Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll31. Sitzung / Seite 125

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... demokratischer Prozess!) – Es ist ein demokratischer Prozess, zu sagen: Die Behinderten dürfen nicht an die Schule kommen!? Diese Form von Demokratie würde ich mir in Österreich gerne ersparen, weil es auch Rechte gibt, die als Minderheiten­rechte gesehen werden müssen, wo die Mehrheit sicherstellen muss, dass auch Minderheiten die Möglichkeit haben, zu ihren Rechten zu kommen. Und genau das ist ja das Problem, das wir hier haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist genau die Befürchtung, die ich habe, nämlich dass es dann heißen kann: Ja, aber in einem entsprechenden Umkreis, innerhalb einer adäquaten Entfernung gibt es diese Möglichkeit nicht!, und damit stirbt es in der Praxis – und das kann mit Sicherheit nicht das Ende des Prozesses sein.

Also: Das Aufmachen über Schulversuche ist schon okay, nur werden wir jetzt in der Praxis sehr genau beobachten müssen, ob es funktioniert oder ob es einzelne Fälle gibt – und das reicht dann eigentlich dafür –, wo diese Integration nicht stattfinden kann, weil sich die Institution einfach weigert. Und wenn das der Fall ist, hoffe ich sehr auf die Kollegen Huainigg und Niederwieser, dass sie dann sagen, das ist nicht ausreichend, und der nächste Schritt muss eine gesetzliche Verankerung sein.

In diesem Sinne werden wir heute zustimmen. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, es erfolgt in einem wichtigen Bereich die Übernahme in einen gesetzlichen Status, aber es ist sicher nicht der letzte Schritt dieser Entwicklung. Es muss auch eine, wie immer sie ausformuliert ist – das ist ein anderes Kapitel –, gesetzliche Verankerung geben, wie das an den mittleren und höheren Schulen möglich sein soll und dass es auch dort einen Anspruch auf Integration gibt. (Beifall bei den Grünen.)

12.37


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofer. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.37.56

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Wir müssen uns die Frage stellen: Was heißt es, behindert zu sein? – Aus der Sicht des Elefanten mag der Ameisenbär behindert sein, weil sein Rüssel so kurz ist. Aus der Sicht der Biene mag die Wespe behindert sein, weil sie keinen Wider­haken hat. Aus der Sicht des Pudels mag der Dackel behindert sein, weil er so kurze Beine hat. – Jeder von uns hier ist ein bisschen anders, jeder von uns ist auch ein bisschen behindert; ich mehr als die meisten von Ihnen, aber jeder ist ein bisschen anders.

Es ist daher ein großer Schritt, dass wir heute diesen Antrag beschließen können. Dieter Brosz hat gesagt, man könnte noch weiter gehen – das ist richtig, aber jetzt auch die Möglichkeit für Schulversuche an höheren Schulen zu eröffnen, das ist ein guter Schritt, denn wer von Ihnen mit Behinderten Umgang hat, auch mit geistig Behinderten, weiß, dass diese Menschen oft ganz besondere Fertigkeiten und Kennt­nisse haben, dass sie Fähigkeiten entwickeln, die uns verwehrt bleiben.

Bisher gab es zwei Möglichkeiten für den sonderpädagogischen Förderbedarf, nämlich die neunjährige Sonderschule oder ein Modell, das integrativ geführt wurde. Und genau dieses integrative Modell ist das bessere Modell. Bisher konnte man über die 8. Schulstufe hinaus dieses Modell nur im Rahmen von Schulversuchen umsetzen, jetzt soll es flächendeckend umgesetzt werden.

In meiner Heimatgemeinde gibt es einen geistig behinderten Menschen, der, wie ich schätze, etwas über 60, etwa 65 Jahre alt sein wird. Mir ist aufgefallen, dass er immer völlig allein auf einer Gartenbank vor dem Haus seiner Familie sitzt – und es spricht


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