11.52

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! (Abg. Kucher: Das Kärntenpaket!)  Das Kärntenpaket kommt auf jeden Fall, das sei einleitend für Herrn Abgeordneten Kucher gesagt.

Man sollte eine Reform, wenn man sie einleitet, auch einmal entsprechend gutheißen, und man kann das heute auch wirklich in Ansätzen in Bezug auf ÖVP und Grüne einmal tun. Das ist aber nur der erste Ansatz.

Wenn man einen Prozess einer Reform beginnt, dann muss man sich natürlich auch im Detail anschauen, von wo man startet und welchen Ansatz man für eine Pflegereform findet. Es gibt drei große Bereiche:

Der erste Bereich – die dort greifenden Maßnahmen loben Sie heute über den Klee – ist die Entlohnung. Da gibt es ein Paket in der Höhe von 520 Millionen Euro beziehungs­weise, weil Sie jetzt auch die Heimhilfe und die Behindertenbetreuung mit hineinge­nommen haben, von 570 Millionen Euro. Da erwarte ich mir, dass es – als positiver Ansatz – am Ende des Tages dann auch wirklich bei den Personen ankommt, nämlich insofern ankommt, als dieses Geld als Entgeltzahlung den jeweiligen Pflegerinnen und Pflegenden zur Verfügung gestellt wird. Da appelliere ich nun an Sie, Herr Minister, dass Sie mit den Finanzreferentinnen und ‑referenten und den Sozialreferentinnen und Sozialreferenten auch dafür Sorge tragen. (Beifall bei der FPÖ.) Wenn es nämlich nur eine Bonuszahlung ist, dann entspricht es letztendlich nicht dem Gedanken, den wir eigentlich mit dieser Pflegereform erfüllen wollten.

Der zweite Bereich, was auch durchaus wünschenswert und begrüßenswert ist, ist, dass im privaten Bereich 1 500 Euro Bonus gezahlt werden. Da ist es auch wichtig, dass das nicht erst in der Pflegestufe 4 passiert – wir sprechen diesbezüglich von über 24 000 Men­schen –, sondern es soll für alle Menschen gelten – und Sie vergessen ja immer, 80 Prozent der zu pflegenden Personen sind zu Hause –, und da sprechen wir von 950 000 Personen, die zu Hause versorgt werden. Daher wünsche ich mir, dass dieser Bonus nicht nur ab Pflegestufe 4 ausgezahlt wird, sondern für alle ausgezahlt werden muss, denn es wird Ihnen für die zukünftige Versorgung der älteren Menschen klar sein müssen, dass man sie nicht alle in den Pflegeheimen unterbringen kann.

Letzteres ist ein frommer Wunsch der Sozialdemokraten: Dort kostet es ja nichts, ist es ja gratis, zahlt es eh der Staat! (Abg. Heinisch-Hosek: Haben wir nie gesagt! – Abg. Kucher: Das ist wieder nur Populismus!) – Das Gros passiert letztendlich zu Hause. Ich wünsche mir nur einmal, dass ihr mitgeht und euch im privaten Bereich anschaut, was das für eine familiäre, was das für eine psychische Anspannung für Menschen ist, die sowohl ältere Menschen als auch Menschen, die beeinträchtigt sind, zu Hause zu versorgen haben. Ich habe miterlebt, dass Frauen, Mütter gekommen sind, die psychisch am Ende gewesen sind, weil sie nicht mehr in der Lage waren, ihre Kinder zu versorgen. (Zwischenruf der Abg. Kuntzl.) Es ist die Aufgabe des Staates, da Hilfe angedeihen zu lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher ist es auch so wichtig, dass dieses Versorgungskapitel zu Hause erfolgt, und daher ist auch die Finanzierungsdarstellung wichtig. Ich wünsche mir da schon, dass die Länder mit einer 15a-B-VG-Vereinbarung ins Boot geholt werden, wie wir das seinerzeit ja auch mit der Mindestsicherung gemacht haben, denn da gibt es auch die Grund­satzgesetzgebung. Wir waren also so mutig und haben das den Bund an sich ziehen lassen. Wir werden darüber nachdenken müssen, eine einheitliche Finanzierung zusam­menzubringen, sowohl im Pflegeheimbereich als auch zu Hause. – Das ist der zweite Punkt.

Der dritte Punkt – da schreien natürlich die Sozialdemokraten, weil sie es nicht hören wollen und auch keinen Einfluss darauf nehmen können – ist natürlich die Möglichkeit der natürlichen Versorgung der jungen Menschen, und das muss auch ein Konzept der Pflegelehre sein. Ihr könnt nicht nur immer alles akademisieren und schreien: Ich will nur Diplomierte! (Abg. Kucher: Wer sagt das, Christian?) – Ihr habt das gemacht, eure Sozialminister wollten das immer. (Abg. Kucher: Nein!) Diese Menschen dürsten aber danach, neue Berufe anzugehen. (Abg. Kucher: Wer empfiehlt so etwas?!) Die Schweizer zeigen es uns seit 15 Jahren vor, wie erfolgreich Pflegelehre sein kann. Da gebe ich ihnen recht! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kucher: Ja, die haben aber Masterstudien!) Es dauert halt nur bei der ÖVP ein bisschen, bis sich das setzen kann. Sie musste mit uns gemeinsam in eine Koalition gehen, damit sie die Pflegelehre endlich versteht und sie auch umsetzt. Dafür gibt es ab und zu auch die Grünen, die das dann am Ende des Tages verstanden haben.

Summa summarum: Es ist noch viel zu tun, es ist ein erster Schritt. Bitte hören Sie nicht auf, jetzt auf Kurs zu drehen und Geschwindigkeit aufzunehmen, indem Sie diese Pflegelehre weiter umsetzen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, wollten Sie noch einen Entschließungs­antrag einbringen oder nicht? (Abg. Ragger: Ja, darf ich den Entschließungsantrag noch einbringen?) – Dann können Sie das jetzt noch schnell machen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Matznetter: Wir brauchen eine Abgeordnetenlehre! – Abg. Kucher: Oft ist es eh besser ...!)

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (fortsetzend): Was würde ich ohne meine Prä­sidentin machen?! – Ich darf einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Chris­tian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Echte Pflegereform statt türkis-grüner Überschriftenschmäh“ einbringen und darf festhalten, dass er bereits zur Verteilung gelangt ist, daher der Entschließungsantrag, glaube ich, ordnungsgemäß eingebracht ist.

Hab ich das richtig gesagt? (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

11.57

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Rosa Ecker, Dr. Dagmar Belakowitsch, Mag. Gerhard Kaniak, Edith Mühlberghuber

und weiterer Abgeordneter

betreffend Echte Pflegereform statt türkis-grüner Überschriftenschmäh

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 3.) Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2655/A der Abgeordneten August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­pflegegeldgesetz geändert wird (1618 d.B.) in der 168. Nationalratssitzung am Don­nerstag, den 8. Juli 2022.

„Eines der größten Probleme in der Pflege ist die Einstufung in die Pflegestufen – fast jeder Betroffene beklagt sich über ein restriktives System, Bürokratieirrsinn und fehlende Transparenz“, sagte heute der freiheitliche Nationalratsabgeordnete Mag. Christian Ragger, der bei den wesentlichsten Fragen an Sozialminister Rauch in einer aktuellen Anfragebeantwortung (10518/AB) nur Stehsätze vorfindet. „Auf die Frage hin, welche Schritte für Verbesserung des Pflegegeldsystems, seiner Weiterentwicklung, zur Erhöhung der Pflegesätze sowie einer gerechteren Pflegeeinstufung unternommen wer­den, kommt die Antwort, dass ‚punktuelle Verbesserungen‘ vorgenommen werden – ein Hohn für alle, denen zu Unrecht die wahre Pflegestufe verweigert wird, davon kann sich keiner was erhoffen“, so Ragger.

Laut Ragger bilden der Entfall der Anrechnung der erhöhten Familienbeihilfe auf das Pflegegeld und des Erschwerniszuschlags für Personen mit schweren Behinderungen und Demenz die positiv hervorzuhebenden Ambitionen des Ministers, jedoch fehle dem Vorhaben die Breitenwirkung: „Immer nur kleinen, ausgewählten Gruppen einzelne Ver­besserungen zukommen zu lassen, ist noch lange keine Reform. Es braucht Entlastung für alle – und zwar, was das Finanzielle und die Dienstleistung anbelangt. Jährliche Einmalzahlungen und Hilfe bei wirklich schweren Fällen sind da eindeutig zu wenig, noch dazu, weil ja die Einteilung in höhere Pflegestufen von den Sozialversicherungen sehr restriktiv gehandhabt wird. Wem nützt ein Zuschlag, den man schlussendlich ohnehin nicht bekommt, weil einem der Grad der Beeinträchtigung nicht anerkannt wird?“, hinter­fragte Ragger.

Beschwerden über Fehleinstufungen nehmen ein ungeheures Maß an: „Was teilweise etwa geh- und sehbehinderten Menschen zugemutet wird, nur damit für Hilfe nicht aufgekommen werden muss, entbehrt jeder Kritik. Es ist unmenschlich, wie hier ohne Verständnis für die Person und ohne genaue Betrachtung der Alltagsherausforderungen in Stufen schubladisiert wird, die die Lebensrealitäten unmöglich ganzheitlichen abbilden können. Der Bedarf an notwendigen Hilfen wird oftmals in Abrede gestellt. Von den Kassen hört man da Sätze wie ‚das werden Sie schon schaffen‘ oder ‚da kennen Sie sicher wen, der hilft‘. Das ist alles andere als wertschätzend, sondern eine Zumutung, die sich dann finanziell niederschlägt. Tragisch, wenn die helfende Person, meist das zusammenwohnende Kind, selbst eine Beeinträchtigung hat und dann auch nicht von der Rezeptgebühr befreit ist“, so Ragger und weiter: „Wer in dieser Falle der falschen Einstufung sitzt, kommt auch nicht herum, Attest für Attest vorzulegen und bittstellerisch sein Recht zu verlangen, nur um dann immer wieder die Abweisung zu erfahren. Dieser Irrsinn, der die Menschen verarmen lässt, muss endlich ein Ende finden. Hier braucht es vor allem eine Reform der Menschlichkeit, damit sich die teuerungsgebeutelten Pflegebedürftigen und deren Angehörigen wieder ihr Leben in Würde leisten können.

Als FPÖ stellen wir diesem türkis-grünen Überschriftenschmäh unsere klaren Alter­nativvorschläge entgegen, die eine echte Pflegereform darstellen und keine Gruppe zurücklassen. Mit dem „Kärntner Pflegemodell“, der finanziellen Förderung der häus­lichen Pflege mit einem 50 Prozent-Bonus ab Pflegestufe 3, der Einrichtung einer bun­desweiten Übergangspflege sowie der vierteljährlichen Inflationsanpassung des Pflege­geldes und aller sonstigen Unterstützungszahlungen in aktuellen Krisenzeiten soll hier eine taugliche Basis geschaffen werden.

Schwarz-grüne Reformpläne zur Pflege benachteiligen Betreuungsberufe massiv

 „Alles, was anfangs von der schwarz-grünen Regierung gut gemeint war und eine bahn­brechende Reform einleiten sollte, hat sich nun in der Pflege und in anderen Sozial- und Gesundheitsbereichen als absolute Katastrophe entpuppt, was zu Ungleichheit, Benach­teiligung und Geringschätzung für die Sozialbetreuungsberufe führt“, kritisierte der freiheitliche Behindertensprecher NAbg. Mag. Christian Ragger. Damit stößt er in das gleiche Horn wie die Lebenshilfe, die sich um die geminderte Attraktivität der Berufe im Behindertenwesen besorgt zeigt. „Der Mangel sowohl an Krankenpflegern als auch Sozialbetreuern darf nicht dazu führen, dass durch kurzsichtige Maßnahmen von einem Bereich in den anderen einfach umgeschichtet wird. Das ist keine seriöse Politik, sondern eine Verlagerung des Problems“, führte Ragger aus.

„Die ‚Reform‘ der Bundesregierung sieht 520 Millionen Euro für eine höhere Bezahlung in den kommenden zwei Jahren für Pflegekräfte vor, wovon schließlich jeder Pfleger mit etwa 100 Euro netto mehr im Monat profitieren dürfte. Diese geringe und kurzfristig anberaumte Lohnerhöhung durch Bonuszahlungen schafft aber dennoch genug Unmut in den Sozialberufen, da Betreuungsberufe nicht erfasst werden. Die Folge der Schlechterstellung wird sein, dass sich ohnehin ob des knappen Personals nicht mehr Berufseinsteiger finden lassen werden. Schwarz-Grün bringt es also zusammen, hier ein neues Loch aufzureißen und mehr Probleme zu schaffen, als zu lösen. Was es braucht, ist eine Anpassung in den Kollektivverträgen aller Sozial- und Gesundheitsberufe, um hier nachhaltig und vor allem fair die Gehälter anzuheben“, forderte Ragger.

„Gleiche Tätigkeiten sollen auch gleich entlohnt werden“, verlangte Ragger und verwies auf die ähnlichen Arbeitsbereiche der Berufsgruppen. Doch die finanzielle Benach­teili­gung zeige sich auch schon in der Ausbildung: „Wenn Ausbildungsbeiträge, Förde­run­gen und Stipendien ungleich vergeben werden, erleben wir eine Schwerpunktsetzung, die auf die andere Berufsgruppe nachteilig wirkt. Die Zahl derer, die also eine Ausbildung im Sozialbetreuungsbereich anstreben, wird sich in den nächsten zwei Jahren erheblich verringern und es wird ein irrsinniges Loch in die Versorgung gerissen. Alleine jetzt schon ist in Einrichtungen für Menschen mit geistigen Behinderungen ein absoluter Notstand ausgebrochen, wo sich die wenigen Betreuer nicht mehr zu helfen wissen und es zu Dienstverfehlungen und Missständen kommt, wie es auch die Volksanwaltschaft aufgezeigt hat“, sagte Ragger.

Kärntner Pflegemodell

Um die auf uns zukommenden Herausforderungen im Bereich der Pflege lösen zu können, braucht es einen klaren Systemwechsel. Die Devise muss lauten: Daheim statt stationär! Das zeigt sich etwa in der Pflegemodellregion Kärnten.

Die Ausgaben des Landes für rund 7.000 Kärntner, die stationär gepflegt werden, steigen stetig an und sind wesentlich höher als die Kosten für etwa 25.000 Pflegegeld-Bezieher, die zuhause versorgt werden. Neben den Kosten, steigt auch die Zahl der pflegebedürftigen Personen und damit der Bedarf an Pflegekräften. Experten gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2030 in Österreich mehr als 75.000 Pflegekräfte zusätzlich benötigt werden.

Diese Entwicklung wird mit dem herkömmlichen Pflegemodell weder personell noch finanziell zu bewältigen sein. Um einerseits also die Kosten erheblich zu senken und andererseits die benötigten Pflegekräfte aufbringen zu können, muss die „Ressource Familie“ stärker genutzt werden. Pflegebedürftige Menschen (mindestens von Pflege­stufe 1 bis 3) sollten zuhause gepflegt werden, solange es möglich ist.

Die Pflege zu Hause muss einerseits zur Entlastung des stationären Bereichs und zum Verbleib in den eigenen vier Wänden forciert werden, um andererseits gleichzeitig Kosten und Ressourcen zu schonen. Es muss für die Kärntner Bevölkerung wieder eine verlässliche Versorgungs- und Finanzierungssicherheit im Bereich der Pflege geben.

Dazu braucht es eine angemessene finanzielle Unterstützung sowie sozialrechtliche Absicherung für diejenigen im Umkreis der Familie, die diese Aufgabe übernehmen.

Mit einem monatlichen „Pflegescheck“ für die pflegenden Angehörigen, soll die Pflege zuhause für jeden leistbar gemacht werden. Er kann dabei helfen, die Pflege an sich bzw. den Pflegebedarf zu finanzieren, während er den pflegenden Angehörigen gleich­zeitig die Möglichkeit gibt, sich selbst zu versichern.

Die Pflege muss also derart gestaltet sein, dass sie auf den demographischen Wandel – vor allem auch in den ländlichen Regionen – reagiert, echte Wahlmöglichkeiten bietet und zudem günstig und hochwertig den Pflegenden und ihren Angehörigen zur Verfü­gung steht. Es muss auf die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der zu pflegenden Person wertgelegt werden. Pflege- und Assistenzbedürftige sind in jeder Lage durch Respekt, Achtung und liebevollen Umgang in ihrer Selbstbestimmung und Würde zu unterstützen.

Folgende Punkte beinhaltet das Kärntner Pflegemodell:

- Pflegescheck

- Soziale Absicherung für pflegende Angehörige

- Steuerliche Entlastung von Pflegeberufen

- Neue Ausbildungsmodelle (Pflege-Lehre nach Schweizer Vorbild)

Dieses „Kärntner Pflegemodell“ soll bundesweit umgesetzt werden und ein weiteres Modul im Rahmen der österreichischen Pflegereform darstellen.

Pflegegeldbonus: 50 Prozent mehr Pflegegeld ab Stufe 3 bei häuslicher Betreuung

Pflegebedürftige, die daheim betreut und gepflegt werden, sollen um 50 Prozent mehr Pflegegeld in allen Pflegegeldstufen ab der Stufe 3 erhalten. Diese sollen auch nach dem Anpassungsfaktor valorisiert werden. Die Grundlage für den Anpassungsfaktor ist der Richtwert nach der vierteljährlichen Pflegegeldvalorisierung.

Übergangspflege im Krankenhaus

Modelle der Übergangspflege werden in einzelnen Bundesländern, etwa Niederöster­reich angeboten:

„Übergangspflege ist eine rehabilitative Pflege und Betreuung von bis zu 12 Wochen (84 Tage) pro Kalenderjahr als Überbrückungshilfe nach der Akutbehandlung in einem Krankenhaus und vor der Entlassung nach Hause. Bei dieser Leistung steht die Therapie und Rehabilitation und weniger die Medizin im Vordergrund. Dadurch soll wieder ein selbstständiges Leben zu Hause (mit oder ohne Betreuung) ermöglicht werden.“

Übergangspflege für Hilfe suchende Personen kann in allen bewilligten stationären Pflegeeinrichtungen nach § 49 i.V.m. § 47 NÖ Sozialhilfegesetz 2000 angeboten werden. Ein Zuschuss zur Übergangspflege wird pro Anlassfall max. für 12 Wochen ge­währt. Innerhalb eines Kalenderjahres ist ein weiterer Zuschuss nicht möglich. Die Zeiten eines Krankenhausaufenthaltes werden auf die 12 Wochen angerechnet und führen zu keiner Verlängerung. Ein Krankenhausaufenthalt mit einer Dauer von mehr als ca. 7 Tagen beendet die förderbare Übergangspflege.

Für die Inanspruchnahme von Übergangspflege muss die Hilfe suchende Person aus ihrem Einkommen 1/30 von 80% ihres monatlichen Einkommens sowie 1/30 von 100% der pflegebezogenen Geldleistungen (z.B. Pflegegeld) als Eigenleistung für jeden Tag bezahlen. Kommt es während des Aufenthalts zu einer Erhöhung des Pflegegeldes ist der gesamte Zeitraum mit der tatsächlichen Einstufung abzurechnen. Jänner 2021 Unter Einkommen ist das monatliche Nettoeinkommen zu verstehen. Einkommen ist grund­sätzlich jede regelmäßig zufließende Geldleistung (z.B. Rente, Pension, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Mieteinnahmen, Pacht...). Nicht zum Einkommen zählen Geldleistungen Sonderzahlungen, Familienbeihilfen, Studienbeihilfen. Das Einkommen von unterhaltspflichtigen Angehörigen bzw. das Vermögen der Hilfe suchende Person wird für die Berechnung der Eigenleistung nicht berücksichtigt. Bestehende Unterhalts­pflichten und laufende Zahlungsverpflichtungen werden bei der Bemessung der Eigen­leistung nicht berücksichtigt.

Quelle: Richtlinie Übergangspflege (gemäß § 19 NÖ Sozialhilfegesetz 2000)

In unserem Nachbarland Deutschland haben Versicherte Anspruch auf Übergangs­pflege im Krankenhaus.

Übergangspflege im Krankenhaus nach § 39e SGB V

Versicherte der Gesetzlichen Krankenversicherung haben einen Anspruch auf eine „Übergangspflege im Krankenhaus“. Dies Leistung wurde mit dem Gesundheitsver­sorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG), welches am 20.07.2021 in Kraft getreten ist, neu in den Leistungskatalog aufgenommen. Die Rechtsgrundlage für die Übergangs­pflege im Krankenhaus ist § 39e Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).

Der Anspruch auf Übergangspflege im Krankenhaus

Ein Anspruch auf die Übergangspflege im Krankenhaus besteht für Versicherte, für die im unmittelbaren Anschluss an eine Krankenhausbehandlung die erforderlichen Leis­tungen der

• Häuslichen Krankenpflege,

• Kurzzeitpflege,

• Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder

• Pflegeleistungen nach dem SGB XI

• nicht oder nur unter erheblichem Aufwand erbracht werden können.

Die Übergangspflege wird in dem Krankenhaus erbracht, in dem die stationäre Krankenhausbehandlung durchgeführt wurde.

Leistungsumfang

Der Anspruch auf die Übergangspflege im Krankenhaus besteht für längstens zehn Tage je Krankenhausbehandlung.

Im Rahmen des Leistungsanspruchs auf die „Übergangspflege im Krankenhaus“ werden die erforderliche

• ärztliche Behandlung,

• die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln,

• die Aktivierung der Versicherten,

• die Grund- und Behandlungspflege und

• die Unterkunft und Verpflegung

• übernommen.

• Ebenfalls beinhaltet die Leistung das Entlassmanagement.

Zuzahlung

Wie für nahezu alle Leistungen der Gesetzlich Krankenversicherung ist auch für die Übergangspflege im Krankenhaus eine Zuzahlung vorgesehen. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, müssen nach § 39e Abs. 2 SGB V vom Beginn der Über­gangspflege an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 SGB ergebenden Betrag je Kalendertag an Zuzahlung leisten. Das bedeutet, dass je Tag 10,00 Euro zu zahlen sind. Der Zuzahlungsbetrag ist an das Krankenhaus zu entrichten.

Um hier allen Betroffenen in Österreich einen entsprechenden Zugang zu einem solchen Fördermodell zu ermöglichen, sollte eine bundeseinheitliche Regelung angestrebt werden. Aufbauend auf dem NÖ Modell sollte eine bundeseinheitliche Regelung Platz greifen. Zentrale Forderung ist ein Rechtsanspruch auf diese Übergangspflege und eine zeitnahe Umsetzung bis zum 31.12.2022.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die folgende gesetzliche Regelungen umfasst:

- Die Einführung eines Pflegeschecks (Kärntner Modell)

- Eine soziale Absicherung für pflegende Angehörige (Kärntner Modell)

- Eine steuerliche Entlastung von Pflegeberufen (Kärntner Modell)

- Die Etablierung neuer Ausbildungsmodelle (Pflege-Lehre nach Schweizer Vorbild) (Kärntner Modell)

- Die Umsetzung des Kärntner Modells bis 31.12.2022

- Abschaffung von finanziellen Benachteiligungen von Berufsgruppen mit ähnlichen pflegerischen wie betreuerischen Tätigkeitsfeldern (etwa der Behindertenbetreuung) durch Miteinbeziehung dieser Gruppen in die Pflegereform

- Schaffung einer transparenten und für die Betroffenen nachvollziehbaren Pflegegeld­einstufung unter der Betrachtung ganzheitlicher Heranziehung der alltäglichen, realen Bedürfnisse

- Beendigung der restriktiven Gewährung höherer Pflegegeldstufen und Abbau der behördlichen Bürokratie durch niederschwellige Antragsformalitäten

- Die Schaffung eines Pflegegeldbonus: 50 Prozent mehr Pflegegeld ab Stufe 3 bei häuslicher Betreuung.

- Eine unterjährige, zumindest vierteljährliche Anpassung des Pflegegeldes und aller weiteren finanziellen Leistungen an die aktuelle Inflationsentwicklung

- Ein Rechtsanspruch auf eine rehabilitative Pflege und Betreuung von bis zu 12 Wochen (84 Tage) pro Kalenderjahr als Überbrückungshilfe nach der Akutbehandlung in einem Krankenhaus und vor der Entlassung nach Hause. (Übergangspflege)

- Die Finanzierung der Übergangspflege durch den jeweiligen Sozialversicherungs­träger, bei dem der Anspruchsberechtigte sozialversichert ist.

- Ein Inkrafttreten der Regelung für die Übergangspflege bis 31.12.2022

*****

Präsidentin Doris Bures: Man muss den Antrag in den Grundzügen erläutern, aber man kann anhand Ihrer vorherigen Ausführungen und Ihrer Kritik an dem Entwurf die Ableitung zum Entschließungsantrag herstellen. (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall und Oh-Ruf des Abg. Wurm.) Also: in den Grundzügen erläutert, ausreichend unterstützt, mit in Verhandlung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Hammer. – Bitte.