Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 149

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3. in der Öffentlichkeit zu erläutern, dass das kritisierte Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes ist.

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Und das ist ein wesentlicher Unterschied.

Ich ersuche Sie alle, diesem unserem Entschließungsantrag zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abg. Dr. Wolfgang Schüssel, Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Religionsfreiheit und das Urteil des EGMR in der Rechtssache Lautsi vs. Italien vom 3. November 2009 über die Anbringung von Kreuzen in Klassenzimmern

eingebracht in der NR-Sitzung am 19.11.2009 im Zuge der Debatte zum TOP 12 betreffend den Bericht des Außenpolitischen Ausschusses in 436 d.B. über den Außenpolitischen Bericht 2008 der Bundesregierung (III-89 d.B.)

Der außenpolitische Bericht befasst sich unter anderem mit dem internationalen Enga­gement Österreichs in Fragen der Menschenrechte sowie mit aktuellen Entwick­lungen in diesem Zusammenhang. Eines der grundlegenden Menschenrechte ist das Recht auf Religions-, Glaubens- und Gewissenfreiheit.

In Auslegung dieses Rechts hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in der Sache Lautsi vs. Italien am 3.11.2009 ein wenn auch noch nicht rechtskräftiges Urteil gefällt, das europaweite Diskussionen ausgelöst hat. Die dem EGMR-Urteil zugrundeliegende Tendenz des Zurückdrängens des Religiösen beziehungsweise der Präsenz religiöser Symbole aus dem öffentlichen Raum hat breite Kritik ausgelöst.

In Österreich besteht durch das Religionsunterrichtsgesetz und durch das Konkordat mit dem Hl. Stuhl die verfassungsgesetzlich geschützte und völkerrechtlich verankerte Pflicht, in Schulklassen mit einer Mehrheit von SchülerInnen, die einer christlichen Kon­fession angehören, Kreuze anzubringen.

Das Grundrecht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit findet sich in der österreichi­schen Rechtsordnung in Art. 14 Staatsgrundgesetz, Art. 63 Abs. 2 Staatsvertrag von Saint Germain sowie Art. 9 Abs. 1 EMRK. Auch nach herrschender Lehre ist es völlig unbestritten, dass diese Bestimmungen jedermann auch dazu berechtigt, seine Reli­gion oder Weltanschauung einzeln oder in Gemeinschaft, öffentlich oder privat aus­zuüben.

In diesem Zusammenhang sei auf den Vertrag von Lissabon verwiesen, in dem die Europäische Union deutlich macht, dass sie das kulturelle, religiöse und humanistische Erbe Europas respektiert.

Die fortgesetzte Anwendung der vom EGMR im gegenständlichen nicht rechtskräftigen Urteil angewendeten Kriterien könnte zu substanziellen Einschränkungen und zur Aushöhlung des Rechts auf öffentliche Religionsausübung führen. Auch eine scheinbar neutrale Haltung des Staates kann dazu führen, dass Religionen und ihre Symbole im Ergebnis aus dem öffentlichen Raum gedrängt und ihre Anhänger wegen ihrer Zuge-


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