20.32

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir diskutieren das Justiz­budget und wir haben jetzt schon gehört – meines Erachtens etwas sehr dramatisch –, dass die Justiz in einem schlechten Zustand war. Es war vom Tod der Justiz oder von ihrem schleichenden Tod die Rede. Ich halte von derartigen Ausdrücken nichts, weil die Justiz Gott sei Dank immer funktioniert hat – in weiten Bereichen sogar sehr gut –, und daher sollte man das auch in der verbalen Ausformung nicht so weit treiben. Es ist auch nicht immer ein Wert an sich, dass man für irgendetwas mehr Geld ausgibt – wir haben es ja auch nur in beschränktem Ausmaß –, aber natürlich ist es auf der anderen Seite notwendig, dass man die Justiz mit den erforderlichen Mitteln ausstattet, und es ist daher erfreulich, wenn wir hier feststellen können, dass das doch weitgehend der Fall ist.

Wichtig war uns immer, dass es eine finanzielle Ausstattung und personelle Aufstockung im Bereich der Justizanstalten gibt, aber vor allem auch – was immer wieder vergessen wurde, weil dort eine geringere Lobby vorhanden ist – bei den Schreib- und Bürokräften. Das ist jetzt doch zum Teil gewährleistet. Natürlich könnte es immer noch mehr sein, das ist auch klar, aber das ist durchaus positiv.

Zwei Dinge möchte ich aber ansprechen, die mir in diesem Zusammenhang immer wie­der aufstoßen. Das eine ist die Durchlässigkeit der Justiz, das heißt, die Weitergabe von Akten, dass wir ständig aus Akten lesen und dann auch aus Chatprotokollen, aus Din­gen, die in Wirklichkeit rein privat sind, über die man sich dann lustig macht – es wird vielleicht sogar noch im Burgtheater oder sonst wo daraus vorgelesen. Das ist einfach ein Zustand, der abgestellt werden muss, weil er die Privatsphäre der Menschen betrifft und weil es nicht sein kann, dass man einerseits von den Behörden verfolgt wird – was ja völlig korrekt ist und wogegen natürlich niemand etwas haben kann –, aber auf der anderen Seite dann eine Vorverurteilung dadurch passiert, dass man diese Dinge bereits in den Medien liest. Das ist jetzt schon so lange der Fall – seit 20 Jahren in etwa beob­achten wir das jetzt –, und es ist mir völlig unerklärlich, wieso es nicht möglich ist, das abzustellen.

Ich weiß schon, es wird dann immer behauptet, es kommt von Anwälten, die das weiter­geben. Ja, aber Sie haben jetzt, im Rahmen dieser Diskussionen über das Budget, Gott sei Dank auch vorgeschlagen, dass es eine Art elektronisches Wasserzeichen geben wird, sodass man das nachvollziehen kann, denn es kann zumindest nicht sein, dass immer der Vorwurf im Raum stehen bleibt – und es stellt sich ja immer wieder heraus, dass das durchaus glaubwürdig ist –, dass es direkt aus der Justiz kommt. Das, denke ich, Frau Justizminister, müssen Sie abstellen. Ich hoffe, es gelingt Ihnen. Es wäre je­denfalls absolut notwendig.

Ein zweiter Punkt, der auch immer wieder von uns genannt wird, betrifft einen ganz an­deren Bereich, nämlich den der Justizanstalten: dass die Insassen nicht sozialversichert sind. Sie sind zwar arbeitslosenversichert, aber sonst nicht sozialversichert. Das heißt, sie werden wie Privatpatienten behandelt, und es wird auch wie für Privatpatienten be­zahlt, und das kostet enorme Summen, die so nicht notwendig wären. Wir fordern daher Jahr für Jahr – und ich fordere es auch heute wieder –, dass hier endlich einmal eine gesetzliche Regelung getroffen wird, durch die die Insassen von Justizanstalten in die normale Sozialversicherung aufgenommen werden. Es kann ja nicht sein, dass die Justizwachebeamten letztendlich schlechter oder weniger zuvorkommend behandelt werden als die Insassen der Justizanstalten selbst – abgesehen von dem großen finan­ziellen Aufwand. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bringe daher gemeinsam mit Herrn Kollegen Lausch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einbezie­hung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung“

