Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 105

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überhaupt noch nie gegeben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das glaubst ja selber nicht!)

Ich sage nur eines: Dieser Regierung ist das Augenmaß verloren gegangen, und des­wegen vertreten Sie auch schon lange nicht mehr die Mehrheit der Bevölkerung. Sie werden bald bemerken, dass Sie nicht mehr allzu lange in diesem Geschäft, in der Regierung sein werden. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Die Wiener SPÖ ...!)

16.07

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist als Nächste Frau Abgeordnete Mag. Becher gemeldet. 5 Minuten Wunschredezeit. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


16.07

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Hearing hat bei mir einen sehr bitteren Nachgeschmack hinterlassen, denn es erinnerte mich fatal an eine Pro-forma-Eignungsprüfung bei einem Vorstadt­stegreiftheater: Zwar werden die sieben als Hauptdarsteller in Frage kommenden Per­sonen von der Jury auf Herz und Nieren geprüft, aber das Ergebnis steht von Anfang an fest. (Abg. Dr. Mitterlehner: Das haben wir heute schon ein paar Mal gehört! Kommt etwas Neues?) Die Hauptrolle erhält genau derjenige, der als einziger bei die­ser Eignungsprüfung in zwei Kriterien nicht entsprochen hat, zwei Kriterien nicht erfül­len konnte.

Die Rolle wird ihm durch Absprachen zugespielt, und mehr als die Hälfte der Jurymit­glieder beteiligt sich an dieser Farce. Das Problem ist dabei offensichtlich: Die Macht­politik der ohnehin nur provisorischen Theaterleitung wirkt sich negativ auf die Qualität des Theaters aus, und ich frage mich, wie schlecht es um den Zustand der Regie­rungskoalition bestellt sein muss, wenn beide Regierungsparteien eine derartige Posse wie bei der Kür des FPÖ-Klubdirektors Dr. Moser zum designierten Rechnungshofprä­sidenten nötig haben.

Dazu schreibt auch die „Presse“ – es wurde ja heute schon aus Zeitungen zitiert, und die „Presse“ ist wahrlich keine der SPÖ nahe stehende Zeitung – am 24. Juni: „Sechs weitere Kandidaten,“ – für das Amt des Rechnungshofpräsidenten – „die sich am Mitt­woch dem Hearing“ – im Hauptausschuss – „stellten, wurden zu Marionetten degra­diert.“ (Abg. Neudeck: Haben Sie keine spannendere Geschichte? Das ist mühsam!) – Hören Sie mir zu, Herr Kollege Neudeck! Ich habe Ihnen ja auch zugehört. (Abg. Neu­deck: Das war aber nicht so mühsam!) – Das wollen Sie natürlich nicht gerne hören, das ist unangenehm für Sie. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Sehen Sie, jetzt habe ich Ihnen zu einem Applaus verholfen!)

Ich zitiere weiter: „Dass die Koalition auf Nicht-Öffentlichkeit beharrte, verstärkt den (zutreffenden) Eindruck, dass das Ganze zwischen ÖVP und FPÖ längst ausgemachte Sache war. Die Kanzlerpartei ist derzeit bemüht, den Freiheitlichen entgegenzukom­men, um die Regierungskrise nicht zu verschärfen, nimmt dafür aber eine schiefe Optik in Kauf.“

Diese offensichtliche Absprache über die Vergabe von Posten ohne Rücksicht auf Qualifikation und moralische Integrität ist das einzige, was die Regierung noch zu­sammenhält, denn in allen inhaltlichen Sachfragen ist in der letzten Zeit ohnehin nichts weitergegangen.

Der Präsidentenposten wurde der FPÖ – um es bildhaft zu formulieren – als Beruhi­gungspille verabreicht, und das ist auch die letzte Möglichkeit der FPÖ, ihre Leute in wichtigen Funktionen unterzubringen. Die ÖVP trägt die Verantwortung dafür, dass das Amt des Rechnungshofpräsidenten zu einem Spielball innerkoalitionärer Absprachen


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