10.40

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte vorausschi­cken, dass uns NEOS das Thema der vulnerablen Familien, die unter der hohen Inflation leiden, natürlich ein Herzensanliegen ist – viele von uns sind auch Eltern. Wir erleben auch im privaten und im beruflichen Umfeld, dass an vielen Stellen tatsächlich viel zu viel Druck in der Kiste ist, dass die Wohnkosten steigen, dass die Energiekosten steigen, dass die Lebenshaltungskosten im Allgemeinen steigen. Es ist allerdings das eine, dass man ein Ziel formuliert, nämlich diesen Familien helfen zu wollen, und das andere, eine Gesetzes­vorlage zu liefern, die dieses Versprechen nicht erfüllt. Das ist auch der Punkt, warum wir heute nicht zustimmen können, und darauf möchte ich auch genauer eingehen.

Der erste Punkt ist, dass an vielen Stellen einfach schlampig und schlecht gearbeitet worden ist. Es tut mir furchtbar leid, dass man das so sagen muss, allerdings ist es tatsächlich so, dass es nur dann eine funktionierende Ge­setzgebung gibt, wenn man Gesetzesvorlagen hat, die auch die entsprechende Wirksamkeit entfalten können.

Diese Bundesregierung schlampt seit vielen Monaten und auch Jahren. Es gab beim vorliegenden Gesetzesvorschlag keine Begutachtungsphase, es gab keine Möglichkeit, Feedback zu geben, ob die Wirksamkeit da ist, ob das Geld richtig eingesetzt wird.

Es gab eine Ausschusssitzung, in der von unserer Seite, von NEOS, viele Fragen gestellt wurden; wir hatten einen ganzen Fragenkatalog. Wir haben sogar das Feedback bekommen, dass unsere Fragen gut sind – wir haben allerdings keine Antworten bekommen. (Heiterkeit der Abg. Meinl-Reisinger.) Das ist dann natürlich dramatisch.

Es wurde ein konkreter Vorschlag von uns in einen Abänderungsantrag auf­genommen, nämlich dass gerade diese 60 Euro auch valorisiert werden müssen, aber alle anderen Fragen, die wir gestellt haben, wurden nicht beant­wortet. Wir haben gefragt: Um wie viel Geld geht es genau? Aus wel­chem Budget wird das finanziert? Welche der Zielgruppen, die da noch nicht genannt werden, können noch aufgenommen werden?

Diese Fragen wurden weder vonseiten der ÖVP noch vonseiten der Grünen be­antwortet, weil man sie nicht beantworten konnte; und das ist das Schwie­rige. Wenn wir zumindest 500 Millionen Euro in die Hand nehmen und wissen, das Geld kommt nicht dort an, wo die Hilfe wirklich benötigt wird, dann ist das dramatisch.

Ich möchte Ihnen da ein paar ganz konkrete Beispiele nennen, damit Sie sich auch ein Bild dessen verschaffen können, wovon wir reden. Es gibt in unserer Republik an sich eine Systematik, wie wir Eltern erreichen können, wenn sie ein geringes Einkommen haben, um zu deren Lebensunterhalt beitra­gen zu können: Das ist der Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrag, das sind Familienzuschläge beim Arbeitslosengeld, bei der Notstandhilfe und das sind Kinderzuschüsse bei Ausgleichszulagen.

Man hätte also an diese konkreten Mechanismen, die es schon gibt und durch die wir die Menschen erreichen können, diese Hilfe anhängen können. Das ist nicht passiert. Eine Auswirkung ist, dass viele Gruppen vergessen worden sind – viele Gruppen: nicht wenige, sondern zahlreiche, und das haben wir auch im Ausschuss benannt; zum Beispiel jene, die Rehabilitationsgeld beziehen, die Weiterbildungsgeld beziehen, die Krankengeld beziehen. Übrigens gehören auch Familien dazu – und da stimmen wir auch mit der SPÖ überein –, die ein geringes Einkommen haben, in denen beide arbeiten gehen, aber zu wenig verdienen – vielleicht gerade diese 2 000 Euro brutto –, und die be­kommen nichts.

Es stellt sich dann die Frage: Wer fällt denn unter diese Bezugsgrenze von 2 000 Euro? – Das sind oft Familien, Personen, die gerne Vollzeit arbeiten gehen würden, aber nicht können, weil die ÖVP in den letzten Jahrzehnten verhin­dert hat, dass die Kinderbetreuung entsprechend ausgebaut wird.

All diese Elemente haben Sie jetzt nicht berücksichtigt. Das ist ein Antrag, durch den Familien, die wenig Geld haben, keine Hilfe bekommen, und Familien, die viel Geld haben, möglicherweise diese 60 Euro bekommen. Das ist nicht die Art von Unterstützung, die wir NEOS uns vorstellen. (Beifall bei den NEOS.)

Wir haben einen ganz zentralen Punkt gehabt, weil uns dieser wirklich wichtig war – wir haben das in den letzten zwölf Monaten auch schon ganz klar gesagt ‑: Es geht um eine Treffsicherheit, damit man nicht die Gießkanne aus­packt, und diese Treffsicherheit kann nur dann gewährleistet sein, wenn man von einem Haushaltseinkommen ausgeht, wenn man nicht davon ausgeht, dass eine Person arbeitslos ist, die andere möglicherweise ein höheres Einkommen erwirtschaftet, und man trotzdem diese 60 Euro ausschüttet, und andere, von denen beide arbeiten gehen, die nur ganz knapp drüber sind, kriegen nichts.

Daher ist es tatsächlich so: Die Vorschläge, die Sie hier einbringen, sind zwar eine Geldverteilaktion, aber sie werden der Situation dieser Kinder nicht gerecht, die diese Hilfe wirklich brauchen. Wir fordern daher eine konkrete und wirk­same Hilfe. Deswegen möchte ich an dieser Stelle folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Den Kindern helfen, die es wirklich brauchen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die gezielte Sachleistungen für bedürf­tige Kinder vorsieht.“

*****

Wir wollen ein warmes, gesundes Mittagessen in jeder Ganztagsschule, in jeder Kinderbetreuungseinrichtung. Wir wollen den Ausbau der Kinderbetreu­ung in ganz Österreich. Und wir wollen den Menschen die Möglichkeit geben, dass sie durch eine Vollzeittätigkeit ihr Leben selbst gut bestreiten kön­nen. Dafür setzen wir uns ein und das würde den Kindern auch wirklich sofort helfen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

10.45

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Den Kindern helfen, die es wirklich brauchen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 219. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 3430/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über einen Aus­gleich inflationsbedingt hoher Lebenshaltungs- und Wohnkosten (Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz-LWA-G) geändert wird (2062 d.B.) – TOP 1

In Wien wird mit dem großen Paket zur Bekämpfung von Kinderarmut eine deutliche Entlastung bei den Essensbeiträgen und für die Nachmittagsbetreuung in Schulen, Kindergärten und Horten umgesetzt. Zudem wird die Unterstützung für armutsgefährdete Familien bei mehrtätigen Schulveranstaltungen, wie Winter- und Sommersportsportwochen, ausgeweitet. Auch bei der Beschaffung von erfor­derlichen Unterrichtsmaterialien greift die Stadt den Betroffenen unter die Arme. Das sind alles konkrete Sachleistungen, die den Kindern zugutekommen.

Österreich ist international führend, wenn es um Geldtransfers an Familien geht. Im Bereich der Sachleistungen für Kinder liegen wir allerdings im internationalen Vergleich deutlich zurück. Um sicherzustellen, dass die Steuermittel wirklich treffsi­cher bei den Kindern ankommen, die diese Hilfe unbedingt brauchen, ist da­her verstärkt auf Sachleistungen zu setzen. Dazu gehört zum Beispiel, den Kindern ein warmes, gesundes Mittagessen zur Verfügung zu stellen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die gezielte Sachleistungen für bedürftige Kinder vorsieht.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte sehr.