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, welche die Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung vorsieht.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

20.36

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Christian Lausch

und weiterer Abgeordneter

betreffend Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Kranken­versicherung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) (UG - 13 Justiz) in der 129. Sitzung des Nationalrates, am 16. November 2021

Insassen von Justizanstalten sind – sieht man von der Arbeitslosenversicherung für ar­beitende Häftlinge ab – nicht sozialversichert. Die Kosten für ihre ärztliche Betreuung und medizinische Behandlung werden unabhängig von der Arbeitsleistung direkt vom Bund getragen. Ärzte und Krankenanstalten verrechnen dem Bundesministerium für Justiz den Tarif für unversicherte Privatpatienten, der nach Angaben eines hochrangigen Beamten des Ressorts „deutlich über den von den Sozialversicherungsträgern eingeho­benen Beiträgen“ liegt. So kostet etwa „ein Tag als Nichtversicherter im Wiener All­gemeinen Krankenhaus in der allgemeinen Gebührenklasse 1.127 Euro. Für ein 30-mi­nütiges ärztliches Beratungsgespräch würden rund 60 Euro verrechnet.“

(http://derstandard.at/2000043360105/Privatpatient-Haeftling-Steigende-Kosten-fuer-Krankenversorgung).

An dieser massiven Geldverschwendung hat der Rechnungshof schon vor Jahren in seinem Bericht „Kosten der medizinischen Versorgung im Strafvollzug – Bund 2012/3“ deutliche Kritik geübt und Einsparungsmöglichkeiten aufgezeigt. „Die Ausgaben für die medizinische Versorgung von Häftlingen stiegen von 29,34 Mill. EUR (2000) auf 73,76 Mill. EUR (2010). Im Durchschnitt betrugen die Ausgaben pro Häftling 2009 8.418 EUR und waren damit rund dreimal so hoch wie die laufenden öffentlichen Gesundheitsausgaben pro Kopf in Österreich.“, ist weiters dem Bericht zu entnehmen.

Die Gesundheitsausgaben für die Insassen von Justizanstalten steigen trotz des gleich­gebliebenen Gesamtbestandes an Insassen weiterhin ungebremst. Im Jahr 2015 lagen sie bei über 80 Millionen Euro!

In der Anfragebeantwortung 829/AB vom 09.04.2020 der Bundesministerin Dr. Zadic´ werden die Kosten wie folgt aufgelistet (ohne Krankenhausaufenthalte, Krankentrans­port, Untersuchung bei Fachärzten, Nachkontrollen bei Fachärzten usw.):

•     Kosten für zahnmedizinische Behandlungen:

•     Kosten für Anstaltsärzte, -psychiater und -psychologen

•     Kosten für eigenes Pflegepersonal

•     Kosten für zugekauftes Personal

•     Kosten für Medikamente

•     Kosten für Heilbehelfe

Wobei die Kosten für stationäre Aufnahme in Krankenhäuser hier nicht eingerechnet wurden.

Die medizinischen Kosten pro Hafttag pro Insasse betrugen in den Jahren 2017 und 2018 28,65 Euro und im Jahr 2019 stiegen die Kosten auf 29,27 Euro.

Aus der Beantwortung einer Anfrage der Neos durch den Justizminister a.D. Moser geht hervor, dass die medizinischen Gesamtkosten im 2018 94,6 Mio. Euro betrugen.

Aus den dargelegten Gründen und um das Budget des Justizministeriums sowie seiner nachgeordneten Dienststellen zu entlasten, stellen die unterfertigten Abgeordneten fol­genden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, welche die Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Kran­kenversicherung vorsieht.“

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Mag. Michaela Steinacker. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.