13.40

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Kollege Wurm von der FPÖ: Wir sprechen bei diesem Tagesordnungspunkt (Zwischenruf des Abg. Wurm) über qualifizierte Zuwanderung, und Sie schaffen es wieder, das Ganze in den Kontext einer Massenzuwanderung zu stellen. Ich meine, Sie haben wirklich überhaupt keinen Genierer. Ich finde das unmöglich, wie Sie es bei jeder Gelegenheit schaffen, Ihren ausländerfeindlichen Spin zu verbreiten. (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen. – Abg. Wurm: Du musst mir zuhören, Yannick, du musst mir zuhören!)

Wissen Sie überhaupt, wie viele Menschen die Rot-Weiß-Rot-Karte beantragt haben? Wissen Sie es? Wissen Sie, wie viele Menschen die Rot-Weiß-Rot-Karte beantragt ha­ben? – Nein, das wissen Sie natürlich nicht. 5 000 Menschen waren das im letzten Jahr – Wahnsinn! Wahnsinn!

Um zu diesem Tagesordnungspunkt zu sprechen: Es gibt – Kollege Loacker hat ja schon einiges zu unserer Position ausgeführt – in Österreich einen grassierenden Fachkräfte­mangel, und wir wissen, dass ein großer Teil dieses Fachkräftemangels auch ein Lehr­lingsmangel ist, ein eklatanter Lehrlingsmangel. Über 10 000 offene Lehrstellen gibt es zurzeit in Österreich, und diese Zahl ist in den letzten Jahren explodiert.

Wir als NEOS haben im Februar den Vorschlag auf den Tisch gelegt, einen eigenen Aufenthaltstitel zu schaffen, um junge Menschen in eine Lehrausbildung nach Österreich zu bringen, nämlich über den Aufenthaltstitel einer Rot-Weiß-Rot-Karte für Lehrlinge. Es gibt nämlich sehr viele junge Menschen aus Drittstaaten, zum Beispiel aus den Balkan­staaten Serbien, Albanien oder aus anderen Ländern, die eine Perspektive in Österreich suchen und die gerne in Österreich eine Ausbildung machen und hier arbeiten möchten.

Es gibt viele junge Menschen – jetzt müssen Sie sich ganz fest anschnallen, liebe Kol­legen von der FPÖ! –, die in Österreich arbeiten wollen (Abg. Wurm: Das weiß ich schon! Drei Jahre lang, aber nicht 45!), die hier Steuern zahlen wollen, die hier eine Ausbildung machen und einen Beitrag dazu leisten wollen, dass unsere Unternehmen diesen Fachkräftemangel beenden können. (Abg. Wurm: 45 Jahre brauchen wir sie, nicht drei, Yannick!) Und ich sage Ihnen: Wir brauchen diese Menschen. Wir brauchen diese Menschen, um zumindest einen Teil der Lehrstellenlücke zu schließen. Es gibt derzeit keine legale Möglichkeit für sie, nach Österreich zu kommen. (Zwischenruf des Abg. Zanger.)

An die ÖVP und an die Grünen muss schon auch gerichtet sein: Sogar die schwarze Wirtschaftskammer und auch die Industriellenvereinigung kritisieren in ihren Stellung­nahmen zu dieser Regierungsvorlage, dass dieser Aufenthaltstitel für Lehrlinge fehlt. Die Stellungnahme der Wirtschaftskammer – Zitat –: „Im Hinblick auf den großen Mangel an Lehrlingen in Österreich ist die Schaffung eines eigenen Aufenthaltstitels für Lehrlinge aus Sicht der WKÖ dringend erforderlich, um offene Lehrstellen besetzen zu können.“

Das heißt, diese Reform ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, um die 300 000 offenen Stellen und 10 000 offenen Lehrstellen wirklich zu besetzen. Wir stimmen dem natürlich zu, weil es ein Schritt in die richtige Richtung ist. Es ist aber ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, und ich kann mir eigentlich nicht ganz erklären, wie sich ÖVP und Grüne bei dieser Situation konstruktiven Vorschlägen der Opposition verwehren können. Deshalb bringe ich noch einmal folgenden Entschließungsantrag ein, den wir schon an­gesprochen haben:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rot-Weiß-Rot-Karte für Lehrlinge“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage vorzulegen, die es Jugendlichen aus Drittstaaten ermöglicht, in Österreich eine Lehrausbildung zu beginnen, indem eine Rot-Weiß-Rot-Karte für Lehrlinge eingeführt wird.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Rot-Weiß-Rot-Karte für Lehrlinge

eingebracht im Zuge der Debatte in der 167. Sitzung des Nationalrats über den Gesetz­entwurf im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorla­ge (1528 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Ar­beitsmarktförderungsgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Frem­denpolizeigesetz 2005 geändert werden (1603 d.B.) - TOP 13

Die Zahl der offenen Lehrstellen ist in den letzten Jahren stark angestiegen (von 3.600 auf 9.800 im Mai 2022), während die Zahl der Lehrlinge kontinuierlich gesunken ist (von 131.900 auf zuletzt 107.600) (1, 2). Diese unerfreulichen Entwicklungen haben den Fachkräftemangel in Österreich noch zusätzlich verstärkt. Um darauf zu reagieren, plan­te die schwarzblaue Regierung bereits 2019 die Lehrlingsausbildung für Drittstaatenan­gehörige zu erleichtern. Der damals vorgelegte Gesetzesentwurf (3) wurde nach der Be­gutachtung dem Nationalrat aber nicht mehr als Regierungsvorlage zugeleitet, da im Mai 2019 die Regierung geplatzt ist und Neuwahlen beschlossen wurden.

Warum bei diesen Vorhaben seit 2019 sämtliche Gesetzesanpassungen unterlassen wurden, ist unklar. Denn speziell bei Jugendlichen aus europäischen Drittstaaten (Bal­kan-Staaten, Ukraine,...), gibt es oft schon jetzt Familienanschluss in Österreich, wo­durch ein wesentlicher Teil des Lehrlingsmangels durch Jugendliche aus europäischen Drittstaaten reduziert werden könnte. Angesichts des Krieges in der Ukraine und der sich anbahnenden verstärkten Zuwanderung aus der Ukraine sollte es ein zusätzliches An­liegen der aktuellen Regierung sein, Jugendliche aus Drittstaaten schnellstmöglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Deshalb müssen die Gesetzesvorhaben zur RWR-Karte für Lehrlinge aus dem Jahr 2019 schnellstmöglich wieder in Gang gebracht werden.

Im Zuge des Stellungnahmeverfahrenes zur Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte sprachen sich auch die Wirtschaftskammer Österreich und die Industriellenvereinigung für die Rot-Weiß-Rot-Karte für Lehrlinge aus. Allerdings wurde die Forderungen der WKÖ und der IV nicht in die Regierungsvorlage zur Rot-Weiß-Rot-Karten-Reform integriert, was auf­grund des akuten Fachkräftemangels nicht nachvollziehbar ist.

WKÖ: "Im Hinblick auf den großen Mangel an Lehrlingen in Österreich ist die Schaffung eines eigenen Aufenthaltstitels für Lehrlinge aus Sicht der WKÖ dringend erforderlich, um offene Lehrstellen besetzen zu können. Nach Abschluss der Lehre soll ein nahtloser und erleichterter Umstieg auf die Rot-Weiß-Rot – Karte ermöglicht werden."

IV: "Weiters erscheint es dringend geboten, ukrainischen Staatsangehörigen, denen derzeit der Vertriebenenstatus zuerkannt wird, eine Bleibeperspektive zu bieten. Wenn diese Personen die Voraussetzungen für die RWR-Karte erfüllen, muss es eine nieder­schwellige und rasche Möglichkeit zum Umstieg auf eine solche geben. Auch den jungen Vertriebenen muss eine langfristige Perspektive geboten werden, damit für sie eine Lehr­ausbildung attraktiv erscheint und sie eine solche überhaupt beginnen. Diese Möglich­keiten würden Vertriebenen aus der Ukraine und deren Arbeitgebern Rechts- und Pla­nungssicherheit bieten."

Quelle:

(1) https://www.dnet.at/amis/Datenbank/DB_Index.aspx

(2) https://www.vienna.at/neos-wollen-rot-weiss-rot-karte-fuer-lehrlinge/7299026

(3) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/ME/ME_00124/index.shtml

(4) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/SNME/SNME_220639/index.shtml

(5) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/SNME/SNME_220599/index.shtml

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage vorzulegen, die es Jugendlichen aus Drittstaaten ermöglicht, in Österreich eine Lehrausbildung zu beginnen, indem eine Rot-Weiß-Rot-Karte für Lehrlinge eingeführt wird."

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht. Er steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Rebecca Kirchbaumer. – Bitte, Frau Abgeordnete.