18.42

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kinder waren jetzt zwei Jahre lang aufgrund der Pandemie ziemlich eingeschränkt: Freund:innen zu treffen war sehr schwierig bis nicht mög­lich, Homeschooling war angesagt – die Schulen waren dazwischen immer wie­der geschlossen –, auf einen Skikurs zu fahren war eigentlich auch nicht mög­lich, in ein Konzert oder ins Kino zu gehen, all das war nicht möglich.

Jetzt kommt der nächste Rückschlag, weil die Preise so explodiert sind, dass die Eltern sich vorwiegend darauf konzentrieren, Mieten zahlen zu können, die Stromrechnung zahlen zu können, das Heizen zahlen zu können, Lebensmittel zahlen zu können. Da kommen halt Sport, Kunst und Kultur, auch im Rah­men von Schulveranstaltungen, viel zu kurz – das ist finanziell einfach nicht mehr zu stemmen.

Die Entlastungen, die vonseiten der Bundesregierung beschlossen wurden, sind Einmalzahlungen, sind Almosen – wir wiederholen das immer wieder –, und sie greifen nicht. Sie unterstützen auch nicht dabei, dass man sich irgend­wann einmal einen Schulskikurs oder eine Sportwoche leisten kann, son­dern das verpufft. Das sind Almosen und Einmalzahlungen.

Sie von ÖVP und Grünen haben auch heute leider wieder verabsäumt, unserem Antrag zum Gaspreisdeckel zuzustimmen, was ganz zentral wäre, um zumin­dest Schritt für Schritt Armut auch in diesem Bereich zu bekämpfen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber zurück zum Antrag: Ein Skikurs in der Schule kostet bald einmal 500 Euro, Projekttage, Kulturtage kosten 400 Euro – das ist einfach nicht mehr finan­zierbar. Es braucht niederschwellige, unkomplizierte Fördertöpfe, die vor allem die Kinder nicht stigmatisieren. Wir als SPÖ-Fraktion fordern das schon seit Monaten. Ihr Antrag, der jetzt gerade diskutiert wird, ist aber offen gesprochen nichtssagend und wahnsinnig schwammig. Es geht da um irgendwelche Prüfungen von einem Schulveranstaltungsfonds – um den geht es aber gar nicht –, man weiß nicht, was genau dabei herauskommen soll und vor allem wann.

Geschätzte Kollegen und Kolleginnen, wir sind mitten im laufenden Schuljahr, die Skikurse kommen, die Projekttage kommen und Sie haben einfach keine Lösungen. Deshalb stimmen wir diesem Antrag auch nicht zu. (Abg. Michael Hammer: Wie immer halt!) Es liegt nichts auf dem Tisch außer einer Prüfung. Wir brauchen eine rasche Lösung, und diese bringt dieser Antrag eben nicht. Er bringt nämlich nicht das Recht auf Teilhabe und Teilnahme, das Kinder ganz einfach haben.

Apropos Recht auf Teilhabe und Teilnahme: Manchen Jugendlichen ist nicht einmal das möglich, nämlich das Recht auf Bildung, das Recht auf Schule. Kinder oder Jugendliche mit Behinderungen haben wirklich ein Problem, nach dem zehnten Schuljahr ein elftes und zwölftes Schuljahr zu bekommen. Da ist man vom Goodwill abhängig, wenn irgendwo etwas genehmigt wird. Das entspricht ganz ehrlich nicht der UN-Behindertenrechtskonvention und auch nicht den Kinderrechten. Alle Kinder haben ein Recht auf Bildung! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Fiedler.)

Wir haben 2008 eigentlich ein inklusives Bildungssystem beschlossen, und es passiert leider nichts – Sie haben letztes Mal im Ausschuss einen Antrag vertagt.

Es liegt eine Bürger:inneninitiative hier im Haus, die ganz klar für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen einen Rechtsanspruch auf ein elftes und zwölftes Schuljahr fordert. Ich hoffe sehr, dass Sie dieser nahetreten werden.

