20.35

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! In den letzten Monaten gab es viele Diskussionen rund um die Beschaffenheit und die Einsatzfähigkeit des österreichischen Bundes­heers. Die Herausforderungen sind vielfältig: Katastrophenfälle, die Gefahr eines großflächigen Blackouts oder auch der brutale Angriffskrieg gegen die Ukraine und damit einhergehende neue Bedrohungsszenarien sind mittlerweile auch bei einem Großteil der österreichischen Bevölkerung im Fokus – natürlich mit Ängsten besetzt.

Bei solch großen Bedrohungsszenarien und dem wirklich großen Spektrum an Herausforderungen treten auch die Schwächen des österreichischen Bundesheers deutlich zutage, insbesondere auch, was die Einsatzfähigkeit in personeller Hinsicht betrifft. Diese Probleme müssen wir ernst nehmen und natürlich auch zeitnahe beseitigen.

Unserer Forderung an Sie, Frau Ministerin, nach einem Modell, das es dem Bundesheer ermöglicht, seine Aufgaben, insbesondere die verfassungsgesetzlich vorgesehene milizartige Struktur zu organisieren und aufrechtzuerhalten, zu erfüllen, wurde leider bislang nicht nachgekommen. Das finden wir sehr bedauerlich. Stattdessen wurde nun ein Budgetpfad für das Bundesheer prä­sentiert, und dieser weist jetzt zumindest in die richtige Richtung.

Aus unserer Sicht ist es zentral, dass zusätzliche Mittel auf jeden Fall in die personelle Ausstattung und in die Einsatzfähigkeit der Miliz fließen müssen. Um das zu unterstreichen, bringe ich für meine Fraktion folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stärkung des österreichischen Bundesheers insbesondere der Miliz“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Landesverteidigung wird aufgefordert, bis spätestens 31. Dezember 2022 ein konkretes Modell zur Beschlussfassung vorzulegen, in welcher Form das Bundesheer, insbesondere im Hinblick auf seine ver­fassungsgesetzlich vorgesehene milizartige Struktur organisiert und entspre­chend finanziert werden und die personellen und materiellen Bedürfnisse und Erfordernisse der Miliz erfüllt bzw. sichergestellt werden können.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren, im Sinne der Sicherheit der österreichischen Bevölkerung ersuche ich Sie um breite Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.38

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Wimmer, Robert Laimer, Reinhold Einwallner,

Genossinnen und Genossen

betreffend Stärkung des österreichischen Bundesheers insbesondere der Miliz

eingebracht im Zuge der Debatte zum Antrag 2416/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung der 8 Monate Grundwehrdienst im Modell 6 + 2 Monate (1739 d.B.)

In den letzten Monaten wurde die Diskussion rund um die Resilienz des Bundesheers regelmäßig diskutiert. Gerade Katastrophenfälle, oder auch der brutale Angriffs­kriegt gegen die Ukraine und damit einhergehend neue Bedrohungsszenarien, wie die aktuell immer größer werdende Gefahr eines großflächigen Blackouts, müssen die Frage der Resilienz des Bundesheers im Krisenfall ins Zentrum rücken.

Ein wichtiger Schritt, für ein noch viel breiteres Spektrum an Herausforderungen, ist die Frage der Einsatzfähigkeit des Heeres in personeller Sicht. Diese ist durch die aktuelle Kriegssituation in der Ukraine wieder verstärkt in den Fokus gerückt und lässt Schwächen in der Struktur des Bundesheers deutlich zu Tage treten.

Diese Probleme gilt es dringend – und im Sinne von Freiheit und Sicherheit der Menschen in Österreich – zu beseitigen, denn die Sozialdemokratie steht für ein Leben in Freiheit und Sicherheit, für alle Menschen, die in unserer Heimat, der Republik Österreich leben.

Als Sozialdemokrat*innen können wir es nicht zulassen, dass dieses friedliche Zusammenleben in unserem pluralistisch-demokratischen Rechtsstaat und die ver­fassungsrechtlichen Grund- und Freiheitsrechte durch Krieg, Terrorismus, Extre­mismus, Organisierte Kriminalität in allen ihren Ausprägungen, aber auch von der Na­tur oder Menschenhand herbeigeführte Katastrophen, bedroht werden. Dies be­deutet, dass wir umfassende Abwehrmaßnahmen vorzubereiten haben, um unser Gemeinwesen im Anlassfall vor äußeren und inneren Bedrohungen schützen zu können.

Das erklärte Ziel sozialdemokratischer Sicherheits- und Verteidigungspolitik war und ist es, Österreich – im Verbund mit der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidi­gungspolitik der Europäischen Union – als souveränes, neutrales Land zu bewahren, in dem seine Bürgerinnen und Bürger sowie alle Menschen, die hier leben, ohne Angst, ohne Repression, ohne Gewalt und unter Wahrung der verfassungsrechtlichen Grund- und Freiheitsrechte, in Frieden ihr Leben gestalten können.

Durch den Krieg in der Ukraine wird uns in erschreckender Weise vor Augen geführt, wie rasch sich die Bedrohungslage verschlechtern kann und wie wichtig es daher ist, umfassende Instrumente und Verfahren bereitzustellen, um Schutz und Hilfe für unsere pluralistisch-demokratische Gesellschaftsordnung und seine sozialstaatli­chen Errungenschaften gewährleisten zu können.

Artikel 9a B-VG sieht die Umfassende Landesverteidigung als Verfassungsprinzip vor, um Österreich vor Bedrohungen aller Art, nicht nur militärisch, sondern auch wirtschaftlich, zivil und vor allem durch Sicherstellung der Resilienz der Bevölkerung durch Maßnahmen der geistigen Landesverteidigung, zu schützen.

Dieser Auftrag des Verfassungsgesetzgebers wurde in den vergangenen zwei Jahr-zehnten nicht nur vernachlässigt, sondern es wurden bewährte Strukturen sogar bewusst zerschlagen. So wurde der richtungweisende Landesverteidigungsplan, wie in seiner Präambel ausdrücklich festgehalten, nicht an die jeweils aktuellen Bedro­hungsbilder angepasst und weiterentwickelt, sondern de facto ad acta gelegt. Eine unverständliche Vorgangsweise, weil damit einhergehend, auch operative Struk­turen nicht mehr funktionsfähig gehalten wurden.

Es ist daher zwingend erforderlich, die Umfassende Landesverteidigung verfassungs-konform umzusetzen. Diesbezüglich hat, wie von der SPÖ schon lange gefordert, der Bundeskanzler seine verfassungsrechtliche Koordinierungskompetenz wahrzu­nehmen und entsprechende aufbau- und ablauforganisatorische Maßnahmen unverzüglich einzuleiten.

Gleichzeitig hat die Bundesministerin für Landesverteidigung ohne Zeitverzug alle erforderlichen Schritte zu setzen, um auf Grundlage der im Generalstab aufliegenden, aktuellen Planungsdokumente unverzüglich die dringend erforderlichen Beschaf­fungsvorhaben für das Bundesheer einleiten zu können.

Dabei sind die personellen (z.B. Truppenübungen) und materiellen Bedürfnisse der Miliz auszuweisen.

Unserer Forderung an die Ministerin für Landesverteidigung, ein konkretes Modell zur Beschlussfassung vorzulegen, die es möglich macht, dass das Bundesheer seine Aufgaben, insbesondere die verfassungsgesetzlich vorgesehene milizartige Struktur organisieren und aufrechterhalten kann, wurde bislang nicht nachgekommen, was ausgesprochen bedauerlich ist. Stattdessen wurde nun ein Budgetpfad für das Bundesheer präsentiert, der aber zumindest in die richtige Richtung zu weisen scheint, wobei aus unserer Sicht zentral ist, dass die zusätzlichen Mittel auf jeden Fall in die personelle Ausstattung und Einsatzfähigkeit der Miliz fließen müssen.

Nachdem es aber gilt, das Bundesheer in seinen Kernkompetenzen und somit auch in der Verteidigungsfähigkeit im Anlassfall zu stärken, geht es für uns um die Auf­rechterhaltung und Forcierung einer funktionierenden Miliz, nicht zuletzt, um einen verfassungskonformen Zustand herzustellen.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Landesverteidigung wird aufgefordert, bis spätes­tens 31. Dezember 2022 ein konkretes Modell zur Beschlussfassung vorzulegen, in welcher Form das Bundesheer, insbesondere im Hinblick auf seine verfassungs­gesetzlich vorgesehene milizartige Struktur organisiert und entsprechend finanziert werden und die personellen und materiellen Bedürfnisse und Erfordernisse der Miliz erfüllt bzw. sichergestellt werden können.

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun David Stögmüller. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.