Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 176

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„Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, schnellst möglich umfassende wis­senschaftliche Studien in Auftrag zu geben, welche aussagekräftige Erkenntnisse be­treffend Rückfallsquoten und Rückfallswahrscheinlichkeiten im Bereich der Sexual­delikte insbesondere in Bezug auf Kindesmissbrauch, Kindesmisshandlung und Kin­derpornographie erbringen sollen.

Vor diesem Hintergrund wird die Bundesregierung aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die eine Änderung des Bundesgesetzes über die allge­mein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher (SDG) beinhaltet, welche vorsieht, dass kriminalpsychologische und andere in Frage kom­mende Gutachter und Sachverständige im Falle von eklatanten Fehlbeurteilungen des Rückfallrisikos von Sexualstraftätern von der Gerichtssachverständigenliste gestrichen werden können.“

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(Beifall bei der FPÖ. – Abg. Öllinger: Hören Sie auf, das ist unerträglich!)

16.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DI Klement und weiterer Abgeordneter betreffend Erstellung einer Studie betreffend Rückfallquoten und Resozialisierung von Sexualstraftätern

eingebracht im Zuge der Debatte über den Dringlichen Antrag betreffend dringende Verbesserung des Schutzes Minderjähriger vor Gewaltanwendung und Mißbrauch in der 41. Sitzung des Nationalrates am 5. Dezember 2007.

In mehreren Staaten werden Studien betreffend Rückfallsquoten im Bereich des Kin­desmissbrauchs und Sexualstraftäter erstellt. In Österreich ist von einer wissen­schaftlichen Behandlung dieses Themenkreises nichts zu bemerken.

Einige internationale Beispiele:

1. Der Leiter der Berliner Charité Prof. Klaus Michael Beier hat Zahlen einer von ihm durchgeführten Studien veröffentlicht. Demnach liegt die Rückfallquote bei Sexual­straftätern bei 80%. Er kommt zu dem Schluss, dass die Begutachtung von Sexual­straftätern in Deutschland vollkommen unzureichend sei.

„Das Rückfallrisiko für Sexualstraftäter ist extrem hoch. Ich habe hierzu eine große Studie durchgeführt und ehemals verurteilte Sexualstraftäter sehr lange nach der ersten Verurteilung noch einmal untersucht – im Durchschnitt 25 Jahre später“, sagte Beier in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“. Dies beträfe hauptsächlich Männer mit einer „pädophilen Hauptströmung“ – mit anderen Worten: Männer, deren sexuelles Verlangen sich gegen Kinder richtet.

Daneben hält Beier die Begutachtung von justizbekannten Sexualstraftätern in Deutschland für absolut unzureichend. Nur 10-15 % aller Fälle werden überhaupt begutachtet und dann auch noch nach uneinheitlichen, nichtssagenden Kriterien. Es sei den Richtern überlassen, ob sie überhaupt ein Gutachten erstellen lassen. Sexualstraftäter müssten flächendeckend und insgesamt diagnostisch erfasst werden um feststellen zu können, wer gefährlich ist und wer nicht. Diese Begutachtung müsse


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