Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Guten Morgen, Frau Ministerin! Der kürzlich er­schienene Rechnungshofbericht zu den Richtlinien zur gewerblichen Tourismusförderung, die jetzt gerade in Ihrem Ressort zur Neukonzipierung beziehungsweise Überarbeitung liegen, weist einige Mängel aus, unter anderem den Mitnahmeeffekt, dass beispielswei­se teils auch Betriebe Förderungen erhalten, die sie so nicht brauchen, aber auch, dass die Richtlinien nachhaltige Tourismusprojekte nicht ermöglichen und dass es keine Prio­risierung dahin gehend gibt.

Wir wissen ja, dass die Klimakrise nicht haltmacht, obwohl sie von anderen Krisen über­lagert wird, und dass das natürlich vor allem für den Wintertourismus eine große He­rausforderung wird, daher meine Frage:

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„Wie werden Sie in den neuen Richtlinien zur gewerblichen Tourismusförderung konkret die dringend notwendige Priorisierung von Nachhaltigkeitsaspekten sicherstellen, insbe­sondere des für den Tourismus so relevanten Aspekts der Bodenversiegelung?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Zum einen darf ich vielleicht darauf hinweisen, dass der entsprechende Rechnungshof­bericht, den Sie angesprochen haben, den Untersuchungszeitraum vor meiner Zustän­digkeit erfasst, dass wir vor allem in den letzten zwei Jahren der Pandemie die be­stehenden Möglichkeiten und vor allem auch Rechtsrahmen nutzen mussten, um die Betriebe bestmöglich durch die Krise zu bringen, und dass wir das letzte Jahr sehr in­tensiv genutzt haben, um die Kriterien für die gewerbliche Tourismusförderung neu auf­zustellen und neu zu erarbeiten.

Wir haben schon in der Erarbeitung und in der Ausrichtung einen ganz klaren und star­ken Fokus auf den Bereich Ökologisierung und Nachhaltigkeit gelegt. Grundsätzlich ver­folgen wir ja zwei Stoßrichtungen: Das eine ist die Grundlage der Taxonomieverordnung, in der sehr vieles auf europäischer Ebene jetzt schon beinhaltet ist, vor allem auch Green Finance, um hier wirklich einen guten Lenkungseffekt zu erzielen; und das andere ist ein Anreizsystem, quasi ein Nachhaltigkeitsbonus, ein Zuschuss auch für Entsiedelungs­maßnahmen. Das heißt, alles, was irgendwo in einem Ortsverbund ist, was auch in ge­schlossenen Bereichen oder schon bebauten Bereichen ist, wird stärker unterstützt.

In diesem Zusammenhang ist ein ganz wichtiges Thema die Reaktivierung von Leer­stand. Auch das wird uns in den nächsten Jahren maßgeblich helfen, unser Bodenver­brauchsziel – wir wollen auf 2,5 Hektar reduzieren – zu erreichen. Also der Tourismus spielt da durchaus eine sehr wichtige Rolle.

Wir sind gerade dabei, einen tourismusspezifischen CO2-Rechner zu erarbeiten, damit die Betriebe sehr schnell und sehr einfach sehen können, welche zusätzlichen Anreize sie für ökologisches Planen und ökologisches Bauen bekommen können. Das alles wird gerade final erarbeitet und wird Bestandteil der zukünftigen gewerblichen Tourismusför­derkriterien sein.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Frau Bundesministerin! Bleiben wir beim Thema Bodenverbrauch: Ein weiterer Aspekt sind die massiven Eingriffe, vor allem auch in den alpinen Raum. Ich erinnere an zum Teil überdimensionierte Projekte, die auch bei der Bevölkerung auf Unmut gestoßen sind.

