder einmal für das und einmal für das Gegenteil als Beispiel zitieren.

Herr Abgeordneter Rasinger! An Ihrem Redebeitrag aufgefallen ist mir die Bemerkung, die Ihnen so "rausgeschlüpft" ist – aber auch das spricht für sich –: "Die Österreicher sind Weltmeister im Im-Spital-Liegen!" (Abg. Binder: Das stimmt!) Herr Abgeordneter Rasinger! Was hat das mit dem, was wir heute verhandeln, zu tun? (Abg. Binder: Es dürfen sich nicht mehr alle leisten!) Was hat das damit zu tun? Nichts! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Unabhängig


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