Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll58. Sitzung / Seite 81

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Unrecht, das ihnen widerfährt, zu sprechen. Denn Schweigen stärkt die Täter und schwächt die Opfer. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Dazu müssen wir alle ein Umfeld schaffen, das Kinder ernst nimmt. Es braucht Menschen, die den Kindern zuhören, Menschen, die den Kindern Vertrauen schenken und vor allem parteilich für die Opfer arbeiten, und es braucht Menschen, die sie vor dem Gewalttäter schützen.

Viel zu oft – und das wissen wir alle – ist die Familie der Tatort, und deshalb bin ich überzeugt, dass wir alle daran arbeiten müssen, dass die Gesellschaft die alltägliche Gewalt in der scheinbar oft heilen Familie genauso verurteilt wie Verbrechen außerhalb der Familie. Diese Gewalt darf unter keinen Umständen verharmlost werden.

Ich bin auch überzeugt, dass Kinder und Frauen in ihrem Selbstwertgefühl gestärkt werden müssen. Und es muss ohne Ächtung der Gesellschaft für Frauen und Kinder möglich sein, aus Gewaltbeziehungen auszusteigen. Das war im Jahre 1977, als dieses schreckliche Verbrechen seinen Ursprung fand, keineswegs gegeben. Behör­den und auch die Gesellschaft waren nicht so sensibilisiert für das Thema „Gewalt an Kindern, Gewalt in der Familie“, wie wir es Gott sei Dank nach vielen Jahren heute eben sind.

Geschätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Viel wurde in den letzten Tagen auch vom Hinschauen gesprochen, und immer wieder schwang auch unterschwellig ein klein wenig mit, dass wir AmstettnerInnen – ich bin eine Amstettnerin – oder überhaupt die ÖsterreicherInnen nur allzu gerne weggeschaut hätten. Geschätzte Damen und Herren, ich frage Sie: Wie hätte man dieses perfide Verbrechen sehen können? Ich bin überzeugt davon, dass alles dazu getan werden muss, dass dieses schreckliche Verbrechen aufgeklärt werden muss. Aber Schuld­zuweisungen an die Amstettnerinnen und Amstettner finde ich nicht fair. Es gibt keinen „Fall Amstetten“. Es gibt einen Fall eines Einzeltäters. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Viele Amstettnerinnen und Amstettner sind betroffen, sind sprachlos, sind traurig und sind wütend. Und auch uns quält die Frage: Warum haben wir das bloß nicht gesehen? Aber es gibt auch eine große Welle der Solidarität mit den Opfern, und es gibt eine große Hilfsbereitschaft. Dafür möchte ich allen Amstettnerinnen und Amstettnern ein herzliches Danke sagen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte auch Herrn Primarius Reiter vom Krankenhaus Amstetten ein Danke sagen, denn seiner Beharrlichkeit war es zu verdanken, dass der Fall ins Rollen gekommen ist. Auch den Polizisten möchte ich danken (Präsident Dr. Spindelegger gibt das Glockenzeichen), denn ihr Einfühlungsvermögen hat es möglich gemacht, dass die Frau über ihr schreckliches Martyrium gesprochen hat. Danke möchte ich auch Herrn Dr. Kepplinger sagen, denn seine Umsicht schützt die Opfer davor, noch­mals Opfer zu werden.

Ich wünsche mir, dass es uns gelingt (Präsident Dr. Spindelegger gibt neuerlich das Glockenzeichen), die Familie auf dem Weg ins Leben bestmöglich zu unterstützen. Die Bereitschaft in Amstetten ist gegeben – und darauf bin ich als Amstettnerin sehr stolz! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.47


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. 5 Minuten. – Bitte.

 


11.47.25

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Wir diskutieren heute über eines der abscheulichsten Verbrechen, die jemals in Österreich bekannt wurden –


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite