Gestern hat sich Kurt Eder hier von uns verabschiedet. Frau Präsidentin Prammer und Herr Bundeskanzler Gusenbauer sind hier gesessen und haben fest applaudiert. Sind wir jetzt wirklich besser dran, wenn ein erfahrener Parlamentarier wie er das Handtuch wirft? Ich sage das: Mir wird er fehlen. Er ist von einer anderen Fraktion, aber ich habe immer seine Beiträge in der Sache geschätzt, weil ich gewusst habe, dass sie aus einer tiefen Verantwortung für das Haus, für die Gesellschaft, für die Politik kommen und im Wissen, was in der Wirtschaft vorgeht. Ich sage Ihnen ganz offen – und das spreche ich hier auch offen aus, auch wenn es nicht populär sein mag –: Manche Journalisten jagen im Moment Abgeordnete dieses Hauses mit Druck, mit Erpressung, dass sie ihre privaten Bezüge offenlegen sollen. Ich halte das nicht für richtig, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)
Wer das tut, der soll sich auch nicht wundern, dass er dann am Ende eine Volksvertretung hat, die zwar frei gewählt ist, aber nicht mehr alle Schichten des Volkes vertritt.
Daher stehe ich dazu, dass manche Dinge, die sich der eine oder der andere gewünscht hat, nicht in dieser Verfassungsnovelle enthalten sind. – Es lebe das Hohe Haus! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)
10.30
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.
10.30
Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem Klubobmann Schüssel soeben seine Rede mit den Worten „Es lebe das Hohe Haus!“ abgeschlossen hat, kann ich mit diesem Thema beginnen.
Das Hohe Haus ist im Moment in einem Zustand, in dem es, glaube ich, noch nie gewesen ist. Wir befinden uns in der tiefsten Zeit rot-schwarzer Packelei (lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP), in der tiefsten Phase von Fledderei an der österreichischen Bundesverfassung (Beifall bei den Grünen) und in der tiefsten rot-schwarzen Zeit, in der die Bundesverfassung mit Füßen getreten wird und auch dieses Parlament und seine parlamentarische Arbeit mit Füßen getreten werden. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie wissen es ganz genau, denn seit Tagen sagen es uns die Verfassungsrechtler und richten es uns die Medien aus, dass der Umgang hier im Hohen Haus mit Verfassungsgesetzen beispiellos ist in der Geschichte der Zweiten Republik.
Ich darf Ihnen einen Satz aus dem Regierungsübereinkommen vorlesen, Herr Kollege Schüssel:
„Die beiden Regierungsparteien suchen auf Basis des Regierungsprogramms den Dialog mit allen im Parlament vertretenen Parteien. Dazu gehört auch, dass über deren Vorschläge sachlich und konstruktiv beraten wird ...“
Wann haben Sie das letzte Mal den Dialog mit einem in diesem Haus vertretenen Abgeordneten zu Verfassungsfragen gesucht? – Keine einzige dieser Verfassungsbestimmungen, die wir heute beschließen, hat hier in diesem Haus auch nur einen Beistrich oder ein i-Tüpfelchen, einen i-Punkt geändert bekommen! – Ich werde Ihnen das noch einmal vor Augen führen, zuerst nochmals die Vorgangsweise und dann auch das, was inhaltlich tatsächlich herausgekommen ist.
Gegen lauten und schweren Protest aller betroffenen Gruppen, gegen die Präsidenten der Höchstgerichte, des Verwaltungsgerichtshofes, des Verfassungsgerichtshofes, die
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