Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 79

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ren. Das wäre nicht gleichzusetzen damit, dass wir uns in das Schneckenhaus Öster­reich zurückziehen und sagen: Rundherum soll stattfinden, was will! – Nein! Aber wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass es viele Bedrohungen außerhalb der Euro­päischen Gemeinschaft gibt, die viel, viel entscheidender sind, die viel wichtiger sind.

Wenn ich nur an die Importe aus China im Textilbereich denke: Wir haben die Maschinen aus Europa nach China exportiert und müssen jetzt die billigen Textilien importieren. Da bin ich dafür, dass wir endlich einmal Strafzölle für jene Produkte einführen, die unter Untergrabung der sozialen Standards produziert werden, die unter Untergrabung der Umweltstandards produziert werden, mit denen teilweise auch Kinderarbeit in Verbindung steht. Da ist es entscheidender, Maßnahmen und Regle­mentierungen zu treffen, damit der Europäische Wirtschaftsraum nicht weiter unter Druck gerät und unsere mittelständische Wirtschaft nicht darunter leidet.

Meine Damen und Herren! Das würde ich mir für die Zukunft der Europäischen Union wünschen, dass sie sich mit essentielleren Dingen als mit Reglementierungen auseinander setzt. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Öllinger. Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


12.34.39

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fürchte, wir können noch einige Europatage abhalten, noch viele Europatage. Solange die Politik an dem grundlegenden Problem scheitert beziehungsweise nichts daran ändern will, nämlich doppelgleisig zu fahren, wird sich das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zu dieser österreichischen oder europäischen Politik nicht erhöhen, auch wenn wir viel diskutieren und öffentlich diskutieren. Ich sage Ihnen an zwei Beispielen, warum das so ist.

Da geht Kollege Haupt hier heraus und sagt Dinge zur Dienstleistungsrichtlinie, die im Grunde völlig richtig sind. Aber dann bringt er einen Antrag ein, gemeinsam mit dem Kollegen Neugebauer, der ungefähr das Gegenteil von dem beinhaltet, was er hier als Kritik an der Dienstleistungsrichtlinie vertreten hat. Er spricht für die Tribüne, kritisiert die Dienstleistungsrichtlinie, und wenn es ums Abstimmen geht, dann ist er für die Dienstleistungsrichtlinie.

Zweites Beispiel – und das ist noch viel schlimmer –: Die Gemeinden, die Landtage in Österreich ... (Zwischenruf des Abg. Neugebauer.) Hören Sie gut zu, Herr Kollege Neugebauer! Sie haben nur die Beamten im Kopf, und das ist für diese Frage zu wenig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Neugebauer: Das ist auch für die Arbeitnehmerschaft in Österreich ...!)

Die Gemeinden in Österreich, die Landtage in Österreich, alle sind sie gegen die Dienstleistungsrichtlinie! Ich bin mir sicher: Würden wir hier im Parlament nicht nur reden, sondern auch so abstimmen, wie geredet wird, dann würde das Ergebnis an­ders ausschauen. (Abg. Sburny: Das stimmt!) Alle sind in Österreich gegen diese Dienstleistungsrichtlinie, die Bürgermeister sind dagegen, die Gemeinderäte sind dage­gen. (Abg. Dr. Einem: Sieben Landtage einstimmig!)

Aber Sie, Herr Bundesminister Bartenstein, sagen, das alles zählt nichts, weil es der Minister viel, viel besser weiß! Er ist der Einzige, der es weiß, und darum wird er in Brüssel nicht nur für die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie stimmen, sondern er war immer auch – und er hat daraus, das muss man ihm als Person ja zugute halten, auch kein Hehl gemacht – einer der Schärfsten. Es kann bei der Dienstleistungs-


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