Sie haben es zum Teil schon angesprochen, aber: Was ist darüber hinaus, abseits der ÖHT-Richtlinien, zur Reduktion von Bodenverbrauch in den Tourismusregionen in Ihrem Ressort geplant? Und: Werden Sie sich für alpine Raumordnung grundsätzlich einsetzen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Wir haben im letzten Jahr zum ersten Mal seit zehn Jahren eine politische Raumord­nungskonferenz abgehalten, weil ich auch absolut der Meinung bin, dass das Thema des Bodenverbrauches ein ganz zentrales und wichtiges ist. Sie wissen, die Kompe­tenzen, vor allem im Hinblick auf Flächenwidmungen, sind auf Landes- und Gemeinde­ebene angesiedelt, aber wir haben im Rahmen der Österreichischen Raumordnungs­konferenz durchaus die Möglichkeit, das Gremium zu nutzen, um große politische Stra­tegien zu entwickeln und vor allem auch Bewusstseinsbildung zu betreiben.

Wir haben uns gemeinsam mit den Ländern, mit den Sozialpartnern und vor allem auch mit dem Gemeinde- und mit dem Städtebund darauf verständigt, eine österreichische Bodenschutzstrategie zu erarbeiten. Diese soll bis Herbst des heurigen Jahres fertig sein; also da laufen die Arbeiten bereits. Da geht es vor allem auch um Entwicklungs­konzepte, die wir verfolgen, um Priorisierungen und, was ganz zentral sein wird, um ein österreichweit einheitliches Monitoringsystem, weil die Datenverfügbarkeit durchaus eine sehr unterschiedliche ist. Was ein Land, was eine Gemeinde als Bodenverbrauch angibt, unterscheidet sich auch in dem sehr kleinen Österreich sehr oft eklatant. Da er­arbeiten wir gerade die entsprechenden Daten und Rahmenbedingungen.

Zur Frage der alpinen Raumordnung ist zu sagen, dass wir da mit den Bundesländern gemeinsam auf europäischer Ebene aktiv sind und uns einbringen, aber auch auf eu­ropäischer Ebene ist die durchaus große Herausforderung, dass in den unterschiedli­chen Mitgliedstaaten die Kompetenzen auch nicht immer auf nationaler Ebene zu finden sind, sondern dass auch in diesen sehr oft föderale Systeme und damit Zuständigkeiten greifen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Gödl. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Frau Bundesministerin! Im Regierungsüberein­kommen haben wir uns darauf verständigt, die bestehenden Richtlinien zu überarbeiten. Die Neuausrichtung der gewerblichen Tourismusförderung musste dann aber pandemie­bedingt verschoben werden, weil gleichzeitig die Überbrückungsgarantien implementiert werden mussten. Nun sind aber meines Wissens die Arbeiten weit fortgeschritten, und daher die Frage: Inwieweit werden weitere Zukunftsthemen in die Neuausrichtung der gewerblichen Tourismusförderung einfließen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Wie bereits angesprochen planen wir einen sehr großen Schwerpunkt zur nachhaltigen Entwicklung der Tourismusbetriebe und des österreichischen Tourismus generell.

Wir haben als Grundlage 2018 die österreichische Tourismusstrategie, den Plan T, er­arbeitet, in der wir vor allem eine ganz zentrale Umstellung vorgesehen haben, nämlich weg von dem Betrachten der reinen Nächtigungszahlen hin zur Frage: Wie geht es dem Tourismus und der Tourismusbranche und damit den Betrieben in Summe wirklich?, weil die Nächtigungszahlen sehr oft nichts über die tatsächliche Wertschöpfung und den betrieblichen Gewinn aussagen. Deswegen ist jetzt die Grundlage das Satellitenkonto, das ganz viele unterschiedliche Kriterien beinhaltet, um eine bessere Messbarkeit der Daten herzustellen.

Das alles war jetzt sehr wichtig, um eben auch die Grundlage für die Neuausrichtung der gewerblichen Tourismusförderung zu bieten. Da wollen wir vor allem mit einem sehr guten Anreizsystem arbeiten: Wenn Betriebe beispielsweise beim Umweltzeichen mit­machen, gibt es auch eine stärkere Unterstützung, wenn komplette Autarkiekonzepte hinsichtlich Energieversorgung dargelegt werden, gibt es auch eine entsprechend bes­sere Unterstützung. – Also der Fokus geht ganz klar in Richtung mehr Nachhaltigkeit und vor allem auch Ökologisierung der Tourismusbetriebe in Österreich.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Wer­ner. – Bitte.

Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Ich erlaube mir, da meine Kollegin Julia Seidl krank ist, ihre ursprüngliche Frage als Zusatzfrage zu stellen.

„Wann genau soll die neue Richtlinie für die gewerbliche Tourismusförderung unter Be­rücksichtigung der Kritik von Rechnungshof“ – des Rechnungshofberichts, den die Kolle­gin vorhin schon angesprochen hat – „und Wifo präsentiert werden?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Wir haben in den letzten Monaten sehr intensiv daran gearbeitet. Ich rechne in den nächsten Wochen damit, dass die Sektion damit fertig sein wird und wir das dann auch entsprechend präsentieren können. Vor allem besteht aber auch erst jetzt wieder die entsprechende Nachfrage, weil die letzten zwei Jahre ja ganz stark im Zeichen der Be­kämpfung der Pandemie und der Unterstützung der Betriebe in der aktuellen existenz­bedrohenden Situation gestanden sind.

Wir werden dazu natürlich auch noch einmal einen öffentlichen Prozess starten, aber wie gesagt, ich rechne in den nächsten Wochen und Monaten damit, dass wir dann die Neuausrichtung präsentieren können.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Schnabel. – Bitte.

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Geschätzte Frau Ministerin! Meine Heimatre­gion, die Südweststeiermark, beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit dem Thema Baukultur und damit unmittelbar auch mit dem Bodenverbrauch.

Wir haben uns jüngst ganz explizit mit dem Einsatz alternativer Energien beschäftigt – der Boden kommt auch im Zusammenhang mit der Installation von Freiflächenanlagen im Bereich der Fotovoltaik unter Druck. Wir als Region haben da eine Vorreiterrolle ein­genommen und einen Wegweiser erstellt, wie vor allem die Gemeinden mit diesem The­ma umgehen können und wie eben diese alternative Energie in der Region installiert werden kann, auch hinsichtlich eines schonenden Bodenverbrauchs.

Ich durfte im Rahmen der Örok auch bei den umfangreichen Diskussionen dabei sein, und die Gemeinden und die Regionen wurden da bezüglich der Lösungen auch als Part­ner erkannt.

Ein weiteres Instrument ist die von Ihnen heute schon angesprochene Bodenschutzstra­tegie, die Sie im Zuge dieser Raumordnungskonferenz angestoßen haben. Wir sehen das als großen Meilenstein, um auch eine Maßnahme gegen den Bodenverbrauch zu haben.

Was soll diese Bodenschutzstrategie beinhalten und wo sehen Sie die großen Heraus­forderungen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Also ich glaube, es geht grundsätzlich einmal darum, auch die Gemeinden und die Länder bestmöglich dabei zu unterstützen, integrierte Konzepte zu entwickeln und damit auch dem Bodenverbrauch Einhalt zu gebieten.

Weiterführend entstehen ja natürlich auch neue Fragestellungen. Sie haben eben auch die Freiflächen-PV angesprochen: Auch das wird ein ganz zentrales Thema sein. Das Burgenland hat ja jetzt vor Kurzem angekündigt, massiv in die Freiflächen-PV zu inves­tieren. Ich halte das aus Bodenschutzgründen und vor allem eben auch aus Gründen der Versorgungssicherheit für den absolut falschen Weg. Ein Beispiel: In Österreich nützen wir aktuell nur 2 Prozent der Dachflächen für die Fotovoltaik und damit für die Stromproduktion. Ich würde es für viel sinnvoller erachten, beispielsweise speziell auf Lagerhallen, auf Mülldeponien, auf Parkplätzen Fotovoltaikanlagen zu installieren und nicht auf fruchtbaren Ackerflächen.

Ich glaube, dass wir da sehr genau darauf aufpassen müssen, wie die Widmungen dann auch auf Landesebene, auf Gemeindeebene erfolgen, weil der Verlust von fruchtbaren Ackerböden durchaus weiter dazu beiträgt, dass wir in Sachen Lebensmittelversorgung durchaus auch Engpässe und Probleme bekommen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Hörl, Freund aller Minister. – Bitte.