12.08

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich be­dauere, dass der zuständige Finanzminister offenbar den Weg hierher ins Parlament nicht gefunden hat. (Abg. Gerstl: Aber wo ist der Doskozil?) Immerhin geht es in der Zeit der Teuerung um ein sehr wichtiges Thema, nämlich um die Mieten von Millionen von Menschen in Österreich. Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass er diese Verantwortung spürt, heute bei diesem wichtigen Thema hier anwesend zu sein und sich anzuhören, was wir dazu zu sagen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich beginne mit einem Zitat: „Bedauerlich. Ich dächte, mittlerweile wäre verstan­den, dass immer neue Cash-Transfers zwar soziale Härten abfedern können, aber die Inflation nicht dämpfen, sondern sogar befeuern. Wir brauchen dringend den Ausstieg aus der Preisspirale. Die Mietpreisbremse wäre ein erster Einstieg gewesen.“

Sehr geehrte Damen und Herren, das ist kein Zitat eines SPÖ-Politikers oder einer SPÖ-Politikerin, sondern das stammt vom Chef des Wirtschaftsfor­schungsinstituts Prof. Gabriel Felbermayr.

Auch Fiskalratschef Christoph Badelt kritisiert Ihre beschlossene Einmalzahlung im Bereich des Wohnens. Beide sind Experten, von Ihnen allen anerkannte Experten, nehme ich an, auf ihrem Gebiet.

Jetzt stellt sich die Frage, ob es wirklich so überraschend ist, dass die ÖVP sich da nicht nach Experten richten will oder nicht auf Experten hören will. Für mich ist das nicht wirklich überraschend. Wir alle haben die Rede des Bundes­kanzlers vor wenigen Wochen gehört, in der er ja gemeint hat, man sei als Regierung während der Pandemie „zu expertenhörig“ gewesen. – Zu experten­hörig: Also eigentlich ist diese ÖVP-FPÖ-Koalition, die sich jetzt in Nieder­österreich gebildet hat, nur eine eindeutige Konsequenz, um das einmal mehr zu unterstreichen, liebe ÖVP: mit jener FPÖ eine Koalition einzugehen, die von Wissenschaft und Experten genau nichts hält. Philip Kucher hat das jetzt gerade sehr gut ausgeführt. (Beifall bei der SPÖ.)

Also vonseiten dieser ÖVP haben wir ja offenbar diesbezüglich nichts mehr zu erwarten, aber dass Sie, liebe Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, dem nichts entgegenzusetzen haben, ist nichts anderes als ein weiterer trauriger Beweis Ihres eigentlich leider wirkungslosen und ergeb­nislosen Arbeitens in dieser Regierung, Ihrer wirkungslosen und sinnlosen Regie­rungsarbeit und Regierungsbeteiligung. Das ist schade, liebe Grüne – das muss ich Ihnen hier sagen –, weil es wirklich um viel geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Viele in Österreich fragen sich – ich auch –: Was muss eigentlich passieren? Was muss eigentlich passieren, damit Sie sich für die Millionen Menschen in Österreich, die in dieser schwierigen Zeit mit dieser Teuerung wirklich nicht mehr wissen, wie es weitergeht, innerhalb der Regierung endlich auf die Füße stellen und sagen: Bis hierher und nicht weiter!? (Beifall bei der SPÖ.)

Das Dilemma dieser Regierung zeigt sich auch am wichtigen Beispiel der Mieten. Wie bei anderen Fragen der Teuerung zieht sich ein roter Faden durch Ihre Regierungsarbeit. Statt die Mietenerhöhung, die jetzt wieder mit 1. April ansteht, zu stoppen, verteilen Sie aus dem Steuertopf willkürlich einmalige Almosen. Es ist seit eineinhalb Jahren immer das gleiche Muster: Sie stoppen die Inflation nicht, Sie senken die Preise nicht, Sie machen Schulden. Das ist das Mus­ter Ihrer Regierungsarbeit in diesen Zeiten der Teuerung. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Ergebnis: Seit eineinhalb Jahren steigen die Preise in Österreich. Die Inflation ist in Österreich noch immer auf einem Rekordniveau, bei weit über 10 Prozent, im Gegensatz zu vielen, vielen anderen europäischen Ländern, die das vor Monaten schon ganz anders angegangen sind, trotz der Milliarden Euro, die Sie in den letzten Monaten ausgegeben haben, der Milliarden Euro, die Sie mit der Gießkanne verteilen, die nicht zielgerichtet dort ankommen, wo sie wirklich gebraucht werden, und die die Preise einfach nicht senken.

Die Folge: Die Preise steigen oder bleiben gleich hoch, der Schuldenberg wächst, die Armut wächst in Österreich. Das ist die traurige Wahrheit. Mehr als zwei Millionen Menschen in Österreich, sehr geehrte Damen und Herren, werden laut Statistik Austria und IHS ihre Wohnkosten aufgrund der gestiegenen Mie­ten und Energiepreise, aufgrund der Lebenshaltungskosten, die ein­fach dramatisch gestiegen sind, nicht mehr begleichen können.

Zusammengerechnet – ich weiß nicht, ob Sie sich das je angeschaut haben – werden die Mieten in den nächsten Jahren, bis 2025, für die Österreicherinnen und Österreicher durchschnittlich um 25 Prozent steigen. 25 Prozent: Das ist weit über einer normalen Inflationsrate. Da ist es fahrlässig, sehr geehrte Da­men und Herren, nichts Substanzielles dagegen zu tun, weil es Millionen Menschen betrifft (Beifall bei der SPÖ): Familien, Kinder, Alleinerzieher:innen, die nicht mehr wissen, wie sie das zahlen sollen, aber auch kleine und mittlere Unternehmerinnen und Unternehmer. Es geht ja auch um Geschäftsmieten, die betroffen sind, und um Unternehmerinnen und Unternehmer, die an den Rand der Existenz getrieben werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, wenn Sie schon die Vorschläge der Opposi­tion, der SPÖ, der Gewerkschaft, der Mietervereinigung nicht aufgreifen wollen, dann setzen Sie wenigstens die Vorschläge der Expertinnen und Exper­ten um! Setzen Sie die Mieterhöhung aus, die in den kommenden Jahren auf die Österreicherinnen und Österreicher zukommt! Faule Kompromisse zu schließen, nur damit Sie besser schlafen können, hilft niemandem in Österreich. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.14

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johann Singer. – Bitte.