Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 74

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, bei den Ver­handlungen auf nationaler als auch auf EU-Ebene, insbesondere auch während der österreichischen EU-Präsidentschaft

den vorliegenden Vorschlag der Kommission betreffend eine Richtlinie des Euro­päischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt abzu­lehnen und sich für die Vorlage eines neuen Entwurfs von Seiten der Europäischen Kommission einzusetzen;

dafür einzutreten, dass, solange keine Harmonisierung stattgefunden hat, die Rege­lungen des Ziellands gelten müssen und nicht die des Herkunftslandes und dass außerdem das Zielland für die Kontrolle der Dienstleistungserbringer zuständig sein muss;

ein „race to the bottom“ zu den niedrigsten Anforderungen für Dienstleistungserbringer zu verhindern, indem sie für hohe Sozial-, Lohn-, Qualitäts- und Umweltstandards eintreten, die mittels eines Koordinationsprozesses u. a. über Genehmigungsregeln, Anforderungen an Dienstleistungserbringer, die eine Niederlassung gründen wollen, für einzelne Sektoren auf hohen Niveau harmonisiert werden;

sich für die Erstellung eines Vorschlags einer Positivliste mit ausschließlich kom­merziellen Dienstleistungen einzusetzen, damit genau definiert ist, auf welche Bereiche die Dienstleistungsrichtlinie anzuwenden ist. Diese Positivliste darf die Leistungen der Daseinsvorsorge sowie weitere sensible Bereiche wie etwa Gesundheitsdienstleis­tungen und sonstige soziale Dienste, Bildung, Kultur und audiovisuelle Dienste nicht enthalten;

sich für die Erstellung einer EU-weiten Studie einzusetzen, in der die sozialen, recht­lichen, volkswirtschaftlichen, ökologischen, wettbewerbsmäßigen und regionalen Auswirkungen der geplanten Regelungen auf die einzelnen Sektoren in den einzelnen EU-Länder von unabhängigen Forschungsinstituten untersucht werden.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Moser. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.17.22

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren auch vor den Fernsehschirmen! Die vorliegende Dienst­leistungsrichtlinie der EU gefährdet das europäische Sozialmodell, das europäische Wohlfahrtsmodell, das wir Sozialdemokraten uns vorstellen. Und zwar: Europa braucht aus unserer Sicht eine Wirtschaftspolitik, die öffentliche Verantwortung, soziale Sicher­heit, Zusammenhalt und faire Rahmenbedingungen zum Prinzip macht. Diese Dienst­leistungsrichtlinie ist ein neoklassisches Freilandexperiment ohne Sicherheitsnetz. Daher treten wir gegen diese Richtlinie auf. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Warum komme ich zu diesem Schluss? (Abg. Fauland: Ja, das wäre interessant!) Kernstück dieser Richtlinie ist das so ge­nannte Herkunftslandprinzip. Das heißt, für alle erbrachten Dienstleistungen gelten für


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite