Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Herr Bundesminister, ich möchte mich einem Thema widmen, das für uns alle, glaube ich, sehr, sehr wichtig ist, nämlich dem Thema Pflege. Da wurden in den letzten Wochen und auch gestern schon Maßnahmen präsentiert, um das Pflegesystem auch zukunftsfit zu machen. Meine Frage bezieht sich darauf, auf den Bedarf an Pflegekräften:

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„Welche Maßnahmen ergreifen Sie gegen den Mangel an Pflegekräften?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Zarits. Das war in der letzten Zeit immer ein Schwerpunkt. Wir kennen ja all die Studien zur Frage, wie groß der Bedarf in den nächsten fünf bis zehn Jahren ist. Wir haben versucht, dort, wo wir Einfluss haben, möglichst viele Maßnahmen zu setzen. Heute ist auch hier im Plenum ein Gesetzesvor­ha­ben auf der Tagesordnung: die Umsetzung der Lehre für die Pflegeassistenz und die Pflegefachassistenz.

Das halte ich für eine wichtige Maßnahme, über die wir sicher heute noch sprechen werden, es ist aber nicht die einzige: Wir haben das Pflegestipendium eingeführt. Wir haben im Bereich des Fachkräftestipendiums nachgebessert und das Pflegestipendium eingeführt. Das ist eine ganz besonders wichtige Maß­nahme: Es gilt eine Untergrenze von 1 400 Euro, wenn man in der Arbeitslosig­keit eine Pflegeausbildung macht. Es sind derzeit fast genau 3 000 Personen, die ein Pflegestipendium bekommen.

Und dann gibt es eine Reihe von Erleichterungen im Bereich der Rot-Weiß-Rot-Karte für Pflegeberufe: schnellerer Zugang, auch die Möglichkeit, vor der Nostrifizierung zu arbeiten – in einem Bereich, der knapp unterhalb der Stufe der Diplomierung ist –, und auch Erleichterungen zum Beispiel bei den Sprach­kenntnissen. Das, glaube ich, ist wichtig, um vor allem die Länder und die Träger, die dringend Pflegekräfte suchen, zu unterstützen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Zarits? – Bitte.

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Danke, Herr Bundesminister. Es sind viele Maßnahmen, die Sie jetzt auch erklärt haben und die sehr, sehr wichtig sind. Welche Maßnahmen sind in Zukunft weiter geplant?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Wir wollen weiter in allen Bereichen die nächsten Schritte setzen. Die Umsetzung der Lehre für Pflegeassistenz und Pflegefachassistenz muss ja erst passieren. Es haben sich vier Bundesländer für das Pilotprojekt im Herbst gemeldet, die damit starten. Ich bin froh, wenn es mehr sind. Aber es wird natürlich darum gehen, das jetzt aus­zurollen, auch dafür Werbung zu machen, zu schauen, dass es zu einem Erfolgs­modell wird wie in der Schweiz, wo es der drittbeliebteste Lehrberuf ist. Wir werden natürlich auch das Pflegestipendium weiterentwickeln müssen. Wir brauchen alle Einflugschneisen, wenn man es so nennen darf, in den Pflegeberuf: aus der Arbeitslosigkeit, von jungen Menschen, von älteren Menschen, die dafür geeig­net sind.

Wichtig beim AMS ist natürlich auch die Auswahl. Es geht darum, dass nur Menschen den Beruf ergreifen, die diesen Beruf auch wirklich gut ergreifen können.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Zusatzfrage stellt Abgeordneter Kaniak. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Minister, es ist erfreulich zu hören, dass Sie nach drei Jahren Untätigkeit im Bereich der Pflege und angesichts eines derartig eklatanten Pflegekräftemangels, der zur Schließung von 10 bis 15 Prozent der Betten und Abteilungen in den Spitälern sowie Alten- und Pflegeheimen geführt hat, jetzt Ausbildungsinitiativen setzen. In den letzten drei Jahren war es ja eher so, dass die Menschen aus diesen Berufen vertrieben worden sind, durch Impfzwänge, durch versprochene Prämien, die dann nicht gezahlt worden sind, durch Überstunden sowie Zeitausgleich- und Urlaubs­ver­sprechungen, die aufgrund der Lücken in den Dienstplänen gar nicht erfüllbar gewesen sind.