Sie haben aber heute schon eine Chance, ich darf nämlich diesbezüglich einen Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Recht auf ein 11. und 12. Schuljahr für Jugendliche mit Behinderung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird aufgefordert, Menschen mit Behinderung den freien Zugang zu allen Bildungsformen zu ermöglichen und nach wie vor bestehende Barrieren abzubauen. Insbesondere sollen Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf einen Rechtsanspruch auf ein 11. und 12. Schuljahr haben, wofür auch die benötigten personellen und finan­ziellen Ressourcen bereitgestellt werden müssen."

*****

Stimmen Sie zu! Geben Sie endlich allen Kindern ihr Recht auf umfassen­de Bildung! – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

18.47

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Petra Tanzler,

Genossinnen und Genossen

betreffend Recht auf ein 11. und 12. Schuljahr für Jugendliche mit Behinderung

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2959/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausarbeitung eines Modells für die Unterstützung der Teilnahme sozioökonomisch benachteiligter Kinder und Jugendlicher aller Schultypen an Schulveranstaltungen (1838 d.B.) (TOP 13)

Die Teilhabe und Teilnahme an Sport, Kunst und Kultur, auch im Rahmen von Schul-veranstaltungen, muss allen Kindern und Jugendlichen ermöglicht werden. Es braucht Unterstützung dafür, denn all dies ist oftmals – vor allem aufgrund der Preis-explosionen – nicht mehr leistbar. Manchen Jugendlichen jedoch ist nicht nur die Teilnahme an Schulveranstaltungen unmöglich, sondern wird ihnen der weiterge­hende Schulbesuch generell verweigert. Dies ist der Fall bei Jugendlichen mit Behinderung, die mehr als 10 Schuljahre absolvieren wollen. Während für die meisten Jugendlichen eine Bildungskarriere über die Schulpflicht hinaus selbstver­ständlich ist, trifft das auf Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbe­darf (SPF) nicht zu. Ein SPF ist dann vorgesehen, wenn Kinder und Jugendliche wegen einer längerfristigen körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchti­gung dem Unterricht nicht ohne sonderpädagogische Förderung folgen können. Zwar sieht das Schulunterrichtsgesetz ein freiwilliges elftes und zwölftes Schuljahr vor, doch Schüler und Schülerinnen mit SPF müssen sich eine längere Schullaufbahn von der zuständigen Bildungsdirektion bewilligen lassen. Leider wird das oftmals ver­weigert.

Österreich bekennt sich seit der Unterzeichnung des Übereinkommen der Verein­ten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behin­dertenrechts-konvention, UN-BRK) im Jahr 2008 zu einem inklusiven Bildungssys­tem. Dies bedeutet, dass niemand vom gemeinsamen Leben, Lernen und Arbeiten ausgeschlossen werden darf und für jeden Menschen die vollständige Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen sicherzustellen ist. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es dringend eine Ausweitung der Ressourcen für inklusi­ven Unterricht und inklusive Bildung auf allen Ebenen. Menschen mit Behinderungen müssen die gleichen Chancen im Leben haben wie für Menschen ohne Behin­derung. Damit einher geht auch das Recht auf eine gute Bildung.

In ihrem Koalitionsübereinkommen haben sich ÖVP und Grüne darauf geeinigt, dass alle Menschen mit Behinderung „einen freien Zugang zu allen Bildungsformen bis hin zum tertiären Bildungsweg“ haben sollen. „Dafür müssen den Bildungseinrich­tungen die nötige Ausstattung und Hilfsmittel bereitgestellt, Lehrpersonen und Assistentinnen bzw. Assistenten ausgebildet und das Berufsausbildungsangebot ausgebaut und entsprechende Barrieren abgebaut werden.“

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird aufgefordert, Menschen mit Behinderung den freien Zugang zu allen Bildungsformen zu ermöglichen und nach wie vor bestehende Barrieren abzu­bauen. Insbesondere sollen Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf einen Rechtsanspruch auf ein 11. und 12. Schuljahr haben, wofür auch die benötigten personellen und finanziellen Ressourcen bereitgestellt werden müssen.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Marchetti. – Bitte.