Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 218

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Eine zweite Bemerkung noch, Frau Ministerin, zu der mehr als aktuellen Frage der Pro­teste der RichterInnen und StaatsanwältInnen, die sich ja im Protesttag ausgedrückt haben. Im Mittelpunkt ist dort die Sorge um den Rechtsstaat, um das Funktionieren des Rechtsstaates gestanden. Bei Ihnen gehe ich davon aus, aber ein Großteil der Kolleginnen und Kollegen hier wird wohl auch sagen: Ein Rechtsstaat, den man sich nicht leisten will, ist sehr schnell kein Rechtsstaat mehr, ist nicht mehr das, was wir hoffentlich alle gemeinsam wollen.

Das war der Tenor – so habe ich es aufgefasst – der RichterInnen und Staats­anwältInnen, die ihrem Protest Ausdruck gegeben haben. Vor etwa einem halben Jahr – es ist noch nicht lange her! – haben wir hier die Vorverfahrensreform be­schlossen. Dort gibt es ganz klare und eindeutige Vorgaben. Die Sorge, dass man dem, was der Gesetzgeber will, auf Grund von Personalknappheit oder von fehlenden Ressourcen – nicht nur personell betrachtet – nicht wird gerecht werden können und damit eine Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit in Kauf nimmt, ist wirklich ernst zu nehmen, Frau Bundesministerin!

Österreichs RichterInnenschaft ist nicht gerade der Hort von – wie soll ich das jetzt nennen? – Linksliberalität oder von lauter versammelten Gruppen von Grünen und Sozialdemokraten, sondern sie sind im wahrsten Sinn des Wortes eine wohl aus­gewählte – in dem Fall – Elite der österreichischen Bevölkerung, die ich eher in der anderen Richtung angesiedelt sehen würde. Das sind besonnene Menschen, die lange nachdenken, bevor sie zu solchen Mitteln greifen – und die vertrauen Ihnen, Frau Ministerin!

Sie vertrauen auf Ihre Durchsetzungskraft, Frau Ministerin, und sie vertrauen auch auf so etwas wie einen allgemein positiven Zugang und eine Lösungskompetenz, die nicht vom Schielen auf Schlagzeilen in kleinformatigen Medien beseelt ist, sondern von der Nützlichkeit sachorientierter Lösungen.

Ich hoffe auch auf Sie, damit – da waren Sie noch nicht da – die Frauen, die in Positionen sind, dann auch tatsächlich beweisen, dass sie es können. Das wünsche ich Ihnen rein persönlich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.17

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dr. Böhmdorfer. Er wünscht eine Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

 


21.17

Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das, was Herr Kollege Jarolim gesagt hat, könnte sich für eine entsprechende Beantwortung mit der Polemik eignen, sodass man die Gelegenheit dazu verwendet, Ihnen, Herr Kollege, einmal deutlich zu sagen, was da dahinter steckt.

Ich möchte es ganz kurz machen: Das, was Sie, Herr Kollege Jarolim, hier gesagt haben, ist an Peinlichkeit nicht überbietbar und gibt einen Geschmack davon, wie in Ihren Reihen Personalentscheidungen gefällt würden. Gott sei Dank sind wir weit davon entfernt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich habe aus Anlass der heutigen Debatte kurz noch einmal Revue passieren lassen, was der Herr Finanzminister zum Kapitel Justiz gesagt hat, und war eigentlich enttäuscht; das sage ich ganz offen.

Der Herr Finanzminister ist jetzt nicht hier. Ich möchte ihn trotzdem ansprechen; vielleicht richtet es ihm jemand aus. Er hat die Budgetrede auf 27 Seiten zusam­mengefasst. Auf diesen 27 Seiten kommt die Justiz mit vier Zeilen vor, unter anderem


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