Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 37

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

dass eine Renationalisierung der Strukturpolitik ein Vorschlag ist, der in die falsche Richtung geht. Wenn Sie in der Europäischen Union diese Meinung, die wir hier vertreten, unterstützen – und ich habe während Ihrer Ausführungen den Eindruck gehabt, das würden Sie tun –, dann bin ich der Meinung, dass wir hier eine gesamtösterreichische Position beziehen können, denn wir sind an der Solidarität in Europa interessiert und nicht an der Renationalisierung dieser wesentlichen Bereiche. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen. )

Was die Frage der Agrarpolitik betrifft, so müssen wir alle gemeinsam zur Kenntnis nehmen, dass die Agrarpolitik der Europäischen Union in den letzten Jahren eine enorme Fehlentwicklung genommen hat. Die zahlreichen Tierskandale, die es gegeben hat, von BSE angefangen, sind letztendlich Ausdruck eines verfehlten Agrarförderungssystems. Die Frage, die sich heute stellt, ist: Wie kommt die europäische Landwirtschaft aus dieser Malaise heraus?

Ich bin der Meinung, dass es für das internationale Auftreten selbstverständlich eine gemeinsame europäische Vorgangsweise geben muss. Aber aus den Vorschlägen, die Kommissar Fischler gemacht hat, dass man eine Korrektur des europäischen Agrarsystems damit herbeiführen kann, dass es stärkere Kofinanzierungsmodelle gibt, womit gerade solche Modelle gestärkt werden können, die wir in Ansätzen in Österreich in der Vergangenheit gehabt haben, ergibt sich die Möglichkeit, dass die Zielsetzung, nämlich Veränderung der europäischen Landwirtschaftspolitik in Richtung stärkere Ökologisierung und stärkere soziale Nachhaltigkeit, erfüllt wird und gleichzeitig ein gemeinsames Auftreten im internationalen Maßstab stattfinden kann. Ich bin aber felsenfest davon überzeugt, dass ein Weiterwursteln in der Agrarpolitik wie bisher nicht imstande sein wird, das Vertrauen der Konsumenten in Europa wieder herzustellen. Wir brauchen einen Neuanfang in der Agrarpolitik Europas, und dazu soll Österreich auch seinen Beitrag leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine dritte Ebene darf nicht unerwähnt bleiben: Europa ist im Zuge einer globalisierten Wirtschaft gefordert, seine politische Handlungsfähigkeit herzustellen. Wenn wir wollen, dass die grundsätzlichen Interessen und Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Europas erfüllt werden, nämlich eine Leistungsgesellschaft zu haben, die mit einem sozialen Gewissen und einer sozialen Solidarität ausgestattet ist, dann kann die Integration der Europäischen Union nicht beim bisher erreichten Punkt stehen bleiben. Das, was im Wirtschaftsbereich, ansatzweise im politischen Bereich stattgefunden hat, muss auf der sozialen und ökologischen Ebene weitergeführt werden. Daher wird ein Europa, das seinen Menschen dient, nur ein Europa sein können, das auch ein sozial und ökologisch integriertes Europa ist, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Vor diesem Hintergrund bin ich der Meinung, dass wir, über enge institutionelle Fragen hinausgehend, einen Zielkatalog für die europäische Integration zu entwickeln haben – einen Zielkatalog, der festschreibt, welche Prioritäten in den nächsten Jahren auf der Tagesordnung stehen. Sie wissen ganz genau, dass es in Vorbereitung des Europäischen Rates am Ende dieses Jahres in Belgien außerordentlich sinnvoll wäre, wenn Österreich eine gemeinsame Position hätte, was die Zukunft der Europäischen Union betrifft. Ich bin der Meinung, wir sollten eine solche Position auf breiter Grundlage hier im Hohen Haus erarbeiten, damit wir auch die Chance haben, die zentralen, wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Interessen in den Vordergrund zu stellen. Wir sind zu dieser Zusammenarbeit im Interesse unseres Landes bereit. (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Kein Wort zur Sicherheit! – Abg. Mag. Schweitzer: Kein Wort zum Vertrag!)

10.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Die Uhr ist auf eine freiwillige Redezeitbeschränkung von12 Minuten gestellt. – Bitte.

10.48

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst einmal für meine Fraktion festhalten: Wir reden lieber über Nizza als über Pilz! – Das ist eine bemerkenswerte


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite