Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 140. Sitzung / Seite 172

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Der Verfassungsgerichtshof darf nicht vom Schiedsrichter zum Mitspieler in der Tages­politik mutieren. Es ist ein echtes Problem, wenn sich der Verfassungsgerichtshof vom Hüter der Verfassung zum Oberlehrer entwickelt. – Zitatende. Das heißt: Es herrschen anscheinend auch dehnbare Auffassungen darüber, wo und wie der Verfassungsge­richtshof eingreifen kann und soll.

Oder zum Beispiel Ernst Strasser, erfolgreicher Minister aus der ÖVP-Zeit, der im Jah­re 2004 wortwörtlich gesagt hat:

Nicht alles, was der Verfassungsgerichtshof als Recht spricht, ist automatisch auch richtig. – Zitatende.

Das heißt: Wir müssen uns schon dazu bekennen, dass der Verfassungsgerichtshof hier eine Regelung aufgehoben hat, egal ob zu Recht oder zu Unrecht, ob mit Berechti­gung oder ohne Berechtigung oder ob er das im Interesse einiger weniger oder vieler gemacht hat. Es ist aber nicht seine Aufgabe, danach dafür zu sorgen, dass das auch umgesetzt wird. Das ist unsere Aufgabe. Trauen wir uns drüber! Machen wir im Par­lament ein Gesetz! Beschließen wir ein Gesetz mit Verfassungsmehrheit! Damit wäre der Friede im Land gesichert.

Über die Höhe der Prozentsätze können wir verhandeln. (Abg. Öllinger: Aha! Wie im Basar!) Nein, nicht wie im Basar. Herr Kollege Öllinger, Sie wissen genau: Zwischen 10 und 25 Prozent sind machbar. 25 Prozent ist 1996 beschlossen worden, das ist aufge­hoben worden. Wir können über alle Varianten diskutieren. Das ist gut und recht so. Und mit unserer Volksbefragung, die wir jetzt in Kärnten andenken, wollen wir versu­chen, unter Einbindung der Bevölkerung und unter Einbindung der Betroffenen einen Konsens herbeizuführen, den sich alle führenden Politiker im Land wünschen. Jeder, vom Bundespräsidenten bis zum Landeshauptmann, sagt: Nur im Konsens mit der Bevölkerung! Wir stellen hier klarerweise nicht die Frage: Wollen Sie Ortstafeln oder nicht?, sondern die Frage (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) – ich komme zum Schlusssatz, Frau Präsident – ist: Wo finden wir uns bei den Prozenten, um wieder ein vernünftiges Minderheitengesetz für die Ortstafeln auf die Beine zu stel­len, für das es dann hoffentlich im Parlament eine Zweidrittelmehrheit geben wird? (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Öllin­ger zu Wort. Auch für Sie gilt: 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.42.55

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Kollege Scheuch! (Abg. Scheibner: Der Kärntner Öllinger!) Das ist jetzt vielleicht an die falsche Adresse gerichtet, aber wissen Sie, dass ich in dieser Situation für das eigentlich Traurige halte, dass Sie sagen: Mit dem Abgehen von der 25-Prozent-Lösung ist der Konsens verlassen worden. Das haben Sie so gesagt. Und ich meine, Sie stehen auch dazu, denn sonst hätten Sie hier nicht angeboten, dass wir ohnehin über alles zwischen 10 und 25 Prozent verhandeln könnten. Das steht aber nicht zur Verhandlung! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Doch!) Es handelt sich auch dann, wenn es Ihnen, und selbst dann, wenn es mir nicht passen würde, um einen Spruch des VfGH, der umzusetzen ist. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was steht denn da drinnen?) Es ist ein Staatsvertrag, der zwar keine konkrete Rege­lung beinhaltet, aber der VfGH hat sie richtigerweise interpretiert, und das ist umzuset­zen – und nichts anderes, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das stimmt doch nicht!)

Das ist nicht verhandelbar. Der VfGH ist von Ihnen kritisierbar, von mir kritisierbar, und wir werden einander wahrscheinlich irgendwo darin treffen, dass wir – der eine in dem


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