Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 28. Sitzung / Seite 105

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haben, wenn Sie einmal bereit gewesen wären, einer Valorisierung zuzustimmen! Das haben Sie nicht getan. Ich erwarte mir jetzt von Ihnen, dass Sie das Behinderten-Gleichstellungsgesetz, das von den betroffenen Experten jetzt in Zusammenarbeit mit dem Verfassungsdienst erarbeitet wird, mit uns hier im Parlament verabschieden und dass Behinderten-Gleichstellung bedeutet, dass für behinderte Menschen gleiches Recht gilt wie für nichtbehinderte Menschen.

Behindertengleichstellung ist kein sozialer Akt, sondern ein Menschenrecht! Dieses Menschenrecht muss, sage ich jetzt, heuer auch für Österreich beschlossen werden, denn wir dürfen keine U-Boote mehr sein, und wir müssen einklagbare Rechte erhal­ten – und zwar überall! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich könnte Ihnen auch noch schnell einige Beispiele für Alltagsdiskriminierung aufzäh­len, aber ich glaube, es geht darum, dass endlich einmal im Parlament die Bereitschaft gegeben sein muss, dass die Abgeordneten ein von den Betroffenen und von den Experten ausgearbeitetes Gesetz beschließen. Das ist das Ziel, das wir in Österreich erreichen müssen.

Sie, meine Damen und Herren, sind aufgefordert, auch in Ihren Ländern bereits kund­zutun, dass es ein Bundes-Behinderten-Gleichstellungsgesetz geben wird, denn auch die Länder sind dann gefordert, ihre Aufgaben rasch zu erledigen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ und ÖVP.)

14.26

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Grander. – Bitte.

 


14.26

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu den Anmerkungen von Frau Mag. Lapp bezüglich der blinden Richterin möchte ich nur Folgendes mitteilen: Wie mir meine Kollegin Elisabeth Scheucher-Pichler berichtet, ist diese blinde Richterin inzwischen am Jugendamt in Klagenfurt beschäftigt. Es gibt also sehr wohl Menschen, die diesen Menschen eine Chance geben und sie anstellen.

Die gesellschaftspolitische Situation behinderter Menschen hat sich in Österreich in den letzten Jahren sehr geändert. Vorurteile und gegenseitige Ressentiments konnten reduziert werden, und behinderte Menschen sind auch im Alltag und auf der Straße von „unsichtbaren Bürgern“ zu sichtbaren Mitmenschen geworden.

In der Behindertenpolitik kam es in den letzten Jahrzehnten zu einem Paradigmen­wechsel: Weg vom behinderten Menschen als Objekt der Fürsorge hin zu einer selbst­bestimmten Behindertenbewegung – das ist etwas, was für meine Begriffe sehr wichtig ist –, weg von der wohlgemeinten Entmündigung hin zum gleichberechtigten Miteinan­der, weg vom Aussondern und Verstecken hin zur Integration in allen gesellschaft­lichen Bereichen und zur Präsenz im öffentlichen Raum, weg von kontraproduktiven Schutzbestimmungen hin zu Gleichstellung und Menschenrechten.

Dies stellt die Politik, die von behinderten Menschen und für behinderte Menschen ge­macht wird, vor neue Aufgaben. Behinderte Menschen sind Expertinnen und Experten und sollen als solche auch in der Politik und durch die Politik ihre Lebensbedingungen mitgestalten, wie es auch meine Vorrednerin, Frau Haidlmayr, bereits eingefordert hat. Viele ehemalige Schutzbestimmungen für behinderte Menschen werden heute von den Betroffenen selbst als diskriminierend empfunden. So darf etwa ein blinder Mensch, auch wenn er juristisch gebildet ist, keinen Vertrag alleine rechtsgültig unterschreiben.

Anlässlich des Europäischen Jahres der Menschen mit Behinderungen hat die österrei­chische Bundesregierung ein umfassendes Maßnahmenpaket mit den Schwerpunkten


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