Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung / Seite 275

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Meine Damen und Herren, fühlen Sie sich wirklich wohl dabei, wenn Sie hier eine Dis­kussion führen, die in Wirklichkeit etwas in Frage stellt, wofür wir jahrelang gemeinsam gekämpft haben? (Abg. Parnigoni: Sie haben ja gar nicht ...! Dann regen Sie sich auf! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Fühlen Sie sich wirklich wohl dabei, meine Damen und Herren? Fühlen Sie sich wirklich wohl dabei, wenn in diesem Hohen Haus ganz offensichtlich das Geld abgeschafft ist?

Meine Damen und Herren, fühlen Sie sich wirklich wohl dabei, wenn Sie eine Maßnahme beschließen wollen, von der Präsident Küberl sagt, dass sie sozial überhaupt nicht treffsicher ist? Fühlen Sie sich wirklich wohl dabei, wenn Sie heute dafür sorgen, dass das Parlament tatsächlich einen Beitrag zur Politikverdrossenheit leistet? (Abg. Strache: Fühlen Sie sich wirklich wohl dabei, dass Sie 2010 dem Mittelstand 500 € an Entlastung zugestehen wollen? – Weitere Zwischenrufe.) Ist es das, was Sie wirklich wollen? – Ich bitte Sie einfach, darüber nachzudenken. (Beifall bei der ÖVP.)

21.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen zu Wort. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


21.31.01

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Da­men und Herren! Können wir ein bisschen herunterkommen? (Abg. Dr. Stummvoll: Valium! – Weitere Zwischenrufe.) – Ich versuche, für mich persönlich ein kurzes Resü­mee aus diesem Tagesordnungspunkt zu ziehen. Das Wesentliche scheint mir zu sein, dass die Mehrheit des Parlaments einer Scheinlösung, einer rot-blauen Scheinlösung für ein echtes Problem – nämlich: Wie helfen wir den Leuten, mit der Teuerung umzu­gehen? –, nicht zustimmt. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das ist eine Scheinlösung, die gut klingt, die, glaube ich, bei vielen Leuten, die mit der Sachlage nicht vertraut sind, wirklich gut klingt (Abg. Parnigoni: Es werden wohl eher 10 Prozent werden! Von 15 Prozent kann überhaupt keine Rede sein!), die aber nichts bewirkt hätte und sauteuer ist. Sie hätte nichts bewirkt, aber die Leute hätten das erst nach den Wahlen gemerkt. (Abg. Parnigoni: Darum stimmen Sie auch gegen die Preisauszeichnung!) Die Leute hätten das erst nach den Wahlen gemerkt; inzwischen sind die Wahlen vorbei, das opportunistische Kalkül wäre insofern durchaus aufgegan­gen. Aber es tröstet mich, dass offensichtlich selbst in Vorwahlzeiten – und die Wahlen sind am Sonntag – die wirtschaftspolitische Vernunft zumindest bei der Mehrheit die­ses Hauses doch noch eine Chance hat.

Herr Kollege Cap, nur weil jemand anderer Meinung als Sie ist, einer anderen politi­schen Meinung, und weil jemand der Meinung ist, dass diese Maßnahme für die Lö­sung eines echten sozialen Problems völlig ungeeignet ist (Abg. Parnigoni: Welche Lösung haben Sie denn?), deswegen brauchen Sie niemandem soziales Gewissen, christliche Einstellung oder was immer abzusprechen. Ich finde das wirklich tief! (Beifall bei Grünen, ÖVP und BZÖ.)

Ob das den EU-Regeln entsprochen hätte oder nicht, finde ich persönlich relativ ne­bensächlich. Man hätte es machen können, wenn es in Österreich wirtschaftspolitisch und sozialpolitisch Sinn gemacht hätte, und darauf ankommen lassen können, wie der EuGH, der Europäische Gerichtshof, eines Tages bei einem Meinungsunterschied zwi­schen Kommission und Bundesregierung entscheidet. Darüber muss man sich nicht erregen, finde ich.

Aber was mich schon deprimiert – na ja, nicht deprimiert; ich habe schon viel mitge­macht –, was mich irritiert (Abg. Dr. Haimbuchner: Der Sonntag wird schon deprimie-


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