Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 48

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gestaltet, jeder kann – bis jetzt! – zu Gericht gehen. Ich möchte Ihnen das an einem Beispiel im Zusammenhang mit Betriebskosten klar darlegen:

Ein Mietvertrag wird unterschrieben, die Mietzinshöhe ist mit 7 € vorgeschrieben, der Mieter meint, es sollten nur 4,5 € sein, geht zu Gericht und beantragt ganz einfach: 4,5 € sollte die Miete sein! Das Gericht kommt nach längerem Nachdenken und nach Abwägung der Sachlage zu der Lösung, dass 5,55 € als rechtmäßige Miete anzusehen sind. – Das heißt, es ist doch so, dass der Mieter in diesem Gerichtsverfahren zwar Recht bekommen hat, aber nicht überwiegend obsiegt hat. Er hat nur zur Hälfte ge­wonnen und muss daher auch die Hälfte der Prozesskosten tragen.

Und genau das ist das Problem: dass es bei solch einem Verfahren nie einen hun­dertprozentigen Sieg gibt. Dieses mietrechtliche Verfahren führt immer nur zu einer Lösung der Probleme.

Dem Mieter wird jetzt im neuen Außerstreitverfahren eine ganz präzise Formulierung abverlangt, mit der er zu Gericht gehen soll. Somit müsste er eigentlich schon vorher ein Gutachten erstellen und genau sagen, wie hoch die Miete sein muss, damit er gewinnt. – Das ist nicht möglich. Es wird auch vom Vermieter beim Mietvertrags­ab­schluss nicht verlangt, dass er schon im Voraus die Miete genau festlegt.

Das heißt, wenn der Mieter keine Kosten riskieren will, müsste er ein Gutachten er­stellen lassen, das bei anderen nicht verlangt wird. Das heißt de facto, dass das Über­prüfungsrecht der Mieter ad absurdum geführt wird. De iure bleibt es natürlich bestehen, aber de facto ist durch diese Einführung der Kostenersatzpflicht eine Unter­minierung des Mieterschutzes gegeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister Böhmdorfer! Für Verbesserungsvorschläge sind Sie an sich nicht sehr empfänglich, im besten Fall – so geschehen im Zusammenhang mit der Stellungnahme des OGH; Kollegin Bures hat ja die Stellungnahme des OGH vorgelesen – sagen Sie: Der OGH kann irren.

In der Debatte im Juni dieses Jahres zum Außerstreitrecht haben Sie die Mieter pau­schal diffamiert. Sie haben gesagt, diesen Asozialen müsse man einen Riegel vor­schieben. – Das ist sehr zynisch und beweist, wie verantwortungslos Sie sich eigentlich gegenüber rechtsuchenden Mietern verhalten.

Zusammenfassend kann man zu dem Gesetzentwurf Folgendes sagen: Freuen wer­den sich die Vermieter und Hausverwalter, denn diese haben ein ungleich gerin­geres Risiko als die Mieter. Es wird zu weniger Prozessen kommen. Freuen werden sich auch die Rechtsanwälte, denn diese werden viel mehr Fälle zu vertreten haben. Für die Mieter und die Wohnungseigentümer hingegen ist es ein sehr schwarzer Tag, und das sind immerhin fast 4,5 Millionen Menschen. Mit dem heutigen Tag wird, wenn dieser Gesetzentwurf beschlossen wird, der Mieterschutz für die Mieter und Woh­nungs­eigentümer zu Grabe getragen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.37

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Bundes­minister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

 


10.37

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Sehr geehrter Herr Präsident! Es sollte in der heutigen Diskussion nicht untergehen, dass es sich bei dem Außerstreitverfahren wirklich um einen großen Wurf handelt. Ich sage in einem Atemzug dazu, dass das nicht in den letzten Jahren gemacht wurde, dass es aber in den letzten Jahren vollendet wurde.

 


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