Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 135. Sitzung / Seite 242

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vortäuschen, um es pflegen zu können, weil das Pflegeurlaubsgesetz beziehungsweise das Urlaubsgesetz in diesem Fall für ihn keine Pflege vorsieht.

Meine Damen und Herren, es geht auch anders: Zwei Eheleute leben sich auseinan­der – das ist schon alltäglich in Österreich –, und es kommt zur Scheidung. Einver­nehmlich einigt man sich auf die gemeinsame Obsorge des Kindes. Im realen Leben klappt das wunderbar, das Kind lebt abwechselnd beim Vater oder bei der Mutter, es nimmt mit allen Schwierigkeiten Teil am Leben beider Elternteile. Gemeldet ist es bei der Mutter – den Eltern erscheint dies als Formalakt, doch dass es mehr ist als nur das, bemerken die beiden erst in einer Notsituation: Ihr Kind erkrankt schwer. Der Mutter ist es unmöglich, ihr Kind in dieser schlimmen Situation zu begleiten, dem Vater ist die Pflege untersagt, denn er lebt ja formell gesehen von der Familie getrennt, und das Gesetz sieht ja einen gemeinsamen Haushalt vor, daher kann er sein Kind nicht pflegen. (Abg. Steibl: Über was reden Sie eigentlich? Ihr habt dagegen gestimmt! Das ist sagenhaft!)

Meine Damen und Herren! Diese Beispiele sind keine theoretischen Spielereien. Für rund 350 000 Familien in Österreich, die nicht dem klassischen Vater-Mutter-Kind-Schema entsprechen, sind diese Tatsachen, wenn es hart auf hart kommt, traurige Realität. Für sie ist das Recht auf Pflegefreistellung von bis zu zwei Wochen pro Jahr nur eine theoretische Spielerei. Auch wenn es die Möglichkeit zur Betreuung von schwersterkrankten Kindern gibt, so bleibt sie für sie bis dato doch ein unerfüllbarer Wunsch. (Abg. Steibl: Und wie erklären Sie, dass die SPÖ dagegen gestimmt hat?)

Wir haben erst Ende 2005 mit einem Antrag von Ihnen eine Änderung in Sachen Begleitung von schwersterkrankten Kindern durchgeführt. Wir haben damals die LebenspartnerIn und die Stiefkinder mit hineingenommen. Ich frage Sie: Warum waren Sie damals zu keiner größeren Korrektur bereit? (Zwischenruf bei der ÖVP.) Warum wollen Sie den Vätern und Müttern keine Chance zur Pflege geben, wenn sie nach der Scheidung nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit ihren Kindern leben?

Meine Damen und Herren! Unser Antrag zielt darauf ab, diese Benachteiligung zu beenden. Unser Vorschlag zur Veränderung ist an und für sich ein kleiner Vorschlag, doch mit dieser Veränderung können wir Großes erreichen. Zur Beseitigung von Unge­rechtigkeiten und vor allem zur Entfernung einer ungerechten Strafe für die Kinder, die für gewöhnlich am allerwenigsten Schuld an dieser Familiensituation tragen, bitte ich Sie, an diesem Vorhaben mitzuarbeiten und in den Ausschüssen positiv für diesen Änderungsantrag zum Gesetz zu stimmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Warum habt ihr es im Bundesrat abgelehnt?)

22.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete Franz spricht als Nächste. 4 Minuten Redezeit. Restredezeit der Fraktion: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


22.03.53

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Der Antrag auf Änderung des Urlaubsgesetzes und des Arbeits­vertrags­rechts-Anpassungsgesetzes unserer SPÖ-Kolleginnen und -Kollegen wird nun debat­tiert. Ich möchte vorab schon darauf verweisen, dass gerade wir in dieser Bundes­regierung enorme sozialpolitische Verbesserungen erarbeitet und auch umgesetzt haben. Eine davon ist die Änderung der Familienhospizkarenz. Sie bringt eine Verlän­gerung der Inanspruchnahme von sechs auf neun Monate für die Pflege schwerst­kranker Kinder, von Wahl-, Pflege- und Stiefkindern. Für die Sterbebegleitung ist kein gemeinsamer Haushalt erforderlich. Während dieser Zeit sind die Arbeitnehmerinnen


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