17.56
Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen, Kollegen! Zuschauer zu Hause! Wir sind am Ende des Plenartages noch bei einem ganz wichtigen Thema angelangt: bei der Novellierung des Staatsbürgerschaftsgesetzes für Nachkommen von NS-Verfolgten. Es ist tatsächlich ein in mehrfacher Hinsicht besonderes Gesetz, von dem wir hier sprechen, eine besondere Novellierung – einerseits für die Betroffenen, ich denke, aber auch für uns, auch als Zeichen des Parlamentarismus und der gemeinsamen Arbeit aller Parteien.
Worum geht es da? – Wir haben vor nicht ganz drei Jahren § 58c Staatsbürgerschaftsgesetz mit dem Gedanken beschlossen, dass Menschen, die durch das Naziregime verfolgt waren, und deren Nachkommen eigentlich heute österreichische Staatsbürger wären, wenn es diese Zeit nicht gegeben hätte; wir haben daher ein Gesetz beschlossen, das auf eine großzügige Art und Weise diesen Menschen und deren Nachkommen ermöglicht, die österreichische Staatsbürgerschaft wieder anzunehmen.
Das ist ein Gesetz, das uns sehr viel Goodwill in aller Welt eingebracht hat, das sozusagen auch überall als Zeichen des neuen Österreich gesehen wurde. Ich denke, es war auch ein besonderes Bemühen, das gemeinschaftlich, also mit allen Parteien, zu beschließen.
Wir haben dann nach einem Jahr, also im September 2021, einen Prozess des Reviews begonnen, das heißt, zu schauen, welche Lücken da – bei allem Bemühen – beim ursprünglichen Gesetz trotzdem offengeblieben sind. Da haben sich einfach gewisse Fälle ergeben, die durch das ursprüngliche Gesetz nicht abgedeckt waren.
Diese Gesetzeslücken haben wir jetzt eben – und ich möchte das jetzt auch noch einmal ausdrücklich betonen – in einem wirklich ausgezeichneten und besonderen gemeinschaftlichen Arbeiten auf parlamentarischer Ebene geschlossen: einer Zusammenarbeit aller Parteien in einem wirklich sehr, sehr positiven und gemeinschaftlichen Denken und Arbeiten und – das muss man auch noch einmal ausdrücklich betonen – unter wirklich ganz wichtiger Mitarbeit und Unterstützung durch die Beamten des Innenministeriums, des Außenministeriums und auch der vollziehenden Behörde, der Magistratsabteilung 35 in Wien.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich allen Parteien für die gute Zusammenarbeit beim Zustandekommen dieser Novellierung sowie den Beamten im Innen- und Außenministerium und auch der MA 35 danken.
Ich gehe jetzt nicht mehr im Detail darauf ein, welche Lücken wir da geschlossen haben, aber jedenfalls haben wir nach bestem Wissen und Gewissen alle Problemfälle damit abgedeckt.
Ein offener Punkt war natürlich auch noch, dass es durch diese Anträge eine doch sehr hohe personelle Belastung sowohl im Außenministerium, also bei den Botschaften, welche die Anlaufstellen für diese Anträge oder Anzeigen, wie es heißt, sind, und auch bei der MA 35 gibt. Dazu haben wir neben unserem gesamtändernden Abänderungsantrag auch einen Entschließungsantrag gemäß § 27 eingebracht, gemäß dem die zusätzlichen Kosten der MA 35 abgedeckt werden sollen.
Ich habe jetzt aber auch noch die Aufgabe übernommen, einen Unselbständigen Entschließungsantrag gemäß § 55 Geschäftsordnungsgesetz einzubringen, in dem es darum geht, dass auch die zusätzlichen Kosten, die im Außenministerium anfallen, abgedeckt werden sollen.
Der Antrag lautet:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Martin Engelberg, Sabine Schatz, Mag. Hannes Amesbauer, BA, Mag. Eva Blimlinger, Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bereitstellung ausreichender Mittel für das Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten die zusätzlichen Personal- sowie Finanzressourcen zur Verfügung zu stellen, damit die betroffenen Vertretungsbehörden die novellierte Regelung für Opfer des Nationalsozialismus und deren Nachkommen kundenfreundlich, professionell und rasch durchführen können. Demgemäß sollen die Mehrkosten in den Finanzjahren 2024-2026 im Bundesfinanzrahmengesetz für den relevanten Zeitraum Berücksichtigung finden.“
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Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
18.02
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Unselbständiger Entschließungsantrag
gemäß § 55 GOG
der Abgeordneten Martin Engelberg, Sabine Schatz, Hannes Amesbauer, Eva Blimlinger; Stephanie Krisper
Kolleginnen und Kollegen
betreffend Bereitstellung ausreichender Mittel für das Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten
eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 23 über den Antrag der Abgeordneten Martin Engelberg, Sabine Schatz, Hannes Amesbauer, Eva Blimlinger, Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert wird (1421 d.B.)
Begründung
Um zu ermöglichen, dass unter erleichterten Bedingungen Personen, die im NS-Regime verfolgt wurden und ihre österreichische Staatsbürgerschaft entzogen wurde oder verloren haben, sowie deren Nachfahren die österreichische Staatsbürgerschaft (wieder-) erlangen können, wurde mit dem im Oktober 2019 in Kraft getretenen Staatsbürgerschaftsrechtsänderungsgesetz 2018, BGBl. I Nr. 96/2019, Sondererwerbstatbestände eingeführt. Im Vollzug der neuen Bestimmungen zeigte sich jedoch, dass eine relevante Anzahl von Fallkonstellationen, die nach dem Telos des Staatsbürgerschaftsrechtsänderungsgesetz 2018 wohl erfasst sein sollten, nicht unter das neue Regelungsregime fielen.
Am 15. Dezember 2021 brachten daher Abgeordnete aller Fraktionen des Nationalrates einen Initiativantrag ein, um § 58c Staatsbürgerschaftsgesetz, der die erleichterte Erlangung der Staatsbürgerschaft für Opfer des Nationalsozialismus und deren Angehörige regelt, zu novellieren (2146/A XXVII. GP).
Im Zuge des Begutachtungsverfahrens machte das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten darauf aufmerksam, dass mit der Einführung von Sondertatbeständen betreffend die Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft durch Opfer des Nationalsozialismus und deren Nachkommen das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten mit einer ressourcenintensiven Aufgabenerfüllung, die sich durch die erwähnten Bestimmungen ergibt, konfrontiert sah und sieht. Die Aufgaben reichen von Beratung, Anzeigelegung, Begleitung im Verfahren und Ausfolgung der Bescheide bis hin zu Rechtsmittelverfahren.
Durch die nunmehr beabsichtigte Novelle wird die Möglichkeit des Staatsbürgerschafts-erwerbs auf einen wesentlich größeren Personenkreis ausgedehnt werden, wodurch es zu einer erheblichen Steigerung der Anzahl der zu führenden Verfahren kommen werde und folglich mit erheblichen Mehrkosten auf Vollzugseben zu rechnen sei.
Um den im Interesse der Republik Österreich erforderlichen hohen Standard in der Betreuung sicherzustellen, sei daher die Bereitstellung entsprechender budgetärer Mittel unerlässlich, damit sowohl personelle Ausstattung als auch Infrastruktur an den Vertretungsbehörden diesen Erfordernissen gerecht werden können.
Außerdem sollte nicht übersehen werden, dass die Betreuung durch das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten mit dem Abschluss des Verfahrens und der Erteilung der Staatsbürgerschaft nicht ende, weil davon auszugehen sei, dass die neuen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger als Auslandsösterreicherinnen und -österreicher konsularische Dienstleistungen umfassend in Anspruch nehmen werden und ihnen seitens der Vertretungsbehörden besondere Aufmerksamkeit im Sinne einer Heranführung an die österreichische Heimat zu widmen sein werde.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten die zusätzlichen Personal- sowie Finanzressourcen zur Verfügung zu stellen, damit die betroffenen Vertretungsbehörden die novellierte Regelung für Opfer des Nationalsozialismus und deren Nachkommen kundenfreundlich, professionell und rasch durchführen können. Demgemäß sollen die Mehrkosten in den Finanzjahren 2024-2026 im Bundesfinanzrahmengesetz für den relevanten Zeitraum Berücksichtigung finden.“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Amesbauer. – Bitte sehr.