Jetzt haben Sie angesprochen – und das hat auch Bundesminister Rauch in den vergangenen Monaten immer wieder gesagt –, dass auch außerhalb der EU eine große Rekrutierungsoffensive für Pflegekräfte stattfinden soll. Es häufen sich aber gleichzeitig die Meldungen, dass genau diese im Ausland für das Gesund­heitswesen rekrutierten Mitarbeiter bei Weitem nicht die notwendigen Qualifikationen haben. Nicht nur dass es sehr häufig an Sprachhürden scheitert, sondern auch die anerkannten Qualifikationen und Ausbildungen aus dem Ausland stellen sich in der Praxis als absolut unzureichend heraus.

Meine Frage, wenn Sie jetzt über weitere Liberalisierungen bei der Verteilung der Rot-Weiß-Rot-Card reden, ist: Wie wollen Sie die Kompetenzsicherung in diesem sensiblen Bereich, im Gesundheitswesen und in der Pflege, bei ausländischen Arbeitskräften sicherstellen, und welche Maßnahmen wollen Sie setzen, wenn sich in der Praxis herausstellt, dass die am Papier vorhandenen Qualifikationen in der Praxis nicht vorhanden sind?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Ich möchte zur Lehre in den Pflegeberufen, die jetzt startet, vielleicht noch ergänzen: Da war es wichtig, das sehr gut vorzubereiten, weil es schon um eine sehr, sehr wichtige Maßnahme geht, und es hat natürlich einen massiven Ausbau in den Ausbildungsstätten, bei den Pflegeschulen gegeben. – Das zum Bildungsbereich; da bin ich nicht verantwortlich, deswegen möchte ich es nur erwähnt haben.

Was die Qualität der Abschlüsse bei ausländischen Pflegekräften betrifft: Es gibt eben die Notwendigkeit der Nostrifizierung, der Anerkennung, und diese ist streng geregelt. Ich weiß, dass Herr Bundesminister Rauch da auch Initiativen setzt, das zu beschleunigen und besser zu machen, aber ich glaube, dass es auch wichtig ist, klar zu sagen: Diese Nostrifizierung muss immer streng sein. Es geht um Menschen, die in Österreich Menschen behandeln, pflegen, und Ausbildung und Qualifizierung sind wichtige Voraussetzungen. Deswegen kann man diese auch nicht abkürzen oder abschaffen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordnete Nussbaum. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bundes­minister! Der Mehrwert der von Ihnen jetzt vorgeschlagenen Pflegelehre ist für uns nicht ersichtlich, dauert diese doch jeweils um zwei Jahre länger als die klassischen Ausbildungen wie ein Jahr Pflegeassistenz oder zwei Jahre Pflege­fach­assistenz. Die Vermutung liegt daher nahe, dass junge Menschen als billige Arbeitskräfte über einen längeren Zeitraum im System gehalten werden sollen.

Wie wollen Sie das verhindern beziehungsweise sicherstellen, dass junge Lehr­linge nicht als Billigstarbeitskräfte für Reinigungsdienste oder sonstige Tätigkeiten herangezogen werden, die mit der Pflegeausbildung wenig bis gar nichts zu tun haben?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Ich glaube, das wäre jetzt schon eine gewissen Unterstellung den Betreibern von Pflege­einrichtungen gegenüber, dass das der Fall ist. Die Lehre ist ja kein Instrument, dass es jetzt bald nur in der Pflege, im Pflegebereich gibt, sondern es gibt sie auch in vielen anderen Bereichen, und es gibt da ja auch strenge Kontrollen, es gibt Unternehmensüberprüfungen in allen Bereichen. Das ist mir besonders wichtig.

Dazu, dass Sie gesagt haben, dass es so wäre, dass die Schulen in der Ausbildung kürzer wären: Ja, das stimmt natürlich. Der Unterschied ist aber auch, dass die Auszubildenden in der Lehre eine Lehrlingsentschädigung bekommen, die kollektiv­vertraglich festgelegt ist, und dass die Betriebe, die Ausbildner, auch eine ganz normale Lehrstellenförderung bekommen, wie andere Betriebe auch; und ich glaube, das ist durchaus attraktiv für beide Seiten.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Oberrauner. – Bitte.