Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 131

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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mandak. 8 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.14

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Kollegin Rossmann! Ihnen ist es jetzt innerhalb einer halben Minute gelungen, sämtliche statistische Tatsachen auszuhebeln. Die PISA-Studie ist selbstverständlich eine repräsentative Studie. Rückmeldungen bei den Tests gab es im Ausmaß von 4 500. Wenn man regionale Auswertungen machen wollte, die statistisch halten, dann wäre eine Umfragegröße von 15 000 Fragebögen notwendig. Aber die PISA-Studie ist selbstverständlich gesichert, daran gibt es nichts zu rütteln.

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit sehr herzlich bei der Autorin und dem Autor der PISA-Studie Österreich bedanken, bei Herrn DDr. Haider und bei Frau Dr. Reiter, die nicht nur eine sehr übersichtliche, eine gut lesbare Studie zusammengestellt ha­ben, sondern auch gezeigt haben, dass es sehr wohl möglich ist, solche Unterlagen in geschlechtsgerechter Sprache zu formulieren. Ich bitte die Mitglieder der Bundesregie­rung, sich daran ein Beispiel zu nehmen. Es ist möglich, bitte machen Sie es auch so! Das geht auch bei komplizierteren Zusammenhängen sehr gut.

Heute im „Standard“ ist Herr Landeshauptmann Pühringer zitiert worden, der auf die Frage, ob Ministerin Gehrer ein Nichtgenügend bekommen sollte, geantwortet hat, das sei ein „absoluter Unsinn, denn wenn der Strom ausfällt, ist auch nicht der Infrastruk­turminister zuständig.“ – Das sehe ich anders. Wenn in einem Viertel der Haushalte drei Jahre lang kein Strom zum Beispiel zum Lesen da ist, kein Strom zum Kochen da ist, dann ist natürlich der Infrastrukturminister dafür zuständig und nicht irgendjemand.

Wenn Ihre Antwort, Frau Ministerin, auf die PISA-Studie jene ist, dass man jetzt alles sehr unaufgeregt diskutieren soll, dann frage ich mich, weshalb ich mich nicht aufregen soll, wenn ein Viertel der Jugendlichen, die von der Schule abgehen beziehungsweise schon vorher aus dem Schulsystem gefallen sind, nicht sinnerfassend lesen kann. Wenn Sie das nicht aufregt – mich regt das auf! Gott sei Dank regt mich das auf, und ich hoffe, es wird mich noch lange aufregen. Nur so können wir den nächsten Schritt setzen, damit sich etwas verbessert. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Kollege Amon hat uns unterstellt, wir hätten Schadenfreude an den Ergebnissen der PISA-Studie. Wir, Kollege Amon, haben keine Freude daran, wenn unsere Kinder Schaden erleiden, wirklich nicht, aber Sie nehmen das offenbar nicht ernst. Sie neh­men diese Ergebnisse nicht ernst, wenn ich an die Antwort der Ministerin denke: Die Kinder, die jetzt getestet worden sind, haben ja schon vor so vielen Jahren Lesen ge­lernt. Dafür sei sie nicht verantwortlich. – Sie waren damals schon Ministerin!

Wir wissen seit drei Jahren von diesem Mangel. In diesen drei Jahren hätte man natür­lich auch bei den schon Älteren etwas tun können, damit sich die Lesekompetenz ver­bessert. Es ist ja nicht so, dass diese Schülerinnen und Schüler lernunfähig sind. Aber Sie haben nichts getan, und deshalb sind diese Fehlleistungen und diese Mängel in noch verstärktem Ausmaß zutage getreten. Das ist Ihre Schuld, Frau Ministerin! Da können Sie nicht sagen, das sei Jahrzehnte her, dafür können Sie keine Verantwortung übernehmen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Was mir auffällt bei dieser PISA-Diskussion, das ist, dass man zwar methodisch-didaktische Fragen diskutieren kann, ja, das ist in Ordnung, dass man die Lehrerinnen und Lehrer und die Eltern verantwortlich macht, ja, dass man aber keine politische Verantwortung dafür übernimmt und dass man auch keine strukturellen Fragen stellen darf. Das ist schon wieder nicht erlaubt. Sie selbst, Frau Ministerin, haben in Ihrer An­fragebeantwortung gesagt: Unser Schulsystem werden wir weiterführen!

